BGH widmet sich einer Streitfrage …
Die Frage, ob das während des Insolvenzverfahrens nach § 89 Abs. 1 InsO bestehende Vollstreckungsverbot auch für Anträge auf Abgabe einer eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nach §§ 807, 899 ff. ZPO gilt, ist umstritten.
▪ |
Ein Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung hält die Anordnung einer eidesstattlichen Offenbarungsversicherung auch im eröffneten Insolvenzverfahren für zulässig (AG Westerburg DGVZ 2006, 119, 120; zu § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO: LG Würzburg NZI 1999, 504; AG Rostock NZI 2000, 142; AG Hainichen JurBüro 2002, 605; AG Güstrow JurBüro 2004, 213; offen gelassen von AG Hamburg NZI 2006, 646; vgl. auch FK-InsO/App, 6. Aufl., § 89 Rn 15). |
▪ |
Nach Ansicht anderer Instanzgerichte und nach der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht erstreckt sich das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auch auf das Verfahren der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 807, 899 ff. ZPO (OLG Zweibrücken NZI 2001, 423 f.; OLG Jena ZInsO 2002, 134; AG Bonn, Beschl. v. 2.6.2008 – 24 M 551/08; Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn 41; MüKo-InsO/Breuer, 2. Aufl., § 89 Rn 9 und 12; HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 89 Rn 25; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 89 Rn 10; Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 89 Rn 9; HmbKomm-InsO/Kuleisa, 3. Aufl., § 89 Rn 3; BK-InsO/Blersch/von Olshausen, 2007, § 89 Rn 4; Hess, Insolvenzrecht, 2007, § 89 Rn 25; Nerlich/Römermann/Wittkowski, InsO, 2011, § 89 Rn 11; Piekenbrock, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Insolvenzrecht, § 89 InsO Rn 21; Gottwald/Gerhardt, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 33 Rn 4; Mohrbutter, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 6 Rn 375; Musielak/Voit, ZPO, 9. Aufl., § 900 Rn 7; Prütting/Gehrlein/Olzen, ZPO, 4. Aufl., § 900 Rn 60; Viertelhausen, DGVZ 2001, 36, 37; Schwörer, DGVZ 2008, 17, 19; zu § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO: LG Darmstadt NZI 2003, 609; LG Heilbronn Rpfleger 2008, 88, 89; AG Wilhelmshaven NZI 2001, 436). |
… und schließt sich der h.M. an
Die zuletzt genannte Ansicht trifft zu. Bereits unter der Geltung der Konkursordnung entsprach es der ganz herrschenden Meinung, dass der Schuldner nach der Eröffnung des Konkursverfahrens gemäß § 14 Abs. 1 KO nicht mehr zur Abgabe einer eidesstattlichen Offenbarungsversicherung verpflichtet war. Unter der Geltung der Insolvenzordnung ist die Rechtsfrage ebenso zu beantworten. Nach § 89 Abs. 1 InsO sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. Die Nennung der Insolvenzmasse und des sonstigen Vermögens des Schuldners in dieser Norm stellt klar, dass wie im Konkursrecht nicht nur Vollstreckungen verboten sind, die sich auf Gegenstände der Insolvenzmasse beziehen, sondern auch Vollstreckungsmaßnahmen, die das übrige, nicht zur Masse gehörende Schuldnervermögen betreffen. Sie beschränkt hingegen die unzulässigen Vollstreckungsmaßnahmen nicht auf solche, die unmittelbar in die genannten Vermögensmassen eingreifen. Unzulässig sind vielmehr sämtliche auf die Insolvenzmasse und das übrige Vermögen des Schuldners gerichteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Offenbarungsverfahren ist Zwangsvollstreckungsmaßnahme
Um eine solche Zwangsvollstreckungsmaßnahme handelt es sich bei der Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nach §§ 807, 899 ff. ZPO. Sie ist, wie sich bereits aus der Stellung dieser Vorschriften im Buch 8 der ZPO ergibt, ein Bestandteil der Zwangsvollstreckung. Nach allgemeiner Ansicht darf sie nur angeordnet werden, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen. Anders als etwa bei der Erklärung eines Urteils als vorläufig vollstreckbar, der Erteilung einer Vollstreckungsklausel oder der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Vollstreckungstitels handelt es sich nicht um eine die Zwangsvollstreckung nur vorbereitende Maßnahme, sondern um ein Hilfsmittel im Zuge der Zwangsvollstreckung selbst. Häufig gehen der eidesstattlichen Versicherung andere Vollstreckungsmaßnahmen voraus, etwa eine durchgeführte oder wenigstens versuchte Pfändung (vgl. § 807 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 ZPO).
Mangelnde Beeinträchtigung ist unerheblich
Der Umstand, dass die Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung die Insolvenzmasse nicht beeinträchtigt und das Gebot der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger nicht verletzt, rechtfertigt keine Beschränkung des in § 89 Abs. 1 InsO normierten Vollstreckungsverbots im Sinne einer teleologischen Reduktion. Voraussetzung hierfür wäre, dass das nach dem Wortlaut bestehende Verbot auch solcher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die – wie die Abnahme einer eidesstattlichen Offenbarungsversicherung – die Insolvenzmasse nicht unmittelbar beeinträchtigen, auf einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes beruhte. Dies kann aber nicht festgestellt werden. Insbesondere besteht kein Bedürfnis, es Insolvenzgläubigern zu ermöglichen, den Schuldner w...