Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Umsatzsteuerfreiheit von Dienstleistung "Postzustellungsurkunde"; Bescheinigung gem. § 4 Nr. 11b UStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Steuerbefreiungsregelung in § 4 Nr. 11b UStG knüpft daran an, dass der Dienstleister ein Mindestmaß an postalischen Dienstleistungen erbringt, die den grundlegenden Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen, und einen Universalpostdienst, wie er in Art. 3 der Post-Richtlinie beschrieben ist, oder einen Teil davon gewährleisten. Vor diesem Hintergrund stellt bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung von § 4 Nr. 11b UStG die Leistung "Postzustellungsurkunde" keine Post-Universaldienstleistung und auch keinen Teilbereich derselben dar, deren flächendeckende Anbietung eine Umsatzsteuerbefreiung rechtfertigen könnte.
2. Die gesetzgeberische Entscheidung, die Dienstleistung "Postzustellungsurkunde" nicht in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 11b UStG aufzunehmen, ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere widerspricht sie den europarechtlichen Vorgaben nicht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 11b
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 11b UStG betreffend die Umsatzsteuerfreiheit von Post-Universaldienstleistungen.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin betrieb bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahre 2011 – neben weiteren mit ihr über die gemeinsame Muttergesellschaft (B … AG) verbundenen Unternehmen der B-Gruppe – ein Unternehmen, dessen Geschäftsgegenstand insbesondere die Ausführung von Postzustellungsaufträgen (PZA) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2010, ergänzt durch Schreiben vom 12. Juli 2010 (vgl. Bl. 3, 23 der vom Beklagten geführten Verwaltungsakte –VA–) beantragte die Insolvenzschuldnerin beim Beklagten eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 11b UStG in der ab dem 1. Juli 2010 geltenden Fassung über die „Umsatzsteuerbefreiung in Bezug auf das Produkt Postzustellungsaufträge (PZA) gemäß §§ 176 ff. ZPO”. Zur Begründung führte die Insolvenzschuldnerin aus, dass das Produkt „Postzustellungsauftrag” dem Post-Universaldienst zuzuordnen sei. Zwar sei der Postzustellungsauftrag namentlich nicht in der Post-Universaldienstleistungsverordnung erwähnt, dies sei jedoch nicht nachvollziehbar. Die umsatzsteuerliche Ungleichbehandlung des Postzustellungsauftrags im Vergleich etwa zum Einschreiben sei nicht gerechtfertigt, da sich ein Postzustellungsauftrag nicht von einem Einschreiben unterscheide. Insoweit sei die bestehende Regelungslücke bislang noch nicht vom Gesetzgeber geschlossen worden.
Des Weiteren erklärte die B … AG als Muttergesellschaft der Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 12. Juli 2010 (Bl. 23 der VA) gegenüber dem Beklagten, dass sich – neben weiteren Konzerngesellschaften – auch die Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 4 Nr. 11b UStG gegenüber dem Beklagten verpflichte, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einen Teilbereich der Post-Universaldienstleistungen nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (sog. Post-Richtlinie) in der jeweils geltenden Fassung, d.h. konkret bundesweit flächendeckende förmliche Zustellungen von Schriftstücken auf der Grundlage der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, entsprechend der seitens der Bundesnetzagentur zu diesem Zweck erteilten Lizenzen im gesamten Bundesgebiet anzubieten.
Diesen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 11b UStG lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2010 (Bl. 35 der VA) ab mit der Begründung, dass das Produkt „Postzustellungsauftrag” keine Post-Universaldienstleistung im Sinne der vorgenannten Vorschrift darstelle. Die Post-Universaldienstleistungen seien abschließend in Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG (Post-Richtlinie) geregelt. Das Produkt „Postzustellungsauftrag” gehöre jedoch nicht zu den dort genannten drei Teilbereichen. Zustellungsaufträge seien in der Post-Richtlinie nicht erwähnt und gehörten somit nicht zum gemeinschaftsweiten Mindestuniversaldienst.
Hiergegen wandte sich die Insolvenzschuldnerin und legte mit Schreiben vom 20. August 2010 Einspruch gegen die ablehnende Entscheidung ein (vgl. Bl. 43 der VA). Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27. April 2011 (Bl. 6 der Gerichtsakte –GA–) als unbegründet zurück.
Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom …. April 2011 (Geschäfts-Nummer …) wurde Herr Rechtsanwalt D, aus C, in dem auf Antrag der A GmbH er...