Mit den in §§ 151–168a geregelten "Kindschaftssachen" eröffnet das FamFG eine neue und eigenständige Kategorie im Rahmen des großen Katalogs von "Familiensachen", den § 111 auflistet. Die "Kindschaftssachen" alten Rechts, §§ 640 ff. ZPO, sind weitgehend und kennzeichnungskräftiger zu "Abstammungssachen" (§§ 169–185) geworden; gemeinsamer Nenner der neu konzipierten Verfahrensgattung soll die zentrale Bedeutung der Person des Kindes im Verfahren sein. Die Aufzählung von Kindschaftssachen in § 151 bestätigt, dass es hier durchgehend um grundsätzliche Fragen des Kindeswohls und der elterlichen Verantwortung geht, die nicht speziell in einer anderen Verfahrensart, wie etwa Adoptions- oder Gewaltschutzsachen, geregelt sind – "Kindschaftssachen" sind also auch eine Auffangkategorie für Verfahren betreffend die Kindesperson in weitestem Sinne. Damit findet die zentrale Bedeutung, die der Rechtssubjektivität des Kindes, vor allem über den Kindeswohlprimat, im materiellen Kindschaftsrecht zukommt, erstmals auch im Verfahrensrecht ihre angemessene Entsprechung – jedenfalls im konzeptionellen Ansatz. Den Weg dorthin hat das BVerfG schon seit langem gewiesen: "Das Persönlichkeitsrecht des … Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet dazu, auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Vorkehrungen zu treffen, um eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen." Die mit der Neuzeit einsetzende "Herausbildung einer eigenständigen Kategorie des Menschseins, derjenigen von Kindheit und Jugend" in Unterscheidung zum Erwachsenenstatus soll verstärkt auch ihre verfahrensrechtliche Ausprägung finden.
Allerdings nützt eine neue Kategorie allein noch nichts, wenn es nicht auch inhaltlich gelingt, die dem Kindstatus angemessene, eigentümliche Balance zu finden zwischen Beachtung und Achtung der Subjektivität der Person "Kind" einerseits, ihrem Schutz angesichts noch nicht voll entwickelter Eigenverantwortlichkeit andererseits – in verfassungsrechtlicher Terminologie die Balance zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Kindes aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG und seinem Schutz durch die Eltern, hilfsweise durch die staatliche Gemeinschaft gem. Art. 6 Abs. 2 GG. Wie das materielle Kindschaftsrecht, muss auch das Verfahrensrecht die angemessene Mitte finden zwischen Scylla und Charybdis, d.h. es muss eine überschießende Bevormundung des Kindes vermeiden, ohne es gleichzeitig mit seinen subjektiven Rechten allein zu lassen. Diese Grundproblematik wird bei Einzelfragen des neuen Kindschaftsverfahrens in spezifischer Form wieder auftauchen.