Entscheidungsstichwort (Thema)

Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Beamte und sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften. Elterngeld. Berücksichtigung der bei dem Gemeinsamen Krankenfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften zurückgelegten Versicherungszeit

 

Beteiligte

Rockler

Amy Rockler

Försäkringskassan, früher Riksförsäkringsverk

 

Tenor

Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG) ist dahin auszulegen, dass bei der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Zeit berücksichtigt werden muss, während deren ein Arbeitnehmer dem Gemeinsamen Krankenfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften angeschlossen war.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Regeringsrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 8. März 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 15. März 2004, in dem Verfahren

Amy Rockler

gegen

Försäkringskassan, früher Riksförsäkringsverk,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, des Richters R. Schintgen, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis und J. Klučka,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Försäkringskassa, früher Riksförsäkringsverk, vertreten durch H. Almström als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und K. Simonsson, als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Amy Rockler und der schwedischen Försäkringskassa (Sozialversicherungsanstalt, früher Riksförsäkringsverk) wegen Berücksichtigung der Beschäftigungszeit, während deren Frau Rockler dem Gemeinsamen Krankenfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften angeschlossen war, für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes.

Rechtlicher Rahmen

3 Kapitel 4 des schwedischen Sozialversicherungsgesetzes (lag [1962:381] om allmän försäkring, im Folgenden: AFL) enthält Bestimmungen über das Elterngeld.

4 Nach Kapitel 4 § 3 AFL wird den Eltern anlässlich der Geburt eines Kindes für höchstens 450 Tage und höchstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahrs des Kindes oder bis zum Abschluss des ersten Schuljahrs, wenn dies der spätere Zeitpunkt ist, Elterngeld gezahlt.

5 Gemäß Kapitel 4 § 6 AFL beläuft sich das Elterngeld auf mindestens 60 SEK pro Tag (im Folgenden: Garantieniveau). Weiter ist vorgesehen, dass das Elterngeld für die ersten 180 Tage dem Betrag des Krankengeldes entspricht, wenn der Elternteil vor der Geburt des Kindes oder dem vorgesehenen Geburtstermin mindestens 240 Tage in Folge oberhalb des Garantieniveaus krankenversichert war.

6 Nach Kapitel 3 § 2 AFL wird das Krankengeld nach Maßgabe des Jahreseinkommens berechnet, das der Versicherte bis auf weiteres aus eigener Arbeit in Schweden erzielen kann, wenn sich die Verhältnisse nicht ändern.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

7 Nachdem sie bis zum 15. Oktober 1996 als Chefstewardess für eine Fluggesellschaft gearbeitet hatte, war Frau Rockler, eine schwedische Staatsangehörige, vom 16. Oktober 1996 bis 31. Dezember 1997 als Sekretärin bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel beschäftigt. Am 1. Januar 1998 nahm sie ihre Tätigkeit als Flugbegleiterin wieder auf. Am 2. Juli desselben Jahres wurde ihre Tochter geboren.

8 Mit Entscheidungen vom 16. Januar und 20. März 1998 lehnte die Försäkringskassa die Zuerkennung von Elterngeld in Höhe des Krankengeldes für die ersten 180 Tage des Elternurlaubs an Frau Rockler ab, weil sie nicht mindestens 240 Tage in Folge vor dem vorgesehenen Geburtstermin über dem Garantieniveau nach der nationalen Regelung krankenversichert gewesen sei, sie dies nicht hätte sein müssen und sie auch keine Versicherungszeiten nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats nachweisen könne.

9 Frau Rockler erhob gegen diese Entscheidungen Klage beim Länsrätt Skåne, das diese mit Urteil vom 24. März 1999 aufhob.

10 Die Försäkringskassa legte ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil beim Kammarrätt Göteborg ein, das dieses mit Urteil vom 27. Dezember 2000 abänderte.

11 Frau Rockler legte gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht ein.

12 In diesem Zusammenhang hat das Regeringsrätt das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Artikel 48 des Vertrages dahin auszulegen, dass bei der Anwendung einer Vorschrift des nationalen Rechts, nach der ein Arbeitnehmer während einer gewissen Anwarts...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge