Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe der Europäischen Union. Ausnahmen vom Recht auf Zugang. Schutz des Entscheidungsprozesses der Organe. Umwelt. Übereinkommen von Aarhus. Öffentliches Interesse an der Bekanntgabe von Umweltinformationen. Von den deutschen Behörden an die Europäische Kommission übermittelte Informationen über die im deutschen Hoheitsgebiet gelegenen Anlagen, die von den Rechtsvorschriften der Union zum System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten betroffen sind. Teilweise Versagung des Zugangs
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1; Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 Art. 6 Abs. 1
Beteiligte
Saint-Gobain Glass Deutschland / Kommission |
Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH |
Tenor
1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Dezember 2014, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission (T-476/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1059), wird aufgehoben.
2. Die Entscheidung der Kommission vom 17. Januar 2013, den vollständigen Zugang zu dem von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Art. 15 Abs. 1 des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Art. 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates an die Kommission übermittelten Verzeichnis zu verweigern, soweit dieses Dokument Informationen über bestimmte im deutschen Hoheitsgebiet gelegene Anlagen der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH enthält, die die vorläufigen Zuteilungen sowie die Aktivitäten und Kapazitätsniveaus in Bezug auf den Ausstoß von Kohlendioxyd (CO2) für die Jahre 2005 bis 2010, die Effizienz der Anlagen und die vorläufig zugeteilten jährlichen Emissionszertifikate für die Jahre 2013 bis 2020 betreffen, wird für nichtig erklärt.
3. Die Europäische Kommission trägt die Kosten, die der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH im ersten Rechtszug und im vorliegenden Rechtsmittelverfahren entstanden sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 11. Februar 2015,
Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH mit Sitz in Stolberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Altenschmidt und P.-A. Schütter,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch H. Krämer, F. Clotuche-Duvieusart und P. Mihaylova als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano (Berichterstatter) sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2016,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Oktober 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH (im Folgenden: Saint-Gobain) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Dezember 2014, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission (T-476/12, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2014:1059), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 17. Januar 2013 abgewiesen wurde, durch die der vollständige Zugang zu dem von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Art. 15 Abs. 1 des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Art. 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 130, S. 1) an die Kommission übermittelten Verzeichnis verweigert wurde, soweit dieses Dokument Informationen über bestimmte im deutschen Hoheitsgebiet gelegene Anlagen von Saint-Gobain enthält, die die vorläufigen Zuteilungen sowie die Aktivitäten und Kapazitätsniveaus in Bezug auf den Ausstoß von Kohlendioxyd (CO2) für die Jahre 2005 bis 2010, die Effizienz der Anlagen und die vorläufig zugeteilten jährlichen Emissionszertifikate für die Jahre 2013 bis 2020 betreffen (im Folgenden: streitige Entscheidung).
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Rz. 2
In Art. 4 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus), heißt es:
„(1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden nach Maßgabe der folgende...