Peter Depré, Günter Mayer
Rz. 986
Das vom Insolvenzgericht gemäß § 21 InsO angeordnete allgemeine Verfügungsverbot ist für sich allein kein Vollstreckungsverbot. Das gleichzeitig verhängte Vollstreckungsverbot kann sich aber auf die Gegenstände der Immobiliarvollstreckung nicht beziehen (§ 21 Abs. 2 S. 3 InsO).
Daraus ergibt sich, dass auch noch nach der Einleitung des vorläufigen Insolvenzverfahrens
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dingliche und persönliche Gläubiger eine Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsverwaltung herbeiführen können und |
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auch noch Zwangshypotheken eingetragen werden können. |
Rz. 987
Für die Voraussetzungen ist allerdings zu unterscheiden:
a) Wurde ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen (§ 21 Abs. 2 S. 2 InsO) und somit ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, bedarf es eines Titels gegen ihn. Eine Vollstreckungsklausel muss sich stets gegen denjenigen richten, dessen Verfügungsbefugnis gebrochen werden soll. Dies gilt für alle Gläubiger und auch für die Eintragung einer Zwangshypothek.
Der Berechtigte einer vorher eingetragenen Zwangshypothek hat damit allerdings ein Problem. Er hat ja nur einen "persönlichen Titel", welcher wegen § 867 Abs. 3 ZPO an sich zur Zwangsvollstreckung aus dem dinglichen Recht genügt. Es wird angenommen, dass im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge auf Schuldnerseite eine "Umschreibung" dieses Titels möglich sei. Dann müsste auch eine Umschreibung gegen den Insolvenzverwalter zulässig sein.
Rz. 988
b) Wurde nur ein "schwacher" vorläufiger Verwalter (ohne Verfügungsbefugnis) bestellt, genügt der Titel gegen den Schuldner. Auch dies gilt für alle Gläubiger und für die Eintragung der Zwangshypothek.
Rz. 989
c) Wurde der Antrag auf Zwangsverwaltung unmittelbar vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens gestellt, ist Folgendes zu beachten:
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Die Zwangsverwaltung ist nur "vor" der Einleitung des vorläufigen Insolvenzverfahrens angeordnet, wenn die Beschlagnahme vorher erfolgt ist. Sollte dies durch Zustellung an den Schuldner geschehen, muss diese noch vorher erfolgt sein. |
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Wurde ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, kann die Beschlagnahme der mit einem Titel gegen den Schuldner angeordneten Zwangsverwaltung nach der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens (Zeitpunkt: siehe § 3 Rn 979) nicht mehr mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses bewirkt werden. Erforderlich ist jetzt ein neuer Anordnungsbeschluss mit einem Titel gegen den starken vorläufigen Insolvenzverwalter. |
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Wurde ein "schwacher" vorläufiger Verwalter bestellt, kann auch noch nach dem vorgenannten Zeitpunkt die Beschlagnahme erfolgen; auch durch Zustellung an den Schuldner. Eine bereits angeordnete Postsperre müsste hierzu seitens des Vollstreckungsgerichts überwunden werden. Eine Zustellung an den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter wäre in Bezug auf die Beschlagnahme wirkungslos. |
Rz. 990
Für den Bestand der Maßnahme gilt § 88 InsO: Ein dinglicher Gläubiger kann ohne Titelumschreibung weiter vollstrecken. Dies gilt sogar dann, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter nicht zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt wurde. Ein Klarstellungsvermerk auf der Klausel sollte dann aber erfolgen. Anderenfalls muss der Gläubiger den "Verwalterwechsel" nachweisen.
Rz. 991
Ein persönlicher Gläubiger kann nur weiter vollstrecken, wenn die Beschlagnahme außerhalb der Sperrfrist erfolgte. Anderenfalls wird das Verfahren nach § 28 ZVG aufgehoben. Gleiches gilt für die Vollstreckung aus einer Zwangshypothek, wenn diese innerhalb der Sperrfrist eingetragen wurde.