Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 24.03.2010; Aktenzeichen 1 KN 99/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. März 2010 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag des Antragstellers zu 1 mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgelehnt. Ob der Normenkontrollantrag auch unbegründet gewesen wäre, hat das Oberverwaltungsgericht erörtert, aber letztlich offen gelassen (… wäre voraussichtlich auch in der Sache erfolglos geblieben).
Rz. 3
Da das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend nur darauf abgestellt hat, dass der Antragsteller zu 1 kein Rechtsschutzbedürfnis (mehr) geltend machen kann, müsste auf dessen Antrag die Revision zugelassen werden, wenn die darauf bezogene Verfahrensrüge erfolgreich wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Wegen der geltend gemachten Verfahrensfehler (Verletzung der Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) ist die Revision nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Rz. 4
a) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Antragsteller zu 1 nicht das rechtliche Gehör abgeschnitten. Der Vorwurf der Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung nur erörtert, ob der Antragsteller zu 2 die Baugenehmigung vom 14. Mai 2007 angefochten habe, ist unbegründet. Ausweislich des Sitzungsprotokolls (S. 3) ist von Seiten des Gerichts die Einschätzung geäußert worden, dass die Genehmigung von beiden Antragstellern nicht angefochten worden sei.
Rz. 5
b) Den behaupteten Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO zeigt der Antragsteller zu 1 nicht schlüssig auf. Er trägt nicht vor, dass das Oberverwaltungsgericht eine Tatsache nicht ermittelt hat, auf die es nach dessen maßgebender Rechtsauffassung ankam, sondern rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung. Er bemängelt nämlich, dass das Oberverwaltungsgericht die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 14. Mai 2007 als bestandskräftig behandelt hat, obwohl ihm, dem Antragsteller zu 1, die Baugenehmigung nicht zugestellt worden sei und er durch den Normenkontrollantrag deutlich gemacht habe, sich auch gegen die Baugenehmigung zur Wehr setzen zu wollen. Mit Angriffen gegen die materiell-rechtliche Rechtsauffassung eines Gerichts lässt sich ein Verfahrensmangel nicht bezeichnen.
Rz. 6
2. Den Normenkontrollantrag des Antragstellers zu 2 hat das Oberverwaltungsgericht als zulässig, aber unbegründet abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Beschwerde mit der Grundsatzrüge. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen indes nicht vor. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller zu 2 beimisst.
Rz. 7
Der Antragsteller zu 2 wirft vor dem Hintergrund, dass die DIN 18005 nach den vorinstanzlichen Feststellungen für Ferienhausgebiete schalltechnische Orientierungswerte wie für reine Wohngebiete vorsieht (UA S. 15), die Frage auf, ob zur Beurteilung des Schutzniveaus eines Ferienhausgebietes von dem geringeren Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets ausgegangen werden darf. Soweit die Frage verallgemeinerungsfähig ist, ist sie geklärt. Der Senat hat entschieden, dass die Werte der DIN 18005-1 “Schallschutz im Städtebau” zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung eines Baugebiets im Rahmen einer gerechten Abwägung lediglich als Orientierungshilfe herangezogen werden dürften; je weiter sie überschritten würden, desto gewichtiger müssten allerdings die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein (Urteil vom 22. März 2007 – BVerwG 4 CN 2.06 – BVerwGE 128, 238 Rn. 15). Der Antragsteller zu 2 zeigt nicht auf, dass diese Rechtsprechung der Korrektur oder Fortentwicklung bedürfte. Das Oberverwaltungsgericht hat sich ihr angeschlossen und für das hier in Rede stehende Ferienhausgebiet den Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets zugrunde gelegt, weil ein bestehender Reiterhof mit überplant worden ist und eine merkliche Vorbelastung durch die frühere Nutzung bestanden hat. Ob die tatrichterliche Würdigung zutrifft, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.
Rz. 8
Die Revision wäre auch dann nicht zuzulassen, wenn der Antragsteller zu 2 – was unklar bleibt – auch geklärt wissen wollte, ob es sich bei der textlichen Festsetzung mit dem Wortlaut “das Sondergebiet (SO) dient der Unterbringung von Betrieben und Anlagen …, die das Wohnen nicht wesentlich stören”, bezüglich des zweiten Halbsatzes um eine Regelung mit Festsetzungscharakter handelt oder ob grundsätzlich aufgrund bestimmter Umstände des Einzelfalls und der Systematik der Satzung auch darauf geschlossen werden kann, dass diesem Halbsatz mangels steuernder Wirkung kein Festsetzungscharakter zukommt. Zum einen ist die Auslegung einer textlichen Festsetzung in einem Bebauungsplan durch ein Normenkontrollgericht der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich, weil Bebauungspläne als gemeindliche Satzungen (§ 10 BauGB) nicht Bestandteil des Bundesrechts sind, zum anderen kommt der Auslegung des Inhalts eines konkreten Bebauungsplans eine fallübergreifende, grundsätzliche Bedeutung nicht zu.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 7 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Petz
Fundstellen