Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Instandsetzung des eingebauten Saxomats

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bestimmungen in BVG§13DV § 5 Abs 3 Nr 3 über automatische Kupplungen finden überhaupt nur auf solche Beschädigte Anwendung, die die automatische Kupplung oder eine ähnliche Vorrichtung wegen ihrer Schädigungsfolgen benutzen müssen. Für Beschädigte, die wegen ihrer Schädigungsfolgen nicht auf eine automatische Kupplung angewiesen sind, gibt es keine entsprechende orthopädische Versorgung nach BVG § 13 und der dazu erlassenen Verordnung.

2. Die Nichterstattung von Instandsetzungskosten für automatische Kupplungen in der BVG§13DV vom 1961-06-06 entsprach der gesetzlichen Ermächtigung in BVG § 13 Abs 5. Die spätere günstigere Regelung kann nicht auf den Geltungsbereich der BVG§13DV vom 1961-06-06 übertragen werden.

 

Normenkette

BVG § 13 DV § 5 Abs. 3 Nr. 3 Fassung: 1961-06-06, § 13 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27, Abs. 5 Fassung: 1960-06-27, § 13 DV § 2 Nr. 3 Fassung: 1961-06-06

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 1965 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. Dezember 1962 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger bezieht Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 90 % wegen "Verlust des linken Beines im Oberschenkel mit statischen und dynamischen Auswirkungen sowie Neigung zu Prothesenwandknotenbildungen am Stumpf". Das Verkehrsamt der Stadt M hat dem Kläger im Jahre 1957 den Führerschein der Klasse III nur mit der Beschränkung erteilt, daß das von ihm benutzte Fahrzeug mit "automatischer Kupplung und Handabblendung" ausgestattet sein muß. Das Landesversorgungsamt (LVersorgA) Hessen hatte darauf dem Kläger auf Vorschlag der Orthopädischen Versorgungsstelle F mit Verfügung vom 21. Mai 1958 die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Saxomaten in seinen DKW in Höhe von 275,- DM bewilligt.

Am 31. Juli 1961 beantragte der Kläger bei der Orthopädischen Versorgungsstelle F, Instandsetzungskosten für den Saxomaten zu übernehmen, die sich nach dem Kostenvoranschlag der Kraftfahrzeugfirma I auf 279,75 DM belaufen sollten. Diesen Antrag lehnte das LVersorgA Hessen durch Bescheid vom 1. Dezember 1961 ab; es stützte sich dabei auf § 5 Abs. 3 Nr. 3 letzter Satz der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 13 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) idF vom 6. Juni 1961; Instandsetzungskosten für automatische Kupplungen könnten nicht übernommen werden. Der Widerspruch des Klägers wurde durch Bescheid vom 26. Januar 1962 zurückgewiesen. Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Darmstadt eine Auskunft von dem Inhaber der Firma I eingeholt. Darin heißt es, das Fahrzeug des Klägers sei nicht mit einem Zusatzgerät, sondern mit einem serienmäßig von dem Fahrzeughersteller eingebauten Saxomaten ausgestattet; dieser übernehme die Funktion eines an sich notwendigen Zusatzgerätes. Das SG Darmstadt hat die Klage durch Urteil vom 10. Dezember 1962 mit der Begründung abgewiesen, die automatische Kupplung in form eines eingebauten Saxomaten sei kein Zusatzgerät.

Der Kläger legte Berufung ein und führte zur Begründung aus, nach § 13 Abs. 5 BVG sei die Bundesregierung lediglich befugt, Art und Umfang der Ausstattung mit orthopädischen Hilfsmitteln zu regeln. Die DVO zu § 13 BVG gehe über diese Ermächtigung hinaus, wenn sie erkläre, daß Zusatzgeräte im Sinne des § 2 Abs. 3 der DVO nicht automatische Kupplungen seien. Eine automatische Kupplung sei, genau wie die übrigen Zusatzgeräte, ein fabrikmäßig hergestelltes, zusätzlich in ein Motorfahrzeug eingebautes Gerät zur Bedienung des Getriebes durch Körperbehinderte.

In der zweiten Instanz ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, beigeladen worden; diese schloß sich der Auffassung des Beklagten an.

Mit Urteil vom 24. November 1965 hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG Darmstadt aufgehoben und den Beklagten verurteilt, die Instandsetzungskosten zu übernehmen. In der Begründung führt es aus, nach § 2 Ziff. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der DVO seien die Instandsetzungskosten eines Zusatzgerätes zu übernehmen. Zusatzgeräte im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 der DVO seien fabrikmäßig hergestellte, zusätzlich in ein Motorfahrzeug einzubauende Geräte zur Bedienung von Motor, Getriebe und Bremsen durch Körperbehinderte. Dagegen seien keine Zusatzgeräte in diesem Sinne nach § 5 Abs. 3 Ziffer 3 Satz 2 der DVO automatische Kupplungen und ähnliche Vorrichtungen, deren Benutzung auch durch Nichtbeschädigte üblich sei. Nach Auffassung des Senats sei im vorliegenden Falle die automatische Kupplung als Zusatzgerät im Sinne der vorerwähnten Bestimmungen anzusehen. Das Gericht folge insoweit der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Februar 1965 (10 RV 119/65), die allerdings von dem Wortlaut der DVO idF vom 18. August 1956 ausgegangen sei. Der Begriff "Zusatzgerät" in der neuen DVO könne jedoch nicht anders als früher verstanden werden. Der Einbau der automatischen Kupplung in den Wagen des Klägers sei nicht im Interesse eines erhöhten Fahrkomforts, sondern nur mit Rücksicht auf die Oberschenkelamputation links und die entsprechende Auflage des Verkehrsamtes erfolgt. Bei Oberschenkelamputierten sei der Einbau dieses Gerätes eine zwangsläufige Folge der Schädigung. Die Bestimmungen des § 5 Abs. 3 Ziff. 3 Satz 2 und 5 der DVO seien einschränkend ihrem Sinne nach so auszulegen, daß sie nur für Beschädigte gelten, bei denen der Einbau der automatischen Kupplung nicht durch Schädigungsfolgen bedingt sei. Im übrigen sei der Einbau der automatischen Kupplung bereits vor Inkrafttreten der Neufassung der DVO erfolgt; somit könne es sich dabei nur um ein Zusatzgerät im Sinne des § 2 Abs. 3 der DVO gehandelt haben.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen das am 28. Dezember 1965 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 13. Januar 1966 beim BSG eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er beantragt,

das Urteil des Hessischen LSG vom 24. November 1965 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Darmstadt vom 10. Dezember 1962 zurückzuweisen.

In der Revisionsbegründung führt der Beklagte aus: Sowohl in der DVO idF vom 6. Juni 1961 als auch in der jetzt gültigen Fassung heiße es in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 Satz 2 eindeutig, daß automatische Kupplungen keine Zusatzgeräte seien. Das LSG habe verkannt, daß für eine einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 3 Ziff. 3 kein Raum sei, weil die DVO überhaupt nur auf die Fälle anwendbar sei, in denen Zusatzeinrichtungen durch Schädigungsfolgen bedingt seien. Ein Oberschenkelamputierter sei auch nicht unbedingt auf eine automatische Kupplung angewiesen; er könne vielmehr ein einfaches Zusatzgerät benutzen, das die Bedienung der Kupplung mit der Hand ermögliche. Eine automatische Kupplung gehe über ein Zusatzgerät hinaus, da sie nicht unbedingt erforderlich sei, sondern nur der Bequemlichkeit diene. Daher habe die frühere DVO eine Übernahme von Instandsetzungskosten nicht vorgesehen und lasse sie jetzt nach der Neufassung nur in Höhe der Kosten zu, wie sie bei der Instandsetzung eines von Hand betriebenen Zusatzgerätes anfallen würden. Hinsichtlich der technischen Einrichtungen sei auf Ziffer X der Richtlinien für Sicherheitsmaßnahmen bei körperbehinderten Kraftfahrern (Beilage zum BVBl 1960 Nr. 6) zu verweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er entgegnet, unter den besonderen Umständen seines Falles handele es sich bei der in seinem Pkw eingebauten automatischen Kupplung um ein Zusatzgerät im Sinne der §§ 2 Ziff. 3, 5 Abs. 3 Ziff. 3 der DVO zu § 13 BVG idF vom 6. Juni 1961. Seine Rechtsauffassung sei durch das Urteil des BSG vom 18. Februar 1965 - 10 RV 119/63 - für die DVO zu § 13 BVG idF vom 18. August 1956 ausdrücklich bestätigt worden. Die DVO zu § 13 BVG idF vom 30. Oktober 1964 bestimme in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 ebenfalls ausdrücklich, daß Kosten für Instandsetzungen automatischer Kupplungen in bestimmter Höhe übernommen werden könnten. Er dürfe nicht dafür bestraft werden, daß er seinen Erstattungsantrag ausgerechnet während der Geltungsdauer der DVO idF vom 6. Juni 1961 gestellt habe. Die von dem Beklagten als ausreichend angesehene Kupplungspedalgestängeverlängerung sei heute kaum noch gebräuchlich.

Nach Auffassung der Beigeladenen ist die automatische Kupplung kein Zusatzgerät, weil sie nicht die üblichen Bedienungseinrichtungen entsprechend der Behinderung des Kraftfahrers ergänzt, sondern einen Bedienungsvorgang ganz entbehrlich macht.

Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG) und daher zulässig. Sie ist auch begründet.

Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten der Instandsetzung des in den Pkw des Klägers eingebauten Saxomaten zu übernehmen. Da der Kläger den Antrag auf Übernahme der Kosten am 31. Juli 1961 gestellt hat, ist die Rechtslage nach der DVO zu § 13 BVG idF vom 6. Juni 1961 zu beurteilen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 18. Februar 1965 - 10 RV 119/63 -; s. auch Urteil BSG vom 21. Januar 1969 - 9 RV 94/66 -). Der erkennende Senat hat in dieser Entscheidung weiter ausgesprochen, daß eine automatische Kupplung ( Saxomat ) als Zusatzgerät anzusehen ist, durch das zugleich die Bedienungseinrichtung des Kraftfahrzeugs geändert wird, sofern die Änderung durch die anerkannten Schädigungsfolgen bedingt ist (vgl. zum technischen Ablauf: Geiger, Zeitschrift für das Fürsorgewesen, 1968 S. 326). Diese Entscheidung ist, worauf ausdrücklich hingewiesen worden ist, unter dem zeitlichen und sachlichen Geltungsbereich der DVO zu § 13 BVG idF vom 18. August 1956 (BGBl I 751) ergangen. Durch die Neufassung der DVO vom 6. Juni 1961 (BGBl I 669) ist der Wortlaut geändert worden. Nunmehr bestimmt § 5 Abs. 3 Ziff. 3 Satz 2 DVO: "Keine Zusatzgeräte in diesem Sinne sind automatische Kupplungen und ähnliche Vorrichtungen, deren Benutzung auch durch Nichtbeschädigte üblich ist". Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Senats, daß für den Geltungsbereich der DVO idF vom 18. August 1956 automatische Kupplungen als Zusatzgeräte anzusehen sind, unter bestimmten Voraussetzungen auch für den Geltungsbereich der DVO idF vom 6. Juni 1961 zutrifft, da der Kläger nicht die Einbaukosten für den Saxomaten - diese sind ihm bereits 1958 bewilligt worden -, sondern die Erstattung der Instandsetzungskosten beansprucht. Für diese Instandsetzungskosten schreibt § 5 Abs. 3 Ziff. 3 letzter Satz der DVO ausdrücklich vor: "Kosten für Instandsetzungen automatischer Kupplungen ... werden nicht übernommen". Wenn das LSG diese Bestimmung einschränkend dahin ausgelegt hat, daß sie nur für Beschädigte gilt, bei denen der Einbau der automatischen Kupplung nicht durch Schädigungsfolgen bedingt ist, so kann dieser Auffassung keinesfalls gefolgt werden; sie steht im Widerspruch zu §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 13 BVG und § 2 Ziff. 3 der DVO. Die Bestimmungen in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 der DVO über automatische Kupplungen finden überhaupt nur auf solche Beschädigte Anwendung, die die automatische Kupplung oder eine ähnliche Vorrichtung wegen ihrer Schädigungsfolgen benutzen müssen. Für Beschädigte, die wegen ihrer Schädigungsfolgen nicht auf eine automatische Kupplung angewiesen sind, gibt es keine entsprechende orthopädische Versorgung nach § 13 BVG und der dazu erlassenen DVO.

Die Auffassung des Klägers, § 5 Abs. 3 Ziff. 3 letzter Satz der DVO stehe im Widerspruch zu § 2 Ziff. 3 der DVO, trifft nur scheinbar zu. Gemäß § 2 Ziff. 3 der DVO werden ua gewährt: "Übernahme der Kosten für die durch Schädigungsfolgen bedingten Änderungen der Bedienungseinrichtungen an Motorfahrzeugen ... sowie der Kosten für die Instandsetzung der Zusatzgeräte". Der gesamte § 2 beginnt jedoch mit den Worten: "Nach Maßgabe des § 5 werden ferner folgende Leistungen gewährt: ...". Diese Einleitung macht deutlich, daß in § 2 nur die Leistungen als solche aufgezählt sind, um im Anschluß an die Aufzählung in § 1 der DVO einen übersichtlichen "Leistungskatalog" zu schaffen, während in § 5 die näheren Voraussetzungen, an die diese Leistungen geknüpft sind, im einzelnen geregelt sind. § 2 der DVO muß somit im Zusammenhang mit § 5 der DVO gelesen werden. Die von dem Kläger weiter vertretene Auffassung, § 5 Abs. 3 Ziff. 3 der DVO werde durch die in § 13 Abs. 5 BVG enthaltene Ermächtigung nicht gedeckt, trifft gleichfalls nicht zu. Gemäß § 13 Abs. 5 idF des 1. Neuordnungsgesetzes (NOG) vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) war die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über "Art und Umfang der Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln ... zu erlassen" (vgl. auch § 13 Abs. 6 BVG idF des 2. NOG und insbesondere § 24 a BVG idF des 3. NOG: "... Art, Umfang und besondere Voraussetzungen der orthopädischen Versorgung und der Ersatzleistungen näher zu bestimmen"). Die gesetzliche Ermächtigung an die Bundesregierung bezog sich demnach nicht nur auf die Art (vgl. §§ 1, 2 der DVO), sondern auch auf den Umfang der Leistungen (vgl. §§ 3 ff der DVO). Im Zusammenhang mit §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 13 Abs. 1 bis 4 BVG waren Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Ermächtigung hinreichend deutlich bestimmt (vgl. Art. 80 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes - GG -). Weitergehende Einschränkungen, die den Verordnungsgeber in bestimmter Weise gebunden hätten, sind in § 13 Abs. 5 BVG nicht enthalten. Die Bundesregierung war daher nicht nur ermächtigt, die Leistungen als solche zu bestimmen, sondern auch den Umfang jeder einzelnen Leistung festzulegen. Dabei konnte sie Höchstbeträge festsetzen oder einzelne Leistungen, insbesondere Folgekosten, ganz von der Erstattung ausnehmen. Ihrer Verpflichtung zum Erlaß der Rechtsverordnung ist die Bundesregierung durch den Erlaß der DVO vom 6. Juni 1961 nachgekommen. Wenn darin die Erstattung von Instandsetzungskosten für automatische Kupplungen ganz ausgenommen worden ist, so entsprach das der gesetzlichen Ermächtigung in § 13 Abs. 5 BVG, Vorschriften über den "Umfang" der Ausstattung mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln zu erlassen. Der Verordnungsgeber hat damit keine Korrektur der Entscheidung des Gesetzgebers vorgenommen, - die unzulässig wäre (vgl. BVerfG Bd. 16 S. 339) - sondern sich innerhalb der durch das Gesetz gezogenen Grenzen gehalten. Diese Regelung kann auch nicht als willkürlich oder unsachgemäß angesehen werden (vgl. BVerfG aaO). Nach den Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen sind die Kosten der Instandsetzung von automatischen Kupplungen deshalb von der Erstattungspflicht ausgenommen worden, weil es, technisch bedingt, in der Regel unmöglich ist, Schäden an Motor und Getriebe von solchen an der automatischen Kupplung zu trennen; außerdem soll eine unkontrollierbare Ausweitung der Instandsetzungskosten vermieden werden. Der vorliegende Fall zeigt gerade, daß der letztere Faktor nicht übersehen werden darf. Die Einbau- (Lieferungs-) Kosten für den Saxomaten hatten sich bei dem Wagen des Klägers Ende 1957 auf 275,- DM belaufen. Bereits 1961 fielen Instandsetzungskosten in Höhe von 279,75 DM an; d.h. die Instandsetzungskosten überstiegen den Wert der erstmaligen Neubeschaffung. Eine derartige Relation kann bei nachträglich eingebauten "Handkupplungen", bei denen nur einzelne Teile instandzusetzen oder zu erneuern sind, keinesfalls auftreten.

Wenn der Kläger diese Regelung deshalb für ungerecht hält, weil er zwar die Einbaukosten (Beschaffungskosten) für den Saxomaten , nicht aber die Instandsetzungskosten erstattet erhält, so verkennt der Kläger, daß das Gericht nicht befugt ist, seine Prüfung auch daraufhin zu erstrecken, ob der Gesetz- oder Verordnungsgeber die unter Berücksichtigung aller Interessen zweckmäßigste Regelung getroffen hat. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die vom Gesetz getroffene Lösung daraufhin zu überprüfen, ob sie vom Standpunkt eines Beteiligten auch die "gerechteste denkbare Lösung" darstellt (vgl. BSG vom 22. Oktober 1968, 9 RV 230/68; BVerfG Bd.2, 280; 4, 18 ff). Auch bei einer Rechtsverordnung sind die Gerichte nicht zu einer Änderung der ordnungsgemäß zustande gekommenen Normen befugt (vgl. BSG 23, 175; BVerfG Bd. 16 S. 338). Wenn der Verordnungsgeber in der aufgrund des 2. NOG erlassenen DVO zu § 13 BVG vom 30. Oktober 1964 (BGBl I 842) für vergleichbare Fälle eine günstigere Lösung getroffen und in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 letzter Satz dieser DVO die Übernahme der Instandsetzungskosten für automatische Kupplungen "bis zur Höhe der üblicherweise für ein Zusatzgerät anfallenden Instandsetzungskosten" vorgesehen hat, so kann diese Regelung nicht bereits auf den Geltungsbereich der DVO idF vom 6. Juni 1961 übertragen werden, da der eindeutige Wortlaut dieser DVO einer "vorweggenommenen" Anwendung der DVO vom 30. Oktober 1964 entgegensteht. Der Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, Regelungen, die möglicherweise nach der DVO zu § 13 BVG idF vom 18. August 1956 gegolten hatten, unverändert in den Geltungsbereich des 1. NOG zu übernehmen oder spätere Verbesserungen mit rückwirkender Kraft auszustatten (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 8. März 1966 - 10 RV 708/65 -; s. auch Urteil BSG vom 21. Januar 1969 - 9 RV 94/66 -). Im übrigen hätte der Kläger auch unter der Geltung der DVO vom 30. Oktober 1964 nur einen geringen Teil der angefallenen Instandsetzungskosten erstattet erhalten können.

Das SG hat daher die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Auf die Revision des Beklagten war das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Darmstadt vom 10. Dezember 1962 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2285022

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