Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung. Verfahrensfehler. Sachverhaltsaufklärung im Rahmen von Verfahren betreffend Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beiziehung von Gutachten aus früheren Verfahren bei der Ermittlung berufskundlicher Tatsachen als zulässiges Beweismittel
Orientierungssatz
Das Ausmaß der von Amts wegen vorzunehmenden Sachverhaltsaufklärung und die Wahl der Beweismittel steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei von der Rechtsprechung des BSG die Beiziehung von Gutachten aus früheren Verfahren bei der Ermittlung von berufskundlichen Tatsachen als zulässiges Beweismittel anerkannt ist. Es begegnet keinen Bedenken, wenn nicht in jedem Einzelfall eine individuelle Aufklärung über die Anforderungen einer Verweisungstätigkeit erfolgt, sondern in anderen Verfahren gewonnene Erkenntnisse im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Ob das gewonnene Ergebnis dann ausreicht oder sich das LSG zu weiteren berufskundlichen Ermittlungen gedrängt fühlen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl BSG vom 17.6.1993 - 13 RJ 33/92 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 33).
Normenkette
SGB VI § 43; SGG §§ 103, 106, 118, 160 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 160a Abs. 2 S. 3; ZPO § 403
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. April 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1970 geborene Kläger beantragte am 28.6.2013 bei der Beklagten die begehrte Rente. Die Beklagte holte ein augenärztliches sowie ein psychiatrisches Gutachten ein. Mit Bescheid vom 20.2.2014 lehnte sie den Antrag aus medizinischen Gründen ab. Nach Einholung eines neurologischen Gutachtens wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.1.2015). Es sei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen auszugehen. Eine Sehbehinderung des Klägers sei erstmals im September 2013 diagnostiziert worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt gewesen; dies sei letztmalig am 30.6.2013 der Fall gewesen.
Das SG hat Befund- und Behandlungsberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie die Akte des SG Bayreuth zum Az S 7 SB 396/14 beigezogen. Zudem hat es medizinische Sachverständigengutachten auf internistischem, augenärztlichem, psychiatrischem sowie neurologischem Fachgebiet eingeholt. Sämtliche Gutachter kamen nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens mit qualitativen Einschränkungen zum Zeitpunkt 30.6.2013. Mit Gerichtsbescheid vom 8.5.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Das LSG hat auf Antrag des Klägers ein weiteres augenärztliches Gutachten eingeholt. Danach sei davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung der Sehminderung auf 0,1 beidseits zum 30.6.2013 eine mindestens 6-stündige Tätigkeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zumutbar gewesen sei. Mit Urteil vom 6.4.2022 hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger habe eine zeitliche Minderung des Leistungsvermögens spätestens zum 30.6.2013 nicht nachgewiesen. Aus seiner Sehbehinderung ergäben sich allerdings besondere Umstände, die die Ausübung einer körperlich leichten und geistig einfachen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen in ungewöhnlicher Weise erschwerten. Es sei beim Kläger von einer besonderen spezifischen Leistungsbehinderung auszugehen, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordere. Dem Kläger sei die Tätigkeit in der Fernsprechvermittlung/als Telefonist zumutbar. Auch auf die Tätigkeit einer Büro-/Verwaltungshilfskraft könne der Kläger zumutbar verwiesen werden.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Beschwerde zum BSG erhoben. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung legt die geltenden gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen.
1. Eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. In der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten revisiblen Norm iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (s etwa Senatsbeschluss vom 13.4.2022 - B 5 R 291/21 B - juris RdNr 7 mwN).
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Der Kläger bezeichnet folgende Rechtsfragen als grundsätzlich bedeutsam: |
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"Welche Anforderungen werden an die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit gestellt, wenn - wie hier - eine schwere spezifische Leistungsbehinderung besteht? Genügt es den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG (u.a. B 5 R 68/11 R), wenn ohne weitere Ermittlung der beruflichen Anforderungen der Beruf des Telefonisten und der Beruf einer Büro-/Verwaltungshilfskraft als Verweisungstätigkeit benannt wird?" |
Er trägt dazu vor, es sei höchstrichterlich zu klären, welche Anforderungen an die Benennung der Verweisungstätigkeit gestellt werden müssten. Insbesondere sei zu klären, ob für die Verweisungstätigkeit aktuelle berufskundliche Stellungnahmen eingeholt werden müssten, weil die Berufe in den vergangenen Jahren einem erheblichen Wandel unterlegen seien. Zudem sei es durch die Automatisierung zum Wegfall von betrieblichen "Schonarbeitsplätzen" wie Pförtner, Telefonist, Verwaltungshelfer gekommen. Ein Rückgriff auf berufskundliche Stellungnahmen, die älter als zwei bis drei Jahre seien, könne daher nicht mehr zu einem sachgerechten Ergebnis führen.
Der Kläger hat damit schon keine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG formuliert. Eine solche Rechtsfrage muss eine vom Einzelfall losgelöste (abstrakt-generelle) Frage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Vorschrift (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufwerfen. Die von dem Kläger formulierten Fragen beziehen sich hingegen - ohne Verweis auf eine gesetzliche Vorschrift - speziell auf seine eigene konkrete Situation. Er kombiniert individuelle Sachverhaltselemente und zielt letztlich auf die Frage, ob das LSG in seinem Fall weitere Ermittlungen in Bezug auf mögliche Verweisungstätigkeiten hätte tätigen müssen. Dem Einzelfall des Klägers kommt jedoch keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl BSG Beschluss vom 25.8.2022 - B 5 R 83/22 B - juris RdNr 11 mwN).
Zudem legt der Kläger mit seinen Ausführungen die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 9.5.2012 - B 5 R 68/11 R - (SozR 4-2600 § 43 Nr 18) trägt er im Wesentlichen vor, es sei bisher noch nicht geklärt, welche Anforderungen die zu benennenden Verweisungstätigkeiten haben müssten. Es sei ein höchstrichterlicher allgemeiner Rechtssatz aufzustellen, in welchem Umfang im Rahmen der Benennung von Verweisungstätigkeiten eine berufskundliche Stellungnahme einzuholen sei. Die Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG werden damit nicht erfüllt.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen wurde oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die nunmehr maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl zB BSG Beschluss vom 28.4.2022 - B 5 R 29/22 B - juris RdNr 9 mwN).
Dies ist nicht geschehen. Zum Erfordernis der konkreten Benennung einer geeigneten Verweisungstätigkeit bei Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung existiert bereits höchstrichterliche Rechtsprechung. Danach ist das körperliche, geistige und kognitive Leistungsvermögen mit dem beruflichen Anforderungsprofil zu vergleichen. Hierbei ist auch zu fragen, ob der Versicherte die fachlichen Qualifikationen hat bzw ob er sie in drei Monaten erlernen kann. Nicht verwiesen werden darf auf Tätigkeiten, die die Voraussetzungen der in der Rechtsprechung entwickelten Katalogfälle Nr 3 bis 7 erfüllen. Kann der Versicherte die Verweisungstätigkeit nicht ausüben, ist er auch dann (voll) erwerbsgemindert, wenn sein zeitliches Leistungsvermögen uneingeschränkt ist (vgl BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22, RdNr 40). Es ist zudem höchstrichterlich geklärt, dass hinsichtlich der Verweisungstätigkeit grundsätzlich auch Gutachten aus anderen Verfahren beigezogen und im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können (vgl BSG Urteil vom 30.10.1985 - 4a RJ 69/84 - juris RdNr 14; BSG Urteil vom 17.6.1993 - 13 RJ 33/92 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 33 S 120 f; BSG Beschluss vom 29.8.2006 - B 13 R 104/06 B - juris RdNr 8 mwN). Das Ausmaß der von Amts wegen vorzunehmenden Sachverhaltsaufklärung und die Wahl der Beweismittel steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei von der Rechtsprechung des BSG die Beiziehung von Gutachten aus früheren Verfahren bei der Ermittlung von berufskundlichen Tatsachen als zulässiges Beweismittel anerkannt ist. Es begegnet keinen Bedenken, wenn nicht in jedem Einzelfall eine individuelle Aufklärung über die Anforderungen einer Verweisungstätigkeit erfolgt, sondern in anderen Verfahren gewonnene Erkenntnisse im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Ob das gewonnene Ergebnis dann ausreicht oder sich das LSG zu weiteren berufskundlichen Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl BSG Urteil vom 17.6.1993 - 13 RJ 33/92 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 33 S 120 f mwN). Die Beschwerdebegründung befasst sich mit keiner dieser Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund kann ihr nicht entnommen werden, welche abstrakt-generelle Aussage das BSG in dem erstrebten Revisionsverfahren noch zu treffen hätte, die in der bisherigen Rechtsprechung nicht enthalten ist.
2. Der Kläger hat auch das Vorliegen von Verfahrensfehlern nicht ausreichend bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die den Mangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG auf dem Mangel beruhen kann. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Der Kläger rügt eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Das LSG hätte in Bezug auf die festgestellte Verweisungstätigkeit als Telefonist eine aktuelle berufskundliche Stellungnahme einholen müssen. Auch hinsichtlich der Verweisungstätigkeit als Büro-/Verwaltungshilfskraft hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, eine berufskundliche Stellungnahme einzuholen. Zudem habe er mit Schriftsatz vom 22.7.2020 beantragt, ein medizinisches Sachverständigengutachten nach § 106 SGG beim F, Klinikum, einzuholen. Der medizinische Sachverhalt sei - im Gegensatz zu den Ausführungen des LSG - nicht umfassend ermittelt gewesen, sodass das LSG ein entsprechendes Gutachten hätte in Auftrag geben müssen.
Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 13.5.2022 - B 5 R 20/22 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 5.8.2022 - B 5 R 50/22 B - juris RdNr 7; Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 56; Voelzke in jurisPK-SGG, § 160a RdNr 173, Stand der Einzelkommentierung 7.11.2022).
Mit seinem Vorbringen in Bezug auf die unterbliebenen berufskundlichen Ermittlungen benennt der Kläger bereits keine von ihm angebrachten Beweisanträge zur weiteren Sachaufklärung. Damit hat er nicht aufgezeigt, dass er bis zum Schluss einen Beweisantrag iS des § 103 SGG aufrechterhalten habe, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass ein im Berufungsverfahren anwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 103 SGG gehört werden kann, wenn er ihn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 22.6.2021 - B 13 R 29/21 B - juris RdNr 11 mwN).
Ebenso hat der Kläger mit seinem Vorbringen hinsichtlich der weiteren medizinischen Ermittlungen nicht aufgezeigt, dass er beim LSG einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt hat. Das bloße Verlangen, ein weiteres Gutachten einzuholen, ist nicht ausreichend. Ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag muss vielmehr benennen, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 ZPO) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden soll (vgl BSG Beschluss vom 17.5.2022 - B 5 R 21/22 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 5.8.2022 - B 5 R 50/22 B - juris RdNr 8). Der Beweisantrag im Rentenstreitverfahren muss sich möglichst präzise mit den Folgen dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene berufliche Leistungsvermögen befassen. Je mehr Aussagen von Sachverständigen zum Beweisthema bereits vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller von ihm behauptete Unterschiede zum Gegenstand des Beweisthemas machen (vgl BSG Beschluss vom 5.8.2022 - B 5 R 50/22 B - juris RdNr 8 mwN). Beweisanträge, die so unbestimmt bzw unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll bzw die allein den Zweck haben, dem Beweisführer, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen zu verschaffen, sind als Beweisausforschungs- bzw -ermittlungsanträge auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (vgl BSG Beschluss vom 17.7.2019 - B 5 R 191/18 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 5.8.2022 - B 5 R 50/22 B - juris RdNr 8). In diesem Sinne hat auch das LSG im Urteil ausgeführt, dass sich der schriftsätzliche Beweisantrag des Klägers nicht auf konkret bezeichnete Fähigkeitsstörungen mit Einfluss auf das Leistungsvermögen beziehe, sondern die Vermutung anstelle, es ergäben sich möglicherweise Störungen, die auch Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit haben könnten.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. |
Düring |
Hannes |
Hahn |
Fundstellen
Dokument-Index HI15503338 |