Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 06.12.2016; Aktenzeichen L 5 KN 798/15) |
SG Dresden (Entscheidung vom 31.07.2015; Aktenzeichen S 24 KN 2011/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 6. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 6.12.2016 hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf Leistung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner als Arbeitsentgelt verneint und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Dresden vom 31.7.2015 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine Divergenz geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).
Die Beschwerdebegründung wird bereits der ersten Anforderung nicht gerecht. Der Kläger macht geltend einen "Rechtsanspruch aus dem Höherversicherungssystem" der Altersversorgung Deutsche Reichsbahn und begehrt die Gleichstellung "mit den Systemen gleicher Kategorie" nach dem AAÜG. Er stellt jedoch keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG), die der Senat mit "Ja" oder "Nein" beantworten könnte, was grundsätzlich erforderlich ist (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag des Beschwerdeführers darauf zu analysieren, ob sich ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
Auch die weiteren Voraussetzungen an eine den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG genügenden Beschwerdebegründung zur Darlegung einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung erfüllt der Kläger nicht. Es fehlt an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, aaO RdNr 183 mwN).
Das BSG hat für ehemalige Angehörige der Deutschen Reichsbahn bereits entschieden, dass nach § 256a SGB VI Arbeitsverdienste und Einkünfte versichert und damit rentenrechtlich relevant regelmäßig nur durch Beitragszahlungen sind. Ausnahmen regeln § 256a Abs 2 und 3 SGB VI. Zusätzlich geltend gemachte Prämienzahlungen und angebliche Belohnungen, für die keine Pflichtbeiträge gezahlt worden sind bzw die auch nach den Rechtsvorschriften der DDR keiner Beitragspflicht unterlagen, bleiben deshalb ausgeklammert (BSG Urteil vom 11.12.2002 - B 5 RJ 14/00 R - BSGE 90, 197 = SozR 3-2600 § 256a Nr 10 = Juris RdNr 20). Der Kläger lässt dies in seiner Beschwerdebegründung unberücksichtigt. Er trägt vielmehr vor, die Altersversorgung der Deutschen Reichsbahn sei nicht Teil der Sozialversicherung der DDR gewesen, sondern ein "Höherversicherungssystem der DDR", das vom AAÜG erfasst werde. Der Kläger setzt sich damit in Widerspruch zur ebenfalls bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG, wonach die in der DDR für den Bereich der Deutschen Reichsbahn 1956 geschaffene besondere betriebliche Altersversorgung zum 1.1.1974 in die allgemeine Sozialversicherung überführt wurde mit der Folge, dass Rentenanwartschaften ausschließlich in der allgemeinen Sozialversicherung bestanden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2001 - B 5 RJ 14/00 R - BSGE 90, 197 = SozR 3-2600 § 256a Nr 10 = Juris RdNr 23 mwN). Auch damit befasst sich die Beschwerdebegründung des Klägers nicht hinreichend. Allein der Hinweis, diese Feststellung "sei falsch" und das BSG habe "§ 11 Abs. 1 EVO 1973" unterschlagen, genügt zur Darlegung einer noch nicht höchstrichterlich entschiedenen und damit klärungsbedürftigen Rechtsfrage nicht. Anlass zu weiteren Ausführungen bestand zudem deshalb, weil auch das BVerfG bestätigt hat, dass die Versorgung der Angehörigen der Deutschen Reichsbahn dem System der allgemeinen Sozialpflichtversicherung zugeordnet war und keine Zusatzversorgung iS des AAÜG bestand (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 30.8.2005 - 1 BvR 616/99, 1 BvR 1028/03 - SozR 4-2600 § 256a Nr 1 RdNr 27). Der Kläger nimmt darauf zwar Bezug, beschränkt sich aber auch hier mit dem Hinweis, die in Rechtsvorschriften der DDR angeblich belegte Fortschreibung eines eigenen Systems der Altersversorgung Deutsche Reichsbahn sei nicht beachtet worden.
Außerdem fehlt es an Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Insofern hätte der Kläger aufzeigen müssen, welchen Sachverhalt das LSG für das BSG bindend festgestellt hat (§ 163 SGG) und dass auf dieser Grundlage im angestrebten Revisionsverfahren notwendig über die mit der Beschwerde angesprochene Problematik entschieden werden muss. Der Kläger gibt bereits nicht den der Berufungsentscheidung zugrunde liegenden, vom LSG festgestellten Sachverhalt wieder. Zwar schildert er einen Sachverhalt. Ob die dort angegebenen Tatsachen auf Feststellungen des Berufungsgerichts beruhen, ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen. Fehlt jedoch die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung, wird das Beschwerdegericht nicht in die Lage versetzt, allein anhand der jeweiligen Beschwerdebegründung zu beurteilen, ob die als grundsätzlich erachteten Rechtsfragen entscheidungserheblich sind. Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, sich die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung selbst herauszusuchen (Senatsbeschlüsse vom 16.5.2012 - B 5 R 442/11 B - BeckRS 2012, 70568 RdNr 13 und vom 21.2.2012 - B 5 R 222/11 B - BeckRS 2012, 69065 RdNr 9).
2. Der Kläger bezeichnet auch nicht hinreichend einen Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG.
Eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt nur vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN).
Der Kläger trägt dazu lediglich vor, dass die vom LSG entschiedene Fallgestaltung "nicht identisch ist mit der vorgetragenen Beweisführung des Beschwerdeführers". Der Kläger nimmt Bezug auf Rechtsprechung des BSG, des BAG und des BVerfG, die ein Fortbestehen des besonderen Alterssicherungssystems für Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn in "Falschaussagen" aufgrund der "Unterschlagung der Regelungen § 11 Abs. 1 und das Verweisen auf § 11 Abs. 2 EVO 1973" verneint hätten. Der Kläger formuliert jedoch weder konkret einen tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG noch stellt er dem einen solchen des LSG gegenüber. Die Abweichung von der Rechtsauffassung des Klägers ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblich.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10862113 |