Verfahrensgang
AG Brandenburg (Entscheidung vom 15.08.2022; Aktenzeichen 28 OWi 4103 Js 10149/22) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 15. August 2022 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Brandenburg an der Havel zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat mit Urteil vom 15. August 2022 gegen den Betroffenen, der in der Hauptverhandlung seine Fahrereigenschaft bestritten hatte, wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 52 km/h, was am ... September 2021 mit dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... um XX:XX Uhr auf der Bundesautobahn ..., km ..., Fahrtrichtung L..., begangen worden sein soll, auf eine Geldbuße von 240,00 € erkannt sowie ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.
Gegen die vorgenannte Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg erachtet in ihrer Stellungnahme vom 16. November 2022 das Rechtsmittel als unbegründet und beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu verwerfen.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG statthaft und gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht angebracht worden.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und hat in der Sache - vorläufigen - Erfolg, da die Urteilsgründe lückenhaft und widersprüchlich sind, §§ 267 Abs. 1, 337 StPO in Verbindung mit §§ 71 Abs. 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG. Sie lassen nicht in rechtlich überprüfbarer Weise erkennen, ob die von der Bußgeldrichterin insbesondere durch Vergleich des vom Messgerät gefertigten Frontfotos mit dem Gesicht des Betroffenen vorgenommene Identifizierung eine tragfähige Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung ist.
Zur Fahreridentität des Betroffenen enthält das Urteil folgende beweiswürdigende Erwägungen:
"(...) Zur Überzeugung des Gerichts ist der Betroffene am Tattag Fahrer des oben genannten Fahrzeugs gewesen. Dies ergibt sich aus dem Vergleich des in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen, der in Augenschein genommen wurde, mit dem zur Akte gelangten Frontfoto, auf dem die Person des Fahrers mit dem gefahrenen PKW zu erkennen ist und ebenfalls in Augenschein genommen wurde. Das Frontfoto lässt den gefahrenen PKW und die Person des Fahrers gut erkennen. Es ist sehr scharf und kontrastreich. Das Frontfoto zeigt den PKW, der sich auf der Autobahn befindet.
Durch die Windschutzscheibe und die Seitenscheibe ist der Fahrer des Fahrzeugs zu erkennen. Es gelangte eine Ausschnittsvergrößerung des Seitenfotos zu den Akten, auf welchem der Abschnitt der Windschutzscheibe mit der Person des Fahrers vergrößert dargestellt ist. Die Vergrößerung zeigt den Fahrer des gemessenen Fahrzeugs. Das Gesicht des Fahrers ist deutlich zu erkennen. Der Fahrer des Wagens hat eine hohe schräg verlaufende Stirn. Sein Haaransatz ist leicht unregelmäßig und verläuft markant an der Kopfseite nach unten. Die Nase ist gerade, das Nasenloch deutlich zu sehen. Die Unterlippe ist breiter als die Oberlippe. Das Ohr ist länglich, das Ohrläppchen markant. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Seitenfoto Blatt 14 der Akten und die Ausschnittsvergrößerung des Seitenfotos Bl. 11 der Akten verwiesen.
Ein Vergleich der auf dem Frontfoto erkennbaren Person mit dem Betroffenen in der Hauptverhandlung ergibt, dass es sich um identische Personen handelt. Sowohl die hohe Stirn, als auch der markante unregelmäßige Haaransatz sind bei der Person auf dem Frontfoto und beim Betroffenen identisch. Insbesondere das Nasenloch und die Lippen sind sowohl bei der Person auf dem Frontfoto als auch bei dem Betroffenen zu erkennen und identisch. Gleichfalls entspricht die Form des Ohrs des Betroffenen der Form des Ohrs der Person auf dem Frontfoto. Zur Überzeugung des Gerichts steht nach dem Vergleich vom Frontfoto und Betroffenen die Fahrereigenschaft des Betroffenen zweifelsfrei fest."
Diese Urteilsausführungen zur Fahreridentität genügen indes nicht den Anforderungen, die die obergerichtliche Rechtsprechung an die tatrichterlichen Feststellungen zur Identifizierung eines Betroffenen als Fahrzeugführer stellt.
Im Fall der Täteridentifizierung eines Betroffenen müssen die Urteilsgründe so abgefasst sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung möglich ist, ob ein Messfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Ausreichend ist es hierfür, dass in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, s...