Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag wegen Hausratsauseinandersetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der ein Hausratsverfahren einleitende Antrag bei dem Gericht der Ehesache eingegangen, solange diese dort anhängig war, so wird die Zuständigkeit des Gerichts nicht dadurch berührt, daß die Anhängigkeit der Ehesache endet (Ergänzung zum Senatsbeschluß vom 17. September 1980 - IVb ARZ 550/80 - LM ZPO § 621 Nr. 8 = NJW 1981, 126 = FamRZ 1981, 23).

 

Normenkette

ZPO § 281 Abs. 2 Satz 2; Zpo § 261 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 7, § 621a Abs. 1, § 253 Abs. 1, § 691 Abs. 1-2

 

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Essen.

 

Gründe

I.

Die Ehe der Parteien ist durch ein seit dem 2. Juli 1985 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mülheim a.d. Ruhr vom 15. Mai 1985 geschieden worden. Mit dem am 29. Mai 1985 beim gleichen Amtsgericht eingereichten "Antrag wegen Hausratsauseinandersetzung" verlangt der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Zahlung von 79.097,13 DM als Ausgleich für Hausratsgegenstände, die sie aus der früheren in Essen belegenen Wohnung an sich genommen habe.

Nach der Zustellung des Antrages am 4. Juli 1985 wies der Richter die Parteien auf Bedenken zur örtlichen Zuständigkeit hin, weil die Ehesache im Zeitpunkt der Zustellung des Antrages rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei. Mit Beschluß vom 12. November 1985 erklärte sich das Amtsgericht Mülheim a.d. Ruhr deswegen für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit "auf Anregung des Ehemannes" an das Familiengericht Essen. Dieses Gericht erklärte sich ebenfalls für örtlich unzuständig, weil die Ehesache bei Eingang des Antrages noch beim Amtsgericht Mülheim a.d. Ruhr anhängig gewesen sei. Beide Unzuständigkeitserklärungen sind den Parteien bekannt gegeben worden.

Da das Amtsgericht Mülheim a.d. Ruhr nicht bereit ist, den Rechtsstreit wieder zu übernehmen, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Essen die Akten dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

Als zuständig ist das Amtsgericht Essen zu bestimmen. Dieses Gericht ist an die Verweisung des Rechtsstreits durch das Amtsgericht Mülheim a.d. Ruhr gebunden (entsprechende Anwendung des § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO, vgl. BGHZ 71, 15).

1.

Einer Bindungswirkung steht es nicht entgegen, wenn die Verweisung im Hinblick darauf verfahrenswidrig ist, daß der Antragsteller sie nicht beantragt hatte (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Mai 1984 - IVb ARZ 20/84 - FamRZ 1984, 774 m.w.N.). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die entsprechende Anwendung des § 281 ZPO in einem - nicht mit einer Ehesache verbundenen - Verfahren über eine Hausratssache (§§ 621 Abs. 1 Nr. 7, 621 a Abs. 1 ZPO) auch bedeutet, daß wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Klägers (Antragstellers) verwiesen werden darf.

2.

Einem Verweisungsbeschluß kommt keine Bindungswirkung zu, wenn er jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt und daher willkürlich ist (BGHZ 71, 69, 72). Diese äußerste Grenze ist hier jedoch nicht erreicht.

Die vom verweisenden Amtsgericht vertretene Auffassung trifft allerdings nicht zu. Die Anhängigkeit der Ehesache endete erst mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils (2. Juli 1985). Bis zu diesem Zeitpunkt bestand die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache für die Familiensachen des § 621 Abs. 1 ZPO (§ 621 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Daher war das Amtsgericht Mülheim a.d. Ruhr beim Eingang des "Antrags auf Hausratsauseinandersetzung" am 29. Mai 1985 zuständig. Seine Zuständigkeit ist durch den Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Ehesache nicht entfallen. Das folgt aus dem auch in der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, wonach die einmal begründete Zuständigkeit fortdauert, auch wenn sich danach die maßgeblichen Umstände ändern (BGHZ 71, 69, 71; Habscheidt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 7. Aufl. § 11 IV 2). In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt diese sog. perpetuatio fori ab Anhängigkeit der Sache (Bärmann, Freiwillige Gerichtsbarkeit 1968 § 6 IV 2 d; Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch, 1. EheRG 1978 § 621 ZPO Rdn. 27 m.w.N.). Insofern ist hier die Rechtslage anders als in den Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 8 ZPO, die nicht den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw. der Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats unterliegen (vgl. § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO), sondern denen der Zivilprozeßordnung. Diese knüpft die Fortdauer der Zuständigkeit trotz Veränderung der sie begründenden Umstände erst an die Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO), die durch die Erhebung der Klage begründet wird (§ 261 Abs. 1 ZPO), wozu es der Zustellung der Klageschrift bedarf (§ 253 Abs. 1 ZPO). Deshalb hat der Senat entschieden, daß die Zuständigkeit des mit der Ehesache befaßten Familiengerichts für eine Unterhaltsklage erlischt, wenn das Urteil in der Ehesache vor der Zustellung der Unterhaltsklage rechtskräftig wird (Beschluß vom 17. September 1980 - IVb ARZ 550/80 - FamRZ 1981, 23, 24).

Daß das verweisende Gericht diese Rechtslage verkannt und auch in der vorliegenden Sache auf den Zeitpunkt der Zustellung des Antrags abgestellt hat, läßt den Verweisungsbeschluß jedoch noch nicht als willkürlich erscheinen.

3.

Schließlich stünde es der Bindungswirkung auch nicht entgegen, wenn das verweisende Familiengericht den vorliegenden Antrag zu Unrecht als Rechtsstreitigkeit nach der Hausratsverordnung eingeordnet hätte (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Juli 1984 - IVb ARZ 31/84 - nicht veröffentlicht, mit Hinweisen auf OLG Köln FamRZ 1980, 173 und Heintzmann FamRZ 1983, 957, 960). Bedenken könnten hierzu deshalb bestehen, weil der Antragsteller nicht die Zuteilung von Hausrat erstrebt, sondern unter Anerkennung der Aufteilung allein eine Ausgleichsforderung geltend macht, was nach einer verbreiteten Meinung nicht Gegenstand eines Verfahrens nach der HausratsVO sein kann (vgl. dazu OLG Hamm FamRZ 1980, 469, OLG Frankfurt FamRZ 1983, 730 und OLG Zweibrücken FamRZ 1985, 819). Ein Hausratsverfahren käme nach dieser Auffassung allenfalls in Betracht, wenn sich die Parteien mangels Einigung über eine Ausgleichszahlung in Wahrheit über die Verteilung des Hausrats noch nicht geeinigt hätten.

Da eine wegen örtlicher Zuständigkeit ausgesprochene Verweisung indessen (nur) für das Gericht, an das verwiesen wurde, bindend ist, nicht aber für das Familiengericht, ist dieses nicht gehindert, die Sache entsprechend ihrer durch die Verweisung nicht geänderten Rechtsnatur weiter zu behandeln (vgl. BGH, Beschluß vom 5. März 1980 - IV ARZ 2/80 - FamRZ 1980, 557, 558).

 

Unterschriften

Lohmann

Nonnenkamp

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456554

NJW 1986, 3141

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