Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Anhörung des Insolvenzverwalters. Nichterscheinen des Insolvenzverwalters zur gerichtlichen Anhörung
Leitsatz (redaktionell)
Eine sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Insolvenzverwalter ist unzulässig.
Normenkette
InsO §§ 6, 58 Abs. 2 S. 3; ZPO § 577
Verfahrensgang
LG Göttingen (Beschluss vom 23.06.2008; Aktenzeichen 10 T 69/08) |
AG Göttingen (Entscheidung vom 17.06.2008; Aktenzeichen 74 IN 11/01) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 23. Juni 2008 – 10 T 69/08 – wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 13 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Insolvenzverwalter) wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1. April 2001 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der D.… in G.… bestellt. Mit Beschluss vom 10. November 2005 ernannte das Insolvenzgericht den weiteren Beteiligten zu 2 zum Sonderinsolvenzverwalter (fortan: Sonderverwalter) zur Prüfung der Frage, ob gegen den Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche zu Gunsten der Masse geltend zu machen sind. Der Aufgabenkreis des Sonderverwalters wurde mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 29. Mai 2007 und vom 11. Februar 2008 konkretisiert.
Rz. 2
Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 beantragte der Sonderverwalter die Anberaumung eines Termins zur Anhörung des Insolvenzverwalters und legte hierzu einen umfangreichen Fragenkatalog vor. Ferner regte er an, der Insolvenzverwalter möge die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt versichern. Hierauf bestimmte das Insolvenzgericht Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters auf den 22. April 2008. Zu diesem Termin ist der Insolvenzverwalter nicht erschienen.
Rz. 3
Hierauf hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 30. Mai 2005 angeordnet, der Insolvenzverwalter habe die eidesstattliche Versicherung abzugeben. Hiergegen hat der Insolvenzverwalter sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 23. Juni 2008 als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich der Insolvenzverwalter gegen diesen Beschluss.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen, § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Rz. 5
1. Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt grundsätzlich voraus, dass bereits die sofortige Beschwerde statthaft war (BGH, Beschl. v. 25. Juni 2009 – IX ZB 161/08, NZI 2009, 553 m.w.N.). Das war hier nicht der Fall.
Rz. 6
2. Der Rechtsbehelf, den der Insolvenzverwalter gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt hat, war als sofortige Beschwerde unstatthaft. Das Landgericht hat sie daher im angegriffenen Beschluss (veröffentlicht in ZInsO 2008, 1144) zutreffend als unzulässig verworfen. Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung dies ausdrücklich vorsieht (§ 6 InsO). Diese Voraussetzung liegt bei der hier angegriffenen Entscheidung nicht vor.
Rz. 7
Der von der Rechtsbeschwerde gezogene „Erstrecht-Schluss” aus § 58 Abs. 2 Satz 3 InsO (Beschwerde gegen die Verhängung von Zwangsgeld) ist nicht berechtigt. Zum einen steht das Enumerationsprinzip des § 6 Abs. 1 InsO einer Analogie entgegen (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 6 Rn. 6a). Eine Durchbrechung des Enumerationsprinzips wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Anordnung des Insolvenzgerichts in den grundrechtlich geschützten Bereich eingriffe (BGHZ 158, 212, 214 ff; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 6 Rn. 71b). Davon kann hier – wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat – keine Rede sein. Zum andern handelt es sich bei der eidesstattlichen Versicherung im Allgemeinen nicht einmal um ein (dem Zwangsgeld vergleichbares) Zwangsmittel; vielmehr besteht darauf ein materiellrechtlicher Anspruch dessen, der Auskunft verlangen kann (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 69. Aufl. § 259 Rn. 12). Schon deswegen versagt das Postulat der Rechtsbeschwerde, „dass sich der Insolvenzverwalter, wenn gegen ihn ein Zwangsmittel ergriffen wird, dagegen immer mit der sofortigen Beschwerde wehren kann”.
Rz. 8
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 2833352 |
ZIP 2010, 383 |
NZI 2010, 159 |
NZI 2010, 5 |
ZInsO 2010, 188 |