Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Tenor
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 25. Mai 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO in den gesamten Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Umsatzsteuerhinterziehung in dreizehn Fällen sowie wegen vier Fällen der Urkundenfälschung zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren beziehungsweise drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen hatten die als Automatenaufsteller tätigen Angeklagten in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 1991 bis 1996 und in sieben Umsatzsteuervoranmeldungen aus dem Jahr 1997 steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräten teilweise nicht angegeben. Daneben hatten sie in vier Fällen Spielautomaten mit gefälschten Zulassungsblechen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt versehen.
Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand. Angesichts der Höhe der jeweils verkürzten Steuern zwischen 2.405 DM und 95.364 DM bei einem Gesamthinterziehungsumfang von 346.723 DM begegnen die insoweit festgesetzten Einzelstrafen und die Gesamtstrafen durchgreifenden Bedenken.
Zwar sind gewichtige Umstände vorhanden, die zu Lasten der Angeklagten zu berücksichtigen sind. Neben der nicht unerheblichen kriminellen Energie sprechen vor allem das langjährige steuerunehrliche Gesamtverhalten und die Tatsache, daß sie eine Vielzahl von Dritten in kriminelle Handlungen verstrickt haben, gegen die Angeklagten. Dies hat das Landgericht zu Recht hervorgehoben. Dem stehen jedoch maßgebliche strafmildernde Umstände gegenüber. Die nicht vorbestraften Angeklagten haben nicht nur bereits zu Beginn der Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt, sondern haben darüber hinaus erheblich zur Aufklärung ihrer Taten beigetragen. So haben sie für alle Aufstellorte von Spielautomaten, die sie umsatzsteuerlich nicht ordnungsgemäß behandelt hatten, Angaben gemacht, die als Schätzungsgrundlage für die verkürzten Steuern herangezogen werden konnten. Diese Angaben umfaßten neben der Umsatzentwicklung jeweils auch Beginn und Ende der mit den Gastwirten getroffenen „Schwarzgeldabreden”. Auch ist der entstandene Steuerschaden mittlerweile vollständig ausgeglichen. Zudem stellte die in dieser Situation außergewöhnlich lange Verfahrensdauer von 55 Hauptverhandlungstagen für die Angeklagten – insbesondere angesichts ihrer Aufklärungshilfe – eine erhebliche Belastung dar. Schließlich hat das Landgericht dem engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang der Taten (vgl. hierzu BGHR StGB § 54 – Bemessung 2; weitere Nachweise bei Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 54 Rdn. 6) möglicherweise eine zu geringe Bedeutung beigemessen.
Auch unter Bedacht auf die strafschärfenden Gesichtspunkte ist vor diesem Hintergrund zu besorgen, daß das Landgericht bei der Strafzumessung maßgeblich auch die nach § 154 Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Verfahrensteile mitberücksichtigt hat, ohne daß die Voraussetzungen für eine solche Berücksichtigung zu Lasten der Angeklagten vorgelegen haben. Dies legt schon der Umfang und das Gewicht derjenigen Feststellungen und Erörterungen im Urteil nahe, die für eine Verkürzung von Einkommensteuern, nicht aber für die abgeurteilte Hinterziehung von Umsatzsteuern von Bedeutung sind. Eine Berücksichtigung eingestellter Verfahrensteile kommt indes nur dann in Betracht, wenn die Taten in der Hauptverhandlung prozeßordnungsmäßig festgestellt worden sind (vgl. Schoreit in KK 4. Aufl. § 154 Rdn. 48). Auch wenn die Angeklagten auf die Möglichkeit hingewiesen wurden, daß ihr Verhalten trotz der Einstellung strafschärfend berücksichtigt werde, sind konkrete Taten der Einkommensteuerhinterziehung hier nicht ausreichend festgestellt. Zu den insoweit erforderlichen Feststellungen für eine Steuerhinterziehung gehört nicht nur die Schilderung der jeweiligen Hinterziehungshandlungen, die den allgemeinen Schluß erlauben, daß Steuern verkürzt werden sollten. Vielmehr ist zur Bestimmung des ungefähren Schuldumfangs und damit des Gewichts der berücksichtigten Taten auch die Ermittlung des Ausmaßes der durch sie verursachten steuerlichen Folgen und die Mitteilung zumindest der Größenordnung der hinterzogenen Beträge erforderlich.
Die Aufhebung des Strafausspruchs ist auch auf die wegen Urkundenfälschung gefundenen vier Einzelstrafen zu erstrecken, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Höhe dieser Strafen durch die Strafen für die übrigen Taten beeinflußt worden ist.
Unterschriften
Harms, Basdorf, Gerhardt, Raum, Brause
Fundstellen
Haufe-Index 540940 |
HFR 2001, 500 |
NStZ 2000, 594 |
wistra 2000, 419 |