Leitsatz (amtlich)
Ein Wirtschaftsgut verbleibt nicht mindestens drei Jahre lang in einem Berliner Betrieb (Betriebstätte), wenn es an das Land Berlin als Hoheitsträger vermietet wird.
Normenkette
BerlinFG § 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Entscheidung vom 01.10.1981; Aktenzeichen IV 247/80) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG mit Sitz in Berlin (West), befaßt sich ausschließlich mit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes. Seit 1969 hat sie ein Bürohaus an das Land Berlin vermietet. Das Bürohaus wird von dem Landesamt für Elektronische Datenverarbeitung genutzt. Durch Vertrag vom 22.Dezember 1978 verpflichtete sich die Klägerin, das Gebäude zugunsten des Mieters mit Einrichtungen für die Klimatisierung und Stromversorgung auszustatten. Der Mietvertrag ist zunächst auf 10 Jahre geschlossen. Das Investitionsvorhaben wurde auf ... Mio DM veranschlagt. Hiervon wandte die Klägerin im Streitjahr 1978 einen Betrag von ... DM auf. Hierauf begehrte die Klägerin die Grundzulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies den Antrag mit der Begründung zurück, daß die Anlagen dem Mieter als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen seien.
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Frage offen, wem die streitigen Anlagen steuerlich zuzurechnen seien. Es verneinte, daß die Einrichtungen bewegliche Wirtschaftsgüter (Betriebsvorrichtungen) seien. Sein Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 396 veröffentlicht.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.
Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG vom 1.Oktober 1981 den ablehnenden Bescheid des FA vom 29.November 1979 dahin zu ändern, daß eine Investitionszulage von ... DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Der Senat kann die Frage offenlassen, ob die Klägerin als solche nach § 19 BerlinFG zulageberechtigt ist. Dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil die Klägerin keine Gewinneinkünfte, sondern an sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezieht. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs.3 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Art.7 Nr.6 Buchst.b des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19.Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735) die Regelung getroffen, daß die Tätigkeit einer "gewerblich geprägten Personengesellschaft" als Gewerbebetrieb gilt, und nach § 52 Abs.20b EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 gilt diese Regelung rückwirkend für Veranlagungszeiträume vor 1986. Gegen diese Rückwirkung werden in der Literatur jedoch verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht (vgl. insbesondere Knobbe-Keuk in Betriebs-Berater 1985, 1903). Der Senat braucht darauf aber nicht einzugehen, weil der Klägerin die Zulage aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt nicht zusteht.
2. Aus dem gleichen Grund braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das FG der Klägerin die Zulage zu Recht versagt hat, weil die von ihr errichteten Anlagen keine Betriebsvorrichtungen und damit keine beweglichen Wirtschaftsgüter seien.
3. Der Klägerin steht die Zulage deshalb nicht zu, weil sie die von ihr errichteten Klima- und Stromversorgungsanlagen an das Land Berlin als hoheitliche Verwaltung vermietet hat.
Nach § 19 Abs.1 BerlinFG steht die Zulage nur Steuerpflichtigen nach dem EStG und Körperschaftsteuergesetz (KStG) sowie Gesellschaften i.S. des § 15 Abs.1 Nr.2 EStG zu, die in Berlin (West) einen Betrieb oder eine Betriebstätte haben. Nach § 19 Abs.2 BerlinFG ist weiter Voraussetzung, daß das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehört und mindestens drei Jahre lang "in einem solchen Betrieb (einer solchen Betriebstätte)" verbleibt. Aufgrund dieser besonderen Gesetzesformulierung (in einem solchen Betrieb, einer solchen Betriebstätte) ist allgemein anerkannt, daß die Veräußerung und Vermietung von beweglichen Wirtschaftsgütern in Berlin grundsätzlich unschädlich ist, d.h. nicht zur Versagung oder Zurückforderung der Investitionszulage führt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24.Mai 1968 VI R 46/68, BFHE 92, 396, BStBl II 1968, 573, und vom 6.Mai 1977 III R 64/75, BFHE 122, 369, BStBl II 1977, 592; Littmann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 14.Aufl., § 19 BerlinFG, Anm.36; Söffing in Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, § 14 Tz.44 und § 19 Tz.99 sowie George, Berlinpräferenzen, Berlinförderungsgesetz, 6.Aufl., § 14 Anm.77 und 79). Die Rechtslage ist damit in Berlin eine andere als im Bundesgebiet, wo z.B. nach § 1 Abs.3 Nr.1 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) in den Fassungen ab 1973 ein Wirtschaftsgut drei Jahre lang "in der Betriebstätte des Steuerpflichtigen" verbleiben muß.
Ein Wirtschaftsgut verbleibt jedoch nur dann in einem solchen Betrieb (einer solchen Betriebstätte), wenn der Erwerber oder Mieter einen "solchen Betrieb (eine solche Betriebstätte)" unterhält, in der das veräußerte oder vermietete Wirtschaftsgut für den Rest der Verbleibdauer weitergenutzt wird. Daran fehlt es jedoch, wenn Wirtschaftsgüter an Privatpersonen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts veräußert oder vermietet werden. Denn sie unterhalten in Berlin keinen Betrieb (keine Betriebstätte). Für Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt diese Aussage mit der Einschränkung, daß sie insoweit eine Zulage erhalten können, als sie einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten, in dem das Wirtschaftsgut genutzt wird. Dieser Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Die Formulierung "in einem solchen Betrieb (einer solchen Betriebstätte)" spricht im übrigen dafür, daß das Wirtschaftsgut drei Jahre lang in einem Betrieb (einer Betriebstätte) eines Steuerpflichtigen i.S. des EStG oder des KStG verbleiben muß. Das Land Berlin gehört dazu nicht. Als Hoheitsträger unterliegt es nicht der Einkommensteuer, und körperschaftsteuerpflichtig ist es nur mit seinen Betrieben gewerblicher Art (§ 1 Abs.1 Nr.6, § 4 KStG 1977).
Fundstellen
BStBl II 1986, 493 |
BFHE 146, 325 |
BFHE 1986, 325 |
BB 1986, 1072-1073 (ST) |
HFR 1986, 413-413 (ST) |