Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinreichende Konkretisierung der geplanten Investition für eine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG
Leitsatz (amtlich)
Die für die Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG erforderliche "voraussichtliche" Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts setzt eine hinreichende Konkretisierung der geplanten Investition voraus. Die insoweit zu treffende Prognose ist bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, aus der Sicht am Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums vorzunehmen.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 3, 6
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger übte im Streitjahr eine gewerbliche Tätigkeit als Handelsvertreter im Bereich der Medizintechnik aus, die er zum 30. September 1997 aufgab. Dieses Gewerbe hatte er zum 1. November 1993 angemeldet. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Jahr 1994 erzielte er Verkaufs- und Provisionserlöse in Höhe von 26 998 DM.
Nachdem die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung für 1995 abgegeben hatten, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Besteuerungsgrundlagen. Während des anschließenden Einspruchsverfahrens reichten die Kläger am 20. April 1998 ihre Einkommensteuererklärung für 1995 beim FA ein. In der beigefügten "Ergebnisrechnung 1995" erklärte der Kläger Umsatzerlöse in Höhe von 96 906 DM sowie einen Reingewinn in Höhe von 46 470 DM. In den dort erklärten Betriebsausgaben sind ―ebenso wie im Vorjahr― weder Personalaufwendungen noch Absetzungen für Abnutzung (AfA) enthalten.
Mit Änderungsbescheid vom 8. Mai 1998 veranlagte das FA die Kläger entsprechend den Angaben in ihrer Steuererklärung. Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch beantragten die Kläger am 27. Oktober 1998 die Berücksichtigung einer Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 ff. EStG in Höhe von 245 000 DM. Sie fügten dem Antrag eine detaillierte Aufstellung ("Investitionsplan") bei, die geplante Investitionen (u.a. betreffend die Anschaffung von vier Therapiegeräten und vier Kleintransportern zum Preis von zusammen rd. 486 000 DM) in einer Gesamthöhe von 616 000 DM auswies. In der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 1999 berücksichtigte das FA den beantragten Abzug (§ 7g Abs. 6 EStG) nicht, weil der Kläger die Ansparabschreibung nicht zeitnah, d.h. spätestens bis zur Erstellung seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, dokumentiert habe. Außerdem habe er nicht schlüssig vorgetragen, dass tatsächlich Investitionen in Höhe von 616 000 DM geplant gewesen seien.
Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie trugen vor, dass der Kläger zum Ende des Jahres 1995 sehr wohl die Absicht gehabt habe, die Investitionen durchzuführen. Zu dieser Zeit sei der Kläger auch in der Lage gewesen, die geplanten Investitionen zu finanzieren. Im Streitjahr 1995 hätten sich die erzielten Umsätze im Vergleich zum Vorjahr fast vervierfacht. Der Kläger habe die deutschlandweite Vermarktung medizinischer Therapiegeräte geplant und hieraus einen Umsatz in Höhe von rd. 1,8 Mio. DM und einen Gewinn in Höhe von 858 000 DM pro Jahr erwartet. Das Vorhaben habe sich durch eine unerwartet hohe zeitliche Belastung bei anderen geschäftlichen Aktivitäten des Klägers im Jahr 1996 verzögert. Gegen Ende 1997 hätten schließlich persönliche Gründe dazu geführt, dass das Gewerbe abgemeldet worden sei. Des Weiteren habe der Kläger auch alle buchhalterischen Voraussetzungen zur Bildung der Ansparabschreibung erfüllt. Entgegen der Ansicht des FA verlange § 7g Abs. 3 ff. EStG keine Zeitnähe in der Form, dass die Investitionsvorhaben spätestens bei Erstellung der Gewinnermittlung vollständig zu dokumentieren seien.
Dagegen wendete das FA ein, dass im Hinblick auf die Besonderheiten des Streitfalles an die Glaubhaftmachung der Investitionsabsicht erhöhte Anforderungen zu stellen seien. Im Zeitpunkt der Einreichung der Gewinnermittlung 1995 im April 1998 und der späteren Beantragung der Ansparabschreibung im Oktober 1998 habe bereits festgestanden, dass der Kläger die Investitionen nicht vornehmen würde. Ferner hätten die von ihm erklärten Umsätze und die angeblich geplanten Investitionen in einem krassen Missverhältnis gestanden. Für das im Jahr 1993 angemeldete Gewerbe habe der Kläger 1994 Verkaufs- und Provisionserlöse in Höhe von 26 998 DM und für 1995 in Höhe von 96 906 DM erklärt. Personal- und Anschaffungskosten seien in beiden Gewinnermittlungen nicht enthalten. Bei dieser Sachlage habe es nicht ausgereicht, dass der Kläger seine Investitionsabsicht behauptet und einen Investitionsplan eingereicht habe. Um die Ernsthaftigkeit einer entsprechenden Erweiterung seiner beruflichen Tätigkeit nachzuweisen, hätten zusätzliche Unterlagen vorgelegt werden müssen, wie z.B. Finanzierungspläne mit Kreditinstituten, betriebswirtschaftliche Auswertungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten eines finanziellen Engagements oder der Erforderlichkeit einer Einstellung von Personal. Letzteres ergebe sich daraus, das der Investitionsplan die Anschaffung von vier medizinischen Geräten und vier Lieferwagen enthalten habe. Deren Einsatz wäre nur bei der geplanten Einstellung von Mitarbeitern möglich gewesen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2000, 1309).
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid sowie die Einspruchsentscheidung mit der Maßgabe abzuändern, dass die gewerblichen Einkünfte des Klägers unter Berücksichtigung der Ansparabschreibung in Höhe von 245 000 DM der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
1. Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Ansparrücklage darf dabei 50 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Eine Ansparrücklage kann auch gebildet werden, wenn dadurch ―wie hier― ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 3 Satz 4 EStG). Spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs ist eine Ansparrücklage gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 EStG). Soweit die Auflösung nicht aufgrund der Vornahme der begünstigten Investition erfolgt, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in welchem die Rücklage bestanden hat, um 6 v.H. des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen.
Ermittelt der Steuerpflichtige ―wie im Streitfall― den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG die Absätze 3 bis 5 mit Ausnahme von Absatz 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln sind.
2. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob und ggf. wie nachzuweisen ist, dass eine Investition i.S. von § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 EStG "beabsichtigt" ist (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385). Der Steuerpflichtige ist daher entgegen der Auffassung des FG nicht gehalten, die Absicht einer Investition nachzuweisen. Allerdings muss die Investition ausreichend konkretisiert sein (BFH-Urteil vom 25. April 2002 IV R 30/00, BFH/NV 2002, 1097). Im Rahmen der zur Annahme einer "voraussichtlichen" Investition erforderlichen Prognose ist vor allem zu prüfen, ob die Investition überhaupt möglich ist. Letzteres hat das FG auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Ergebnis revisionsrechtlich einwandfrei verneint.
3. Der XI. Senat des BFH hat mit seinem Urteil in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385 entschieden: Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob und ggf. wie nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen ist, dass eine Investition tatsächlich beabsichtigt ist. Soweit im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 12. Dezember 1996 (BStBl I 1996, 1441, Tz. 3) verlangt werde, dass die Investitionsabsicht jeweils glaubhaft zu machen sei, ergebe sich aus den weiteren Erläuterungen, dass damit "im Kern die Bezeichnung der Investition im vorstehend dargelegten Sinne gemeint ist". Allerdings müsse die "voraussichtliche" Investition bei Bildung der Rücklage so genau bezeichnet werden, dass im Investitionsjahr festgestellt werden könne, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspreche, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet worden sei; es seien Angaben insbesondere zur Funktion des Wirtschaftsguts sowie zu den voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erforderlich. Die Bezeichnung müsse auch eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition enthalten.
Dem hat sich der IV. Senat in seinem Urteil in BFH/NV 2002, 1097 ―in diesem Punkte beiläufig― mit der Aussage angeschlossen, dass der Steuerpflichtige im Falle eines bestehenden Unternehmens nicht glaubhaft machen müsse, dass die Investition tatsächlich beabsichtigt sei. Um aber eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden, sei für erst noch zu eröffnende Betriebe zu verlangen, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sei. Sollen wie in jenem Urteilsfall die wesentlichen Betriebsgrundlagen des erst zu eröffnenden Betriebes angeschafft werden, setze das ihre verbindliche Bestellung voraus.
4. Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung an, dass das Gesetz den Nachweis einer Investitionsabsicht nicht verlangt. Indes setzt § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG voraus, dass ein Wirtschaftsgut in einem nachfolgenden Wirtschaftsjahr "voraussichtlich" angeschafft oder hergestellt werden wird. Das Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich" erfordert eine Prognoseentscheidung über künftiges Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen, die bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermitteln, aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags und bei Steuerpflichtigen, die ―wie im Streitfall― ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (vgl. § 7g Abs. 6 i.V.m. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG) aus der Sicht des Endes des Gewinnermittlungszeitraums zu treffen ist.
a) Dies steht im Einklang mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "voraussichtlich" in anderen gesetzlichen Bedeutungszusammenhängen, wo anhand gegenwärtiger Tatsachen zukünftige Verhältnisse zu prognostizieren sind. Ob z.B. der in § 19 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bezeichnete Umsatz im laufenden Kalenderjahr die gesetzliche Grenze "voraussichtlich nicht übersteigen wird", beantwortet sich aufgrund einer Prognoseentscheidung nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres (BFH-Urteil vom 7. März 1995 XI R 51/94, BFHE 177, 516, BStBl II 1995, 562; Abschn. 246 Abs. 3 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien ―UStR―). Die hiernach zu treffende Sachverhaltsannahme ist eine Schätzung (so ausdrücklich Art. 19 Abs. 3 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie "vorläufige Schätzung nach den voraussichtlichen Verhältnissen"), d.h. eine Feststellung des Sachverhalts aufgrund reduzierter Anforderungen an das Beweismaß (vgl. hierzu Senatsurteil vom 26. Februar 2002 X R 59/98, BFHE 198, 20, BStBl II 2002, 450, m.w.N.). Die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige die für die Anwendung des § 2 Abs. 1 EStG erforderliche Überschusserzielungsabsicht verfolgt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-)Prognose über die "voraussichtliche Dauer" der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und die in diesem Zeitpunkt voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen ab; für diese Prognose können ―und müssen― die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte liefern (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660). Gleiches gilt beispielsweise auch für die Annahme der "voraussichtlich" geschuldeten Jahressteuer (§ 37 Abs. 1 EStG), einer "voraussichtlichen" Wertminderung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder der "voraussichtlichen Nutzungsdauer" eines Wirtschaftsguts (vgl. R 44 Abs. 11 der Einkommensteuer-Richtlinien ―EStR― 2001).
b) Hieraus folgt, dass die "voraussichtliche" Investition von Gesetzes wegen hinreichend konkretisiert sein muss. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Der Tatbestand des § 7g Abs. 3 EStG ist unzweifelhaft dann nicht erfüllt, wenn die behauptete Investition zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht möglich ist; hiervon geht auch der XI. Senat in seinem Urteil in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385 aus.
c) Der XI. Senat des BFH hat in seiner Entscheidung ―beiläufig― darauf hingewiesen, auch für die Rücklagenbildung nach § 6b EStG komme es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige eine Reinvestition tatsächlich beabsichtigt oder "nach den betrieblichen Gegebenheiten dazu überhaupt in der Lage ist". Diese Aussage ist für die Auslegung des § 7g EStG nicht erheblich, weil § 6b EStG das Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich" nicht enthält.
d) Die vom erkennenden Senat befürwortete Auslegung des § 7g Abs. 3 EStG ist verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt geboten, dass es anderenfalls möglich wäre, die Ansparabschreibung "ins Blaue hinein" ohne Konkretisierung ―möglicherweise― mit der Wirkung in Anspruch zu nehmen, dass diese zur Erhöhung eines tarifbegünstigten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns führen würde. Eine durch objektivierte wirtschaftliche Gegebenheiten, an welche eine Prognose anknüpfen könnte, nicht gedeckte Minderung des steuerlichen Ergebnisses wäre unvereinbar mit der generell an Steuertatbestände zu stellenden Anforderung, dass der Gesetzgeber Belastungsgründe "möglichst unausweichlich" normieren muss (Urteile des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518; vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297-312, BStBl II 2000, 162). Das Erfordernis der Unausweichlichkeit ist vor allem Inhalt des Gleichheitssatzes, der die Belastungsgleichheit "nach den wirtschaftlich vorgefundenen Tatbeständen, die eine Steuerbelastung in ihren Unterschieden rechtfertigt", bemisst (P. Kirchhof, Steuer und Wirtschaft 2002, 1, 5). Entsprechendes gilt auch für die Regelung von Entlastungsgründen. Zwar hat der Gesetzgeber "Mitnahmeeffekten" durch die Regelung des Gewinnzuschlags nach § 7g Abs. 5 EStG entgegenwirken wollen. Die Wirkungsweise des von ihm installierten "sich selbst steuernden Regelkreises" würde indes versagen, wenn der Steuerpflichtige bei einer Rücklagenbildung in zeitlicher Nähe zur Betriebsaufgabe im Umfang dieses Bilanzansatzes de facto für eine Tarifvergünstigung optieren könnte. Daher ist dem FG darin zuzustimmen, dass die Förderung nach § 7g EStG nicht bereits dann gewährt werden darf, wenn der Steuerpflichtige formelle Mindestanforderungen an die Darlegung einer Investitionsabsicht erfüllt.
5. Nach diesen Maßstäben ist für den Streitfall davon auszugehen, dass die "voraussichtliche" Investition nicht hinreichend konkretisiert war.
a) Es kann dahin stehen, ob der vom Kläger bereits zum 1. November 1993 angemeldete Betrieb zum 31. Dezember 1995 das bloße Vorbereitungsstadium (die Phase der Betriebseröffnung) bereits überschritten hatte. Die in dieser Zeitspanne geltenden strengeren Anforderungen an die Konkretisierung der vorgeblich geplanten Investitionen gelten jedenfalls gleichermaßen für den Fall, dass der Steuerpflichtige durch diese Investitionen eine wesentliche Erweiterung seines bereits bestehenden Betriebes plant; die wesentliche Erweiterung ist in Anlehnung an die handelsrechtliche Wertung der "Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs" gleichzusetzen (vgl. § 269 des Handelsgesetzbuchs ―HGB―).
So liegt es im Streitfall. In der Zeitspanne bis zum 31. Dezember 1995 erreichte der Betrieb des Klägers gemessen an der von ihm nach eigenem Bekunden in kürzerer Frist (rd. zwei Jahre) angestrebten und gerade durch die hier streitigen Investitionsvorhaben herbeizuführenden Größe, welche die deutschlandweite Vermarktung medizinischer Therapiegeräte garantieren und mit dem entsprechenden Aufbau eines flächendeckenden Filialnetzes in zunächst vier Kernregionen (Berlin, Hamburg, München, Köln) verbunden sein sollte, ein sehr bescheidenes Ausmaß. Es handelte sich um einen "Einmann-Betrieb" ohne jeden Mitarbeiter und ohne (jedenfalls nennenswertes) materielles Anlagevermögen, welcher ―im Vergleich zu den nach der Einlassung des Klägers in näherer Zukunft intendierten Ergebnissen (Jahreserlöse in Höhe von ca. 1,8 Mio. DM; Jahresüberschüsse in Höhe von rd. 860 000 DM)― lediglich geringfügige Umsätze und Gewinne abwarf. Eine solche kurzfristig ins Auge gefasste beträchtliche Expansion des Betriebs setzte neben anderen Maßnahmen sächliche Investitionen (auch betreffend wesentlicher Betriebsgrundlagen) in einer Größenordnung voraus, die denen bei einer Neugründung von Betrieben durchaus vergleichbar sind oder zumindest nahe kommen. Dies dokumentiert denn auch der vom Kläger vorgelegte umfängliche "Investitionsplan" über die hier streitigen Investitionen. Unter den Gegebenheiten des Streitfalls hätte es zum Zwecke der gebotenen Konkretisierung der Investitionen des Nachweises seitens des Klägers bedurft, dass er die betreffenden Investitionsgüter am maßgeblichen Zeitpunkt (31. Dezember 1995) bereits "verbindlich bestellt" gehabt habe (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1097). Daran fehlt es.
b) Zwar hat das FG den Streitfall unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Investitionsabsicht beurteilt und entschieden. Es hat indes in diesem rechtlichen Kontext verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass nach den "objektiv äußeren Umständen" erhebliche Bedenken bestanden hätten, ob der Kläger die nach seiner Behauptung geplanten Investitionen in der vorgesehenen kurzen Zeit überhaupt hätte finanzieren können. Ferner hat das FG festgestellt, dass der Kläger die Ansparabschreibung nicht bereits in der ursprünglich eingereichten Gewinnermittlung, sondern erst im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid vom 8. Mai 1998 beantragt und dass er Gründe für die späte Geltendmachung des Wahlrechts nicht vorgebracht hat. Diese Feststellungen rechtfertigen die rechtliche Einschätzung, dass im Streitfall von "voraussichtlichen" Investitionen nicht die Rede sein kann.
6. Hiernach kann der Senat unerörtert lassen, ob die Anerkennung der streitigen Ansparrücklage auch unter dem Gesichtspunkt versagt werden könnte, dass zwischen der Bildung der Ansparabschreibung (-rücklage) und der Investition ein Finanzierungszusammenhang bestehen muss (näher hierzu BFH-Urteil vom 14. August 2001 XI R 18/01, BFH/NV 2002, 181).
Fundstellen
BFH/NV 2003, 250 |
BStBl II 2004, 184 |
BFHE 2003, 343 |
BFHE 200, 343 |
BB 2003, 140 |
DB 2003, 122 |
DB 2005, 2 |
DStR 2003, 147 |
DStRE 2003, 256 |
HFR 2003, 233 |
WPg 2003, 224 |
FR 2003, 248 |
Inf 2003, 161 |
SteuerBriefe 2003, 392 |
GStB 2003, 5 |
GStB 2003, 91 |
KFR 2003, 205 |
NWB 2003, 188 |
NWB 2005, 3045 |
BBK 2003, 100 |
EStB 2003, 49 |
StuB 2003, 127 |
ZAP 2003, 589 |
KÖSDI 2003, 13596 |
GuT 2004, 110 |
StSem 2004, 0 |
stak 2003, 0 |