Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses - Wechsel zwischen Barauszahlung und Überweisung des Arbeitslohns auf ein Oder-Konto
Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten ist im Sinne des BFH-Beschlusses vom 27.November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) insgesamt dann nicht durchgeführt, wenn der Arbeitslohn des Arbeitnehmer-Ehegatten wechselnd bar ausbezahlt und auf ein gemeinschaftliches Konto der Ehegatten überwiesen wurde (Anschluß an BFH-Urteil vom 21.Februar 1990 X R 80/88, BFHE 160, 27). Bar ausbezahlte Beträge können aber insoweit als Betriebsausgaben abziehbar sein, als die Barzahlungen in jeweils zusammenhängenden Zeiträumen geleistet wurden und aus dieser Zahlungsweise geschlossen werden kann, daß wenigstens in den Zeiträumen der Barauszahlungen die Einkommens- und Vermögenssphären der Eheleute klar und eindeutig getrennt waren. Dies ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; GewStG § 7
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Ehefrau (Klägerin) betrieb einen ...-Großhandel. Der Ehemann (Kläger) arbeitete als Betriebsleiter in ihrem Gewerbebetrieb mit. Das Arbeitsentgelt für den Ehemann wurde im Jahre 1978 für sieben Monate, im Jahre 1979 für sechs Monate und im Jahre 1980 für einen Monat bar ausbezahlt und im übrigen auf ein gemeinsames Konto der Eheleute überwiesen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte den für den Kläger gezahlten Arbeitslohn, den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherung und den Zuschuß zur Krankenversicherung nicht als Betriebsausgaben an und änderte sowohl die Einkommensteuerbescheide der Eheleute für 1978 und 1979 wie die Gewerbesteuermeßbescheide der Klägerin für 1978 bis 1980.
Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhobenen Klagen hatten Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah die gewählte Art der Überweisung und Auszahlung der strittigen Beträge als unschädlich an.
Mit seinen Revisionen rügte das FA unrichtige Anwendung des § 4 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Es beantragt, die Urteile des FG aufzuheben.
Die Kläger beantragen, die Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.
Nachdem der Beschluß des Großen Senats vom 27.November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) ergangen war, wurde den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie machten geltend, der hier vorliegende Sachverhalt sei mit demjenigen, der Anlaß zur Anrufung des Großen Senats gegeben habe, nicht vergleichbar. Hier seien die Löhne bar ausbezahlt worden.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen X R 29/87 (betreffend Einkommensteuer 1978 und 1979) und X R 30/87 (betreffend Gewerbesteuermeßbeträge 1978 bis 1980) werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§ 121, § 73 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Revisionen führen zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sachen an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat in BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160 im einzelnen dargelegt, daß und weshalb die Überweisung von Gehaltsbezügen des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein gemeinsames Konto (Oder-Konto) der Eheleute nicht als Betriebsausgabe (§ 4 Abs.4 EStG) abgezogen werden kann. Soweit solche Überweisungen im Streitfall stattgefunden haben, sind die Zahlungen von vornherein nicht als Betriebsausgaben abziehbar.
2. Soweit dem Kläger die Bezüge bar ausbezahlt wurden, sieht sich der erkennende Senat außerstande, die Frage der Abziehbarkeit dieser Zahlungen als Betriebsausgaben abschließend zu beurteilen.
a) Werden Bezüge dem Arbeitnehmer-Ehegatten durchgehend bar ausbezahlt, so werden diese Zahlungen in der Regel als Betriebsausgaben abziehbar sein. Derartige Zahlungsweisen sind auch unter Fremden üblich. Voraussetzung ist allerdings in diesen Fällen, daß die Zahlungen tatsächlich den Vermögens- und Einkommensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten verlassen haben und in denjenigen des Arbeitnehmer-Ehegatten übergegangen sind. Ob dies zutrifft, ist insbesondere dann zweifelhaft und in der Regel zu verneinen, wenn die Art der Auszahlung in der Weise schwankt, daß die Bezüge abwechselnd bar ausbezahlt und auf ein Oder-Konto der Eheleute oder auf ein Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen werden, auch wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte über dieses Konto verfügen kann.
b) Der erkennende Senat hatte in dem Urteil vom 21.Februar 1990 X R 80/88 (BFHE 160, 27) einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem der Arbeitslohn der Arbeitnehmer-Ehegattin im Laufe zweier Jahre jeweils dreimal auf ein Oder-Konto der Ehegatten überwiesen, im übrigen von einem betrieblichen Konto abgehoben wurde Der Senat hat das Arbeitsverhältnis insgesamt steuerrechtlich nicht anerkannt, aber die Frage aufgeworfen und offengelassen, wie zu entscheiden wäre, wenn Eheleute zunächst kontinuierlich eine bestimmte Art der Auszahlung oder Überweisung praktiziert haben, von einem bestimmten Zeitpunkt an aber durchgehend zu einer anderen Zahlungsart übergegangen sind. Im Urteilsfall lag ein solcher Sachverhalt nicht vor. Er ist auch in den Streitfällen nicht gegeben.
c) Die Barauszahlungen können als Betriebsausgaben auch insoweit abgezogen werden, als sie in jeweils zusammenhängenden Zeiträumen geleistet wurden und aus dieser Zahlungsweise sicher geschlossen werden kann, daß wenigstens in den Zeiträumen der Barauszahlungen die Einkommens- und Vermögenssphären der Eheleute klar und eindeutig getrennt waren. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, unterliegt der tatsächlichen Würdigung nach den Verhältnissen des Einzelfalls. In den Streitfällen reichen die tatsächlichen Feststellungen des FG zu einer abschließenden Beurteilung nicht aus. Deshalb waren die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben. Die Sachen sind nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nachholen und würdigen.
Fundstellen
Haufe-Index 63088 |
BFH/NV 1990, 68 |
BStBl II 1990, 908 |
BFHE 161, 54 |
BFHE 1991, 54 |
BB 1990, 2099 |
BB 1990, 2099-2100 (LT) |
DB 1990, 1947 (LT) |
DStR 1990, 635 (KT) |
HFR 1990, 676 (LT) |
StE 1990, 322 (K) |