Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung: Zugehörigkeit eines Miteigentumsanteils an einem der Betriebs-GmbH vermieteten Grundstück zum Betriebsvermögen des Besitzeinzelunternehmens
Leitsatz (amtlich)
Vermietet eine Eigentümergemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, ein Grundstück an die Betriebs-GmbH, ist die anteilige Zuordnung des Grundstücks zum Betriebsvermögen des Besitzeinzelunternehmens davon abhängig, ob die Vermietung an die Betriebs-GmbH durch die betrieblichen Interessen des Besitzunternehmens veranlasst ist oder die Erzielung möglichst hoher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezweckt. Ob die Überlassung des Grundstücks dem betrieblichen oder privaten Bereich zuzuordnen ist, ist unter Heranziehung aller Umstände des einzelnen Falles zu beurteilen.
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 745 Abs. 1 S. 2; EStG § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger betreibt eine Werkzeugmaschinenfabrik in Rechtsform der GmbH, an der er bis zum 31. Dezember 1999 zu 100 v.H. und seit dem 1. Januar 2000 zu 80 v.H. beteiligt ist. Seit dem 1. Januar 1982 vermietet er der GmbH Maschinen, die wesentliche Betriebsgrundlagen bei der GmbH sind. Die Einkünfte aus der Vermietung der Maschinen erklärte er im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als gewerbliche Einkünfte. Seit 1987 vermieteten die Kläger das im gemeinschaftlichen Eigentum zu je 50 v.H. stehende Grundstück B zunächst als Freifläche an die GmbH. In den Jahren 1990 bis 1992 errichteten sie auf dem Grundstück eine Halle, die sie seit dem 1. August 1991 zum Teil und nach Fertigstellung seit dem 1. Oktober 1992 vollständig an die GmbH vermietet haben. Die Klägerin ist keine Gesellschafterin der GmbH.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung für die Jahre 1989 bis 1991 behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) den hälftigen Anteil des Klägers an dem Grundstück als notwendiges Betriebsvermögen seines Besitzunternehmens, da es dem Zweck dieses Unternehmens, nämlich der Vermietung von wesentlichen Betriebsgrundlagen an ein bestimmtes Produktionsunternehmen, unmittelbar diene. Der Kläger focht die Änderungsbescheide, denen die Prüfungsergebnisse zugrunde lagen, nicht an und erklärte in den Folgejahren die hälftigen Vermietungseinnahmen als gewerbliche Einkünfte.
Wegen dieser Zuordnung erhoben die Kläger erstmals gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 2001 erfolglos Einspruch.
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, es handle sich bei dem dem Kläger zuzurechnenden Grundstücksteil nicht um notwendiges Betriebsvermögen seines Besitzeinzelunternehmens. Dem Mietvertrag des Grundstücks sei nicht zu entnehmen, dass die Vermietung des Grundstücks dazu bestimmt sei, der Vermietung der Maschinen durch das Besitzunternehmen des Klägers zu dienen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Maschinen bereits 1982, dagegen das Grundstück mit aufstehender Halle erst 1992 an die GmbH vermietet habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Maschinen objektiv nur zusammen mit dem Grundstück hätten vermietet werden können. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 189 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Die Vermietung von Wirtschaftsgütern wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann als eine über eine reine Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Unternehmen (Besitzunternehmen) mit dem mietenden Unternehmen (Betriebsunternehmen) sachlich und personell verflochten ist (Betriebsaufspaltung, z.B. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417).
a) Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Nur dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines gewöhnlichen Vermieters. Dieser Wille tritt am klarsten hervor, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind (sog. Beteiligungsidentität). Es genügt aber, dass die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, im Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen (BFH-Urteil in BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417, m.w.N.).
b) Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn es sich bei den vermieteten Wirtschaftsgütern für das Betriebsunternehmen um wesentliche Betriebsgrundlagen handelt. Das ist der Fall, wenn die Wirtschaftsgüter zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen (z.B. BFH-Urteil vom 23. September 1998 XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281).
2. Soweit der Kläger der GmbH Maschinen überlässt, ist eine Betriebsaufspaltung gegeben. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger im Besitz- wie im Betriebsunternehmen seinen Willen durchsetzen kann und der GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen überlassen hat. Mit der Vermietung der Maschinen an die GmbH erzielt er daher Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
3. Die Vermietung des Grundstücks durch die Kläger an die GmbH begründet keine weitere Betriebsaufspaltung. Das mit einer Halle bebaute Grundstück stellt zwar für die GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Denn eine sachliche Verflechtung liegt bei der Nutzung eines Gebäudes vor, wenn der Betrieb der Betriebsgesellschaft ein Gebäude dieser Art benötigt, das Gebäude für den Betriebszweck geeignet ist und es die räumliche und funktionale Grundlage des Betriebes bildet. Mietet der Geschäftsführer einer GmbH ein Gebäude zu diesem Zweck an, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass es für den Betrieb erforderlich ist (BFH-Urteile vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621, und vom 20. April 2004 VIII R 13/03, BFH/NV 2004, 1253, jeweils m.w.N.).
Es mangelt aber an einer personellen Verflechtung. Der Kläger beherrscht die Grundstücksgemeinschaft nicht, weil er an ihr nur zu 50 v.H. beteiligt ist. Bei der Bruchteilsgemeinschaft entscheidet, sofern keine abweichenden Vereinbarungen getroffen werden, die Stimmenmehrheit. Diese ist nach der Größe der Anteile zu berechnen (§ 745 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Da der Kläger lediglich hälftiger Miteigentümer des der GmbH überlassenen Grundstücks ist, verfügt er nicht über die Stimmenmehrheit. Es sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, die eine von den Eigentumsverhältnissen abweichende Vereinbarung erkennen lassen. Allein der Umstand, dass die Kläger Eheleute sind, führt nicht zu der Annahme, sie verfolgten gemeinsame Interessen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 20/98, BFHE 187, 260, BStBl II 1999, 445, m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des BFH ist allerdings dann von gleichgerichteten Interessen auszugehen, wenn an der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft dieselben Personen beteiligt sind, und zwar auch dann, wenn die Gesellschafter an der Besitz- und Betriebsgesellschaft unterschiedlich beteiligt sind, es sei denn, es handelt sich um krass unterschiedliche Beteiligungen (BFH-Urteile vom 12. Oktober 1988 X R 5/86, BFHE 154, 566, BStBl II 1989, 152, und in BFHE 187, 260, BStBl II 1999, 445). Da die Klägerin keine Anteile an der GmbH hält, liegt diese Voraussetzung jedoch nicht vor.
4. Ob der Miteigentumsanteil des Klägers am Gebäude und am Grundstück als Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1 EStG) auszuweisen ist, kann anhand der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilt werden.
a) Zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören alle Wirtschaftsgüter, die das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft überlässt, denn die Vermietung von Wirtschaftsgütern an die Betriebsgesellschaft prägt die Tätigkeit des Besitzunternehmens. Werden daher dem Besitzunternehmen von einer Eigentümergemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, Wirtschaftsgüter zur Weitervermietung an die Betriebsgesellschaft überlassen, sind diese in Höhe des Miteigentumsanteils des Besitzunternehmers als Betriebsvermögen auszuweisen.
Die Grundstücksgemeinschaft hat das Grundstück jedoch nicht dem Besitzeinzelunternehmen des Klägers überlassen, sondern hat es selbst an die GmbH vermietet. Es dient daher nicht unmittelbar dem Betrieb des Besitzunternehmens.
b) Zum notwendigen Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft gehören jedoch nicht nur Wirtschaftsgüter, die dem Besitzunternehmen unmittelbar dienen, sondern auch solche, die dazu bestimmt sind, die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen (BFH-Urteile vom 7. März 1978 VIII R 38/74, BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378; in BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281, m.w.N.; vom 19. Oktober 2000 IV R 73/99, BFHE 193, 354, BStBl II 2001, 335).
Vermietet eine Eigentümergemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, Wirtschaftsgüter an die Betriebs-GmbH, kann dies aus Sicht des Besitzeinzelunternehmers dazu dienen, die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen. Ist dies der Fall, ist sein Miteigentumsanteil am vermieteten Wirtschaftsgut beim Besitzunternehmen als notwendiges Betriebsvermögen zu erfassen, und zwar als ideeller Anteil an dem Sachwert (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung ―AO 1977―; BFH-Urteil vom 8. März 1990 IV R 60/89, BFHE 160, 443, BStBl II 1994, 559).
Der Besitzeinzelunternehmer kann mit der Vermietung jedoch auch einen anderen Zweck verfolgen, etwa möglichst hohe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. In diesem Fall ist das anteilige Eigentum des Besitzunternehmers am Wirtschaftsgut nicht dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens, sondern seinem privaten Bereich zuzuordnen (a.A. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 15 Rz. 873).
Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschafter einer Besitzpersonengesellschaft der Betriebs-GmbH ein Grundstück überlässt. Auch hier hält die Rechtsprechung einen gleichrangigen, neben dem Interessenbereich der Gesellschaft stehenden eigenen Interessenbereich des Gesellschafters für möglich und zählt das Grundstück nur dann zum Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters bei der Besitzpersonengesellschaft, wenn die Überlassung des Wirtschaftsgutes durch den Betrieb der Besitz-Personengesellschaft veranlasst ist (BFH-Urteile vom 13. Oktober 1998 VIII R 46/95, BFHE 187, 425, BStBl II 1999, 357, und vom 10. Juni 1999 IV R 21/98, BFHE 189, 117, BStBl II 1999, 715).
c) Ob die Überlassung des Grundstücks dem betrieblichen oder privaten Bereich zuzuordnen ist, ist unter Heranziehung aller Umstände des einzelnen Falles zu beurteilen.
Indizien für den Veranlassungszusammenhang der Nutzungsüberlassung mit den betrieblichen Interessen des Besitzunternehmens können sich daraus ergeben, dass das Nutzungsverhältnis eindeutig durch die Interessen der Betriebskapitalgesellschaft bestimmt wird. Dies trifft z.B. zu, wenn der Betriebs-GmbH ein Wirtschaftsgut zu Bedingungen überlassen wird, die nicht dem unter Fremden Üblichen entsprechen oder wenn das Wirtschaftsgut seiner Zweckbestimmung nach nur an das Betriebsunternehmen vermietet werden kann oder wenn es für das Betriebsunternehmen unverzichtbar ist. Indizien für eine betriebliche Veranlassung können aber auch aus Umständen hergeleitet werden, die mit dem Besitzunternehmen selbst zusammenhängen, z.B. wenn die Nutzungsüberlassung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung der Betriebsaufspaltung steht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 187, 425, BStBl II 1999, 357, und in BFHE 189, 117, BStBl II 1999, 715).
Für die private Veranlassung der Gebrauchsüberlassung kann sprechen, wenn der Mietvertrag erst längere Zeit nach der Betriebsaufspaltung geschlossen wird oder der Besitzunternehmer zivilrechtlich keinen oder nur geringen Einfluss auf die Beschlüsse der Grundstücksgemeinschaft nehmen kann. Bei einer Miteigentumsquote von 50 v.H. kann der Besitzunternehmer seinen Willen in der Grundstückgemeinschaft zwar nicht durchsetzen, aber ein Tätigwerden des anderen Miteigentümers gegen seine Interessen verhindern. Ferner kann er, wenn das Grundstück der Betriebs-GmbH auf unbestimmte Zeit vermietet wird, verhindern, dass der Mietvertrag gekündigt wird. Je geringer die Beteiligung des Besitzunternehmers an der Grundstücksgemeinschaft, umso eher ist ―falls nicht abweichende Vereinbarungen den Einfluss des Besitzunternehmers sicherstellen― davon auszugehen, dass mit der Grundstücksüberlassung ein von der Betriebsaufspaltung losgelöster eigenständiger Zweck, etwa die Erzielung von hohen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, verfolgt wird.
d) Das FG hat allein aus dem Umstand, dass die Halle erst Jahre nach Begründung der Betriebsaufspaltung an die GmbH vermietet wurde, auf eine private Veranlassung der Nutzungsüberlassung geschlossen. Dies kann jedoch nur als ein Indiz für die Zuordnung zum privaten Bereich gewertet werden, das eine umfassende Ermittlung der Einzelumstände der Nutzungsüberlassung und ihre Abwägung nicht entbehrlich macht. Zudem spricht eine Vermietung des Betriebsgrundstückes durch die Grundstücksgemeinschaft erst Jahre nach Begründung der Betriebsaufspaltung dann nicht gegen eine betriebliche Veranlassung der Nutzungsüberlassung, wenn ―wie hier nach Aktenlage der Fall― die Betriebsgesellschaft ihr Unternehmen zuvor auf einem anderen Grundstück betrieben hat, das ihr ebenfalls von der Grundstücksgemeinschaft vermietet worden war. Das FG hat die Umstände der Nutzungsüberlassung nicht ermittelt und gegeneinander abgewogen. So hat es z.B. nicht festgestellt, ob das Grundstück mit Halle zu drittüblichen Bedingungen überlassen wurde, auf die besonderen Belange der GmbH zugeschnitten oder für den Betrieb der GmbH gar unverzichtbar war.
Die fehlenden Feststellungen des FG sind ein materieller Fehler, der zur Aufhebung des Urteils führt (BFH-Urteil vom 27. April 1999 III R 21/96, BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1316976 |
BFH/NV 2005, 614 |
BStBl II 2005, 340 |
BFHE 2005, 215 |
BFHE 208, 215 |
BB 2005, 1145 |
DB 2005, 534 |
DB 2007, 8 |
DStR 2005, 366 |
DStRE 2005, 368 |
DStZ 2005, 175 |
HFR 2005, 425 |