Leitsatz (amtlich)
1. Ausschluss eines Angebots, das den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht.
2. Ein Fehler im Leistungsverzeichnis, der dazu führt, dass kein Bieter in dieser Position ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgegeben hat, zwingt nicht zur Aufhebung der Ausschreibung, wenn es sich dabei um ein untergeordnetes technisches Detail eines einzelnen Gerätes im Rahmen einer umfangreichen Ausschreibung handelt.
3. Zu Rahmenvereinbarungen zugunsten Dritter im Zusammenhang mit der landesweiten sukzessiven Einrichtung von Rettungsleitstellen.
Normenkette
VOL/A § 16 Nr. 2, § 21 Nr. 1 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Nr. 1d, § 25 Nr. 1 lit. a, § 25 Nr. 1 lit. d; ILSG Art. 1
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 14.12.2004; Aktenzeichen 120.3-3194.1-68-10/04) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 14.12.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 GWB trägt die Antragstellerin.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 121.339 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Freistaat Bayern beabsichtigt den Aufbau von 26 flächendeckend arbeitenden Leitstellen für Rettungsdienste und Feuerwehr sowie die Einrichtung einer Lehrleitstelle an einer Staatlichen Feuerwehrschule zur landeseinheitlichen Schulung der Mitarbeiter. Zu diesem Zweck schrieb das Staatliche Hochbauamt (im Folgenden Vergabestelle) am 26.5.2004 EURpaweit im Offenen Verfahren nach VOL/A IT-Leistungen aus. In der Bekanntmachung heißt es hierzu:
"Abschnitt II: Auftragsgegenstand
(...)
II.1.6. Beschreibung/Gegenstand des Auftrags: Staatliche Feuerwehrschule (SFSG). Einrichtung einer Lehrleitstelle. GU-Vertrag: IT-Ausstattung Lehrleitstelle SFSG mit übertragbarer ELS-Software (Einsatzleitsystem, Kommunikationstechnik (Hardware, Software), Einsatzleitplätze für die Ausbildung, Aufsicht, Regie und für die Aufnahmeabfrageplätze. Ausbau als integriertes IT-System. Übertragbare Nutzungsrechte für die ELS-Software auf 26 integrierte Leitstellen in Bayern).
(...)
II.2. Menge oder Umfang des Auftrags
II.2.1. Gesamtmenge bzw. -umfang: Lieferung und Installation eines integrierten Einsatzleit- und Kommunikationssystems für eine integrierte Leitstelle mit Ausbildungsfunktion, bestehend aus:
(...)
II.2.2. Optionen. Beschreibung und Angabe des Zeitpunkts, zu dem sie wahrgenommen werden können: Angebot über die Implementierungs- (Schulung, Installation) und Wartungsleistungen bzgl. der ELS-Software zugunsten der jeweiligen Betreiber von 26 weiteren integrierten Leitstellen (wird im Rahmen des Preises als Folgekosten gewertet)."
Die Verdingungsunterlagen enthalten in Titel 1 bis 4 die Leistungsbeschreibung zu Ziff. II.2.1) der Ausschreibung. Titel 5 der Verdingungsunterlagen, der die Leistungsanforderungen gem. Ziff. II.2.2) der Ausschreibung näher festlegt, enthält folgenden Vorspann:
"Die Beauftragung der Leistungen erfolgt nicht durch den Auftraggeber dieser Ausschreibung. Der Auftragnehmer verpflichtet sich vielmehr mit Abgabe dieses Angebots, einen Vertrag mit den Betreibern der weiteren ILS in Bayern (vgl. Anl. 1 zum LV 1 Pflichtenheft "Leitstellenbereiche") zu Bedingungen dieses Angebots, soweit einschlägig, abzuschließen. Diese Verpflichtung gilt bis zum 31.12.2009."
Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben Angebote ab. Mit Schreiben vom 6.10.2004 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin gem. § 13 VgV mit, dass deren Angebot gem. § 25 Nr. 1 VOL/A von der Wertung ausgeschlossen werde, da es wesentliche Preisangaben nicht enthalte und außerdem unzulässige Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden seien. Weder im Kurz- noch im Lang-Leistungsverzeichnis seien die für Titel 5 geforderten Preiseintragungen enthalten. Für die Position 1.1.41 habe die Antragstellerin einen Farbscanner mit einer Auflösung von 600 × 600 dpi statt der geforderten Auflösung von mindestens 1.600 × 3.200 dpi angeboten. Zu den Positionen 1.1.31, 1.1.34 und 1.1.35 seien nur DVD/CD-Rom-Laufwerke mit Geschwindigkeiten von 16/40-fach statt der geforderten 12/48-fach angeboten worden. Ein Angebot für ein CD-Rom-Laufwerk (Position 2.9.1) fehle vollständig. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.
Mit Schreiben vom 11.10.2004 widersetzte sich die Antragstellerin vergeblich dem Ausschluss ihres Angebots. Am 15.10.2004 hat sie Nachprüfungsantrag mit dem Ziel gestellt, dem Antragsgegner aufzugeben, das Angebot der Antragstellerin wieder in die Wertung aufzunehmen und die Wertung der Angebote zu wiederholen, hilfsweise dem Antragsgegner aufzugeben, die Ausschreibung aufzuheben. Zudem begehrt sie, dem Antragsgegner zu untersagen, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Sie wendet - wie bereits im Schreiben vom 11.10.2004 - ein, sie habe ein vollständiges, auch Titel 5 umfassendes Angebot eingereicht und sich auch ansonsten an sämtliche Vorgaben der Verdingungsunterlagen gehalten...