Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft iS des § 71 Abs 3 SGB 11. Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die Pflegekasse

 

Orientierungssatz

1. Zur Zulässigkeit der Klage einer ausgebildeten Altenpflegerin gegen die Pflegekasse auf Feststellung, dass sie die Voraussetzungen einer verantwortlichen Pflegefachkraft für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen gem § 71 Abs 3 SGB 11 erfüllt.

2. Ein individueller Anspruch gegenüber der Pflegekasse auf Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft gem § 71 Abs 3 SGB 11 besteht nicht. Ein formelles Anerkennungsverfahren gem § 71 Abs 3 SGB 11 ist nicht gegeben. Die Voraussetzungen, die eine Pflegefachkraft erfüllen muss, sind erst zu prüfen, wenn der Abschluss eines Versorgungsvertrages begehrt wird.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.05.2011; Aktenzeichen B 3 P 5/10 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung der Klägerin als Pflegefachkraft.

Die Klägerin forderte die Beklagten mit Schreiben vom 4. Februar 2008 auf, sie als Pflegekraft im Sinne des § 71 Abs. 3 des Elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) anzuerkennen und setzte den Beklagten hierfür eine Frist bis zum 11. Februar 2008. Sie besitze die im Gesetz vorgeschriebene Ausbildung und Berufserfahrung.

Mit der Klage vom 29. Februar 2008 machte die Klägerin weiterhin geltend, sie verfüge über die im SGB XI geforderte praktische Berufserfahrung. Es gehe nicht an, dass erst im Zusammenhang mit der Vergabe des Versorgungsvertrages geprüft werde, ob die Mitarbeiter die Voraussetzungen des § 71 SGB XI erfüllten.

Die Beklagte erklärte im Schreiben vom 15. April 2008, es bestehe kein Anspruch auf Anerkennung als Pflegedienstleitung. Die Voraussetzungen, die eine Pflegefachkraft zu erfüllen habe, ergäben sich allein aus dem Gesetz und seien erst zu prüfen, wenn der Abschluss eines Versorgungsvertrages begehrt werde.

Die Klägerin wandte mit Schreiben vom 24. Juli 2008 ein, die Beklagte habe in einem Schreiben vom 26. Oktober 2007 an eine Pflegefachkraft die Anerkennungsvoraussetzungen fiktiv überprüft.

Mit Urteil vom 14. Oktober 2008 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab. Die Kammer lasse die Frage der Zulässigkeit der Feststellungsklage offen, da die Klage jedenfalls unbegründet sei. Ein Anspruch auf Anerkennung als Pflegefachkraft ergebe sich weder aus § 71 Abs. 3 SGB XI noch aus dem Grundgesetz. § 71 Abs. 3 SGB XI sei dann von Bedeutung, wenn eine Pflegeeinrichtung eine vertragliche Zulassung nach § 72 SGB XI begehre. Aus der Stellung der §§ 71 und 72 SGB XI im Gesetz ergebe sich eindeutig, dass es sich hier nicht um individuelle Ansprüche von Arbeitnehmern handeln könne, sondern vielmehr um Qualitätsanforderungen an die als Leistungserbringer zugelassenen stationären Pflegeeinrichtungen. Die Klägerin habe vom 1. November 2007 bis 28. Februar 2008 als verantwortliche Pflegedienstleiterin gearbeitet und damit bewiesen, dass auch ohne einen formalen Akt der Anerkennung eine Berufsausübung grundsätzlich möglich sei. Dass die Klägerin, bedingt durch die Dauer der Ausbildung, möglicherweise nicht mehr die Voraussetzungen des § 71 SGB XI erfülle, der in einer Rahmenfrist von fünf Jahren eine zweijährige Tätigkeit fordere, ändere nichts an der Rechtslage. Denn für die staatliche Anerkennung eines Ausbildungsabschlusses seien die Pflegekassen nicht zuständig.

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin geltend, da in Bayern keine staatlich anerkannte Weiterbildungsmöglichkeit bestehe, könne eine Pflegeeinrichtung nicht anhand von vorgelegten Zeugnissen objektiv prüfen, ob ein Arbeitnehmer den Anforderungen einer Pflegedienstleiterin entspreche. Die Klägerin müsse aber wissen, ob sie die Voraussetzungen für die Übernahme einer Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft erfülle. § 71 Abs. 3 SGB XI stelle eine eigenständige Anspruchsgrundlage des Arbeitnehmers auf Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft dar. Die Voraussetzungen seien unabhängig vom Abschluss eines Versorgungsvertrages zu prüfen. Die Klägerin sei im Übrigen in ihrer subjektiven Berufswahlfreiheit gemäß Art. 12 Grundgesetz eingeschränkt, wenn § 71 Abs. 3 SGB XI keine eigenständige Anspruchsgrundlage darstelle.

Nur wenn losgelöst von einem Versorgungsvertrag geprüft werden könne, ob die Voraussetzung für eine Anerkennung als Pflegefachkraft vorliege, sei gewährleistet, dass Arbeitnehmer ihren Beruf als Pflegefachkraft frei wählen könnten.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen festzustellen, dass sie die Voraussetzungen einer verantwortlichen Pflegefachkraft für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen gemäß § 71 Abs. 3 SGB XI erfüllt.

Die Beklagten beantragen,

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