Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung freier Tage für Feiertage bei Schichtarbeit

 

Orientierungssatz

1. Auslegung des § 4 Ziffer 9 des Manteltarifvertrages für die Zementindustrie in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 20.4.1979.

2. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nur dann vor, wenn ein Arbeitgeber gleichliegende Fälle aus unsachlichen oder sachfremden Gründen ungleich behandelt und deshalb eine willkürliche Ungleichbehandlung vorliegt. Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist demgemäß, daß es sich um vergleichbare Fallgestaltungen handelt. Insoweit fehlt es an der Vergleichbarkeit zwischen Wechselschicht leistenden und Normal- bzw Tagschicht leistenden Arbeitnehmern.

 

Normenkette

TVG § 1; BGB § 242; FeiertLohnzG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 18.03.1987; Aktenzeichen 6 Sa 788/86)

ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 28.11.1986; Aktenzeichen 2a Ca 565/86)

 

Tatbestand

Der Kläger arbeitet bei der Beklagten in Wechselschicht. Je eine Woche ist er in der Früh-, Spät- und Nachtschicht eingesetzt. In der vierten Woche hat er frei. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Zementindustrie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (MTV) in der jeweils gültigen Fassung aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. Bis zum 1. Oktober 1984 war die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden im Betrieb der Beklagten entsprechend einer Tariföffnungsklausel in § 4 Ziffer 2 MTV i.d.F. vom 20. April 1979 durch Vereinbarung mit dem Betriebsrat für Wechselschicht leistende Arbeitnehmer auf 42 Stunden ausgedehnt. Fiel die nach dem Schichtplan zu gewährende Freizeit auf einen gesetzlichen Wochenfeiertag, an dem für die nicht unter § 4 Ziffer 2 MTV fallende Belegschaft der Arbeitszeitausfall zu bezahlen war, so gewährte die Beklagte dem Kläger wie den übrigen 42 Stunden wöchentlich Wechselschicht leistenden Arbeitnehmern nach § 4 Ziffer 9 MTV einen Arbeitstag als zusätzliche Freizeit ohne Verdienstminderung.

Aufgrund einer Betriebsvereinbarung wurden ab 1. Oktober 1984 Arbeitnehmer in der Wechselschicht nur noch 40 Stunden im Verteilungszeitraum wöchentlich eingesetzt. Die schichtplanmäßige Verteilung der Arbeitszeit innerhalb von vier Wochen änderte sich dadurch für den Kläger nicht. Aufgrund von Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien am 19. März 1985 wurde in einer Ergebnisniederschrift festgehalten, daß § 4 Ziffer 2 MTV gestrichen werde. Zu einem entsprechenden Tarifabschluß ist es bisher nicht gekommen, da keine Einigung über eine anderweitige Regelung erzielt werden konnte.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage einen Tag bezahlte Freizeit nach § 4 Ziffer 9 MTV, weil er am Neujahrstag des Jahres 1986, der auf einen Mittwoch fiel, schichtplanmäßig frei hatte. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm der tarifliche Anspruch auf bezahlte Freizeit für einen Wochenfeiertag, der in die Zeit seiner schichtplanmäßigen Freizeit falle, nach § 4 Ziffer 9 MTV zustehe. Zwar fehle es an der tariflichen Voraussetzung der Ausdehnung der wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit nach § 4 Ziffer 2 MTV. Die tarifliche Bestimmung des § 4 Ziffer 9 MTV sei aber trotzdem anzuwenden. Nach ihrem Sinn und Zweck erfasse sie alle Wechselschicht leistenden Arbeitnehmer. Diesen solle durch die zusätzliche Freizeit ein Ausgleich dafür gewährt werden, daß sie an einem Wochenfeiertag schichtplanmäßig ohnehin nicht zu arbeiten brauchten, während Arbeitnehmer, die nicht Wechselschicht leisteten, an diesem Tag unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts von der Arbeitsleistung freigestellt würden. Ihm dürfe kein Nachteil dadurch entstehen, daß er drei Wochen lang für die vierte Woche vorgearbeitet habe. Dies ergebe sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

ist, ihm für den in seine Freiwoche fallenden

Neujahrstag 1986 einen Tag bezahlte Freizeit

zu gewähren.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß dem Kläger ein Tag bezahlte Freizeit für den Neujahrstag 1986 nicht zustehe. Die zusätzliche Freizeit nach § 4 Ziffer 9 MTV sei nur den Arbeitnehmern in Wechselschicht zu gewähren, deren Arbeitszeit nach § 4 Ziffer 2 über wöchentlich 40 Stunden hinaus ausgedehnt worden sei. Diese Voraussetzung sei entfallen, nachdem aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 1. Oktober 1984 auch Arbeitnehmer in Wechselschicht nur noch 40 Stunden pro Woche im Verteilungszeitraum beschäftigt worden seien. Nach Streichung des § 4 Ziffer 2 MTV sei § 4 Ziffer 9 MTV außerdem gegenstandslos geworden. Die Vorschrift des § 4 Ziffer 9 MTV sei nur deshalb nicht geändert worden, weil es Betriebe gebe, die im Einvernehmen mit dem Betriebsrat weiterhin in Wechselschicht bis zu 42 Stunden wöchentlich arbeiteten. Der Sinn und Zweck der zusätzlichen Freizeitgewährung nach § 4 Ziffer 9 MTV habe darin bestanden, den Arbeitnehmern in Wechselschicht, die in einem Vier-Wochen-Rhythmus acht Stunden mehr leisteten als die Arbeitnehmer ohne Wechselschicht, für diese erweiterte Arbeitsleistung einen Freizeitausgleich zu gewähren, ohne daß sich an der Lohnhöhe etwas geändert hätte. Dieses Bedürfnis sei weggefallen, nachdem auch die Wechselschicht leistenden Arbeitnehmer nur noch 40 Stunden pro Woche eingesetzt worden seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht ein Anspruch auf einen Tag bezahlte Freizeit als Ausgleich für den Neujahrstag 1986, an dem er schichtplanmäßig nicht zu arbeiten brauchte, nach § 4 Ziffer 9 des Manteltarifvertrages für die Zementindustrie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (MTV) nicht zu.

Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Zwar hätte der Kläger seinen Klageantrag mit gleichbleibendem Inhalt auch als Leistungsantrag stellen können. Bei einer entsprechenden Verurteilung wäre jedoch ebenso wie bei einem entsprechenden Feststellungsurteil unbestimmt geblieben, zu welchem Zeitpunkt die Freizeit zu gewähren ist. Im Hinblick darauf ist es zulässig, die zwischen den Parteien allein umstrittene Frage, ob dem Kläger überhaupt ein Anspruch auf einen Tag bezahlte Freizeit zusteht, mit einem Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung zu stellen.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Zementindustrie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 TVG).

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nach § 4 Ziffer 9 MTV zusteht. Dazu hat es ausgeführt, zwar lägen die Voraussetzungen nach dem Wortlaut des § 4 Ziffer 9 MTV nicht vor, da der Kläger am 1. Januar 1986 nicht mehr in einer Wechselschicht nach § 4 Ziffer 2 MTV gearbeitet habe. Die tarifliche Bestimmung des § 4 Ziffer 9 MTV sei nach Streichung des § 4 Ziffer 2 MTV ab 1. April 1985 nach ihrem Sinn und Zweck jedoch dahin auszulegen, daß der Anspruch auf bezahlte Freizeit allen Wechselschicht leistenden Arbeitnehmern zustehen solle, bei denen ein gesetzlicher Wochenfeiertag auf einen schichtplanmäßig freien Tag falle. Dieses Ergebnis rechtfertige sich auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da Wechselschichtarbeiter ohne den zusätzlichen Freizeitausgleich gegenüber Tagschichtlern benachteiligt würden.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht zugestimmt werden. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Entscheidung des Rechtsstreits der Manteltarifvertrag in der Fassung vom 20. April 1979 ohne die vermeintliche Änderung zum 1. April 1985 zugrunde zu legen. Zwar haben die Tarifvertragsparteien in der Ergebnisniederschrift der Verhandlungen vom 19. März 1985 festgehalten, daß die Vorschrift des § 4 Ziffer 2 MTV in der Fassung vom 20. April 1979, die wegen ihrer Bezugnahme in § 4 Ziffer 9 MTV für die rechtliche Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs bedeutsam ist, mit Wirkung zum 1. April 1985 gestrichen wird. Damit ist eine Tarifänderung jedoch noch nicht eingetreten. Die Ergebnisniederschrift hat nämlich keinen normativen Charakter (vgl. BAG Urteil vom 3. Dezember 1986 - 4 AZR 19/86 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). In ihr haben die Tarifvertragsparteien lediglich den Willen bekundet, daß sie eine entsprechende Tarifänderung durchführen wollen. Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt haben, ist es jedoch bisher zu keinem Tarifabschluß über die Streichung bzw. eine anderweitige Regelung des § 4 MTV in Ziffer 2 und in Ziffer 9 gekommen. Damit sind für die Entscheidung des Rechtsstreits folgende tariflichen Bestimmungen heranzuziehen:

§ 4 (Arbeitszeit)

1. Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der

Ruhepausen darf täglich - dem Grundsatz nach 8

Stunden und wöchentlich 40 Stunden nicht überschreiten.

.........

2. Bei Arbeiten, die werktags und sonntags einen ununterbrochenen

Fortgang erfordern, kann im Einvernehmen mit

dem Betriebsrat die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

einschließlich der Sonntagsarbeit ausgedehnt

werden. Die hierfür aufzustellenden Schichtpläne

können sich über einen Verteilungszeitraum von

mehreren Wochen erstrecken. Innerhalb dieses Verteilungszeitraums

darf die regelmäßige wöchentliche

Arbeitszeit einschl. der Sonntagsarbeit 42 Stunden

nicht überschreiten.

.......

9. Fällt die bei in Wechselschicht arbeitenden Arbeitnehmern

gem. § 4 Ziff. 2 nach dem Schichtplan zu gewährende

Freizeit auf einen gesetzlichen Wochenfeiertag,

an dem für die nicht unter § 4 Ziff. 2 fallende

Belegschaft der Arbeitszeitausfall zu bezahlen ist,*

so ist als zusätzliche Freizeit in der gleichen oder

der darauffolgenden Woche ein anderer Arbeitstag

zu gewähren, ohne daß im Verteilungszeitraum ein

Verdienstausfall entsteht.**

Ist das nicht möglich, so ist dieser Tag abzugelten

oder der Urlaub entsprechend zu verlängern. Bei gewerblichen

Arbeitnehmern erfolgt die Berechnung gem.

§ 21.

Die Regelung der Ziff. 9 gilt nur außerhalb des

Urlaubs.

* Arbeitnehmer in vollkontinuierlicher Wechselschicht

haben Anspruch auf § 4 Ziff. 9, sofern mehr als 50 %

der nicht unter § 4 Ziff. 2 fallenden Arbeitnehmer

Lohn- bzw. Gehaltsausfall erhalten.

** Wird ein Wechselschichtarbeitnehmer gem. § 4 Ziff. 2

an einem schichtfreien Tag zur Arbeit herangezogen

und fällt dieser Tag auf einen Feiertag, dann hat er

nach Auffassung der Tarifvertragsparteien trotzdem

Anspruch auf eine erneute Freistellung im Sinne des

§ 4 Ziff. 9. Bei der Beurteilung dieses Tatbestandes

kommt es auf den Wortlaut der Ziff. 9 an, nach dem

es ausschließlich auf den Schichtplan des betroffenen

Arbeitnehmers ankommt.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Ziff. 9 MTV ist Voraussetzung für den zusätzlichen Freizeittag, daß die bei in Wechselschicht arbeitenden Arbeitnehmern gemäß § 4 Ziff. 2 MTV nach dem Schichtplan zu gewährende Freizeit auf einen gesetzlichen Wochenfeiertag fällt. § 4 Ziff. 2 MTV erlaubt die Aufstellung von Schichtplänen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, unter Ausdehnung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit auf Sonntage und bis zu 42 Stunden wöchentlich im Verteilungszeitraum. Aus der Bezugnahme auf die nach § 4 Ziff. 2 MTV aufgestellten Schichtpläne in § 4 Ziff. 9 MTV folgt eindeutig, daß die Tarifvertragsparteien einen zusätzlichen bezahlten freien Tag für gesetzliche Wochenfeiertage, die in die schichtplanmäßige Freizeit fallen, nur für solche Schichtarbeiter gewähren wollten, bei denen die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als 40 Stunden, bis höchstens 42 Stunden im Verteilungszeitraum ausgedehnt ist. Diese Voraussetzung lag beim Kläger für den Neujahrstag 1986 unstreitig nicht mehr vor, nachdem aufgrund der Betriebsvereinbarung ab 1. Oktober 1984 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Verteilungszeitraum nicht mehr über 40 Stunden hinaus ausgedehnt worden war.

Der Senat vermag dem Landesarbeitsgericht, das die tarifliche Vorschrift des § 4 Ziff. 9 MTV entgegen ihrem Wortlaut auf alle Wechselschicht leistenden Arbeitnehmer ausdehnt, nicht zu folgen. Die Tarifvertragsparteien haben in § 4 Ziffer 2 MTV allein die Möglichkeit eröffnet, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Sonntagsarbeit auf 42 Stunden wöchentlich im Verteilungszeitraum auszudehnen. Nur für diese spezielle Schichtplanregelung haben sie in § 4 Ziff. 9 MTV zusätzliche bezahlte Freizeit für die in Freischichten fallenden gesetzlichen Wochenfeiertage vorgesehen. Daraus folgt, daß sie für den Fall, daß die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Sonntagsarbeit im Verteilungszeitraum nicht über 40 Stunden wöchentlich hinaus ausgedehnt wird, keine zusätzliche Freizeit für die in Freischichten fallenden Wochenfeiertage gewähren wollten. An diese Entscheidung der Tarifvertragsparteien sind die Gerichte gebunden. Es wäre ein unzulässiger Eingriff in die durch das Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3 GG) geschützte Tarifautonomie, wenn die Gerichte aus Billigkeitserwägungen den Wechselschicht leistenden Arbeitnehmern, deren Arbeitszeit nicht auf 42 Stunden wöchentlich im Verteilungszeitraum ausgedehnt ist, den gleichen Freizeitausgleich gewähren würden wie denjenigen, für die er tariflich allein vorgesehen ist. Im Hinblick darauf kann auch dahinstehen, aus welchen Motiven die Tarifvertragsparteien diese Regelung getroffen haben. Es mag durchaus sein, daß sie als Ausgleich für die Mehrbelastung durch die Ausdehnung der wöchentlichen Arbeitszeit gedacht ist. Die Auffassung des Klägers, daß die tarifliche Regelung in allen Fällen anzuwenden sei, in denen der Wechselschicht leistende Arbeitnehmer an einem Wochenfeiertag ohnehin schichtplanmäßig frei habe, hat hingegen in der tariflichen Bestimmung des § 4 Ziff. 9 MTV keinen hinreichenden Ausdruck gefunden.

Auch die Tarifgeschichte zeigt, daß eine Auslegung der tariflichen Bestimmung des § 4 Ziff. 9 MTV im Sinne der Auffassung des Klägers nicht vorgenommen werden kann. Wie die Ergebnisniederschrift vom 19. März 1985 und die nachfolgenden Verhandlungen der Tarifvertragsparteien zeigen, handelt es sich bei der Frage, ob und in welchem Umfang gesetzliche Wochenfeiertage bei der Wechselschichtarbeit zu berücksichtigen sind, um ein Problem, das durch eine Tarifänderung geregelt werden sollte. Unter diesen Umständen untersagt die Tarifautonomie den Gerichten, eine von den Tarifvertragsparteien bewußt noch nicht getroffene Regelung durch eine eigene Entscheidung zu ersetzen.

Dem Kläger steht auch unter Heranziehung der Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen (FeiertagslohnzahlungsG) der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Selbst wenn die von der Beklagten im Einvernehmen mit dem Betriebsrat vorgenommene Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auf eine Woche Früh-, Spät-, Nacht- und Freischicht nach den tariflichen Bestimmungen nicht zulässig wäre und der Kläger mithin geltend machen könnte, daß mit der Freiwoche die in den drei Wochen zuvor geleistete Mehrarbeit abgegolten werde, steht ihm ein Anspruch auf einen weiteren Tag bezahlte Freizeit, wenn ein gesetzlicher Wochenfeiertag in die Freiwoche fällt, nach § 1 FeiertagslohnzahlungsG nicht zu. § 1 FeiertagslohnzahlungsG setzt nämlich voraus, daß Arbeitszeit infolge des gesetzlichen Feiertages ausfällt. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn am Feiertag ohnehin keine Arbeitsleistung zu erbringen ist. Außerdem gewährt § 1 FeiertagslohnzahlungsG nur einen Anspruch auf Zahlung des Arbeitsverdienstes, den der Arbeitnehmer ohne den feiertagsbedingten Arbeitsausfall erhalten hätte. Ein solcher Anspruch wird vom Kläger aber nicht geltend gemacht. Der Kläger begehrt allein die Gewährung eines Tages bezahlter Freizeit. Dieser hätte ihm allenfalls nach § 4 Ziff. 9 MTV, nicht aber nach § 1 FeiertagslohnzahlungsG zustehen können.

Der Anspruch auf Gewährung eines Tages bezahlte Freizeit für den Neujahrstag 1986 steht dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit angenommen, daß der Kläger als Wechselschicht leistender Arbeitnehmer gegenüber Tagschicht leistenden Arbeitnehmern, die Anspruch auf bezahlte Freizeit nach § 1 FeiertagslohnzahlungsG haben, ungerechtfertigt benachteiligt werde, so daß ihm deshalb nach dem arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz der von ihm begehrte Tag bezahlte Freizeit zustehe.

Dem vermag der Senat nicht zuzustimmen. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nur dann vor, wenn ein Arbeitgeber gleichliegende Fälle aus unsachlichen oder sachfremden Gründen ungleich behandelt und deshalb eine willkürliche Ungleichbehandlung vorliegt (vgl. BAG Beschluß vom 3. Dezember 1985 - 4 ABR 60/85 - AP Nr. 2 zu § 74 BAT, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, mit weiteren Nachweisen). Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist demgemäß, daß es sich um vergleichbare Fallgestaltungen handelt. Insoweit fehlt es aber an der Vergleichbarkeit zwischen Wechselschicht leistenden und Normal- bzw. Tagschicht leistenden Arbeitnehmern. Ist der Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, in Wechselschicht an Feiertagen zu arbeiten und bedingt die Wechselschicht eine Verteilung der Arbeitszeit, bei der gesetzliche Feiertage auf arbeitsfreie Tage entfallen, so unterscheidet er sich schon von diesem rechtlichen Ansatzpunkt her erheblich von den Arbeitnehmern, bei denen die Arbeitszeit wegen des Feiertages ausfällt und denen der Arbeitsverdienst nach § 1 FeiertagslohnzahlungsG zu zahlen ist. Ein Ausgleich kann insoweit nur arbeitsvertraglich oder tariflich geschaffen werden. Fehlt es - wie vorliegend - an einer entsprechenden Regelung für Wechselschicht leistende Arbeitnehmer, bei denen die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht über 40 Stunden hinaus im Verteilungszeitraum ausgedehnt ist, so kann diese nicht durch die Anwendung des arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ersetzt werden.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO zu zu tragen.

Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag

Dr. Reinfeld Pahle

 

Fundstellen

Haufe-Index 439228

DB 1988, 915-916 (T)

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