Tenor

Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 89.880,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein in der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins (§ 22 BGB) errichtete gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes im Sinne von § 4 Abs. 2 TVG. Er hat seinen Sitz in Wiesbaden. Der Hessische Minister des Innern hat ihm am 20. Juli 1950 die Rechtsfähigkeit verliehen.

Die Beklagte betreibt als Einzelfirma norwegischen Rechts ein Bauunternehmen mit Sitz in …. Sie erbrachte jedenfalls in dem Zeitraum Januar bis August 1997 baugewerbliche Arbeiten in der Bundesrepublik Deutschland. Zu diesem Zweck beschäftigte sie ständig 11 aus Norwegen entsandte gewerbliche Arbeitnehmer.

Mit vorliegender Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf das Arbeitnehmerentsendegesetz vom 26. Februar 1996 (BGBl. 1 Seite 227) und die dieses Gesetz ausführenden §§ 55 ff. des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12.11.1986 in der Fassung vom 18.12.1996 Auskünfte nach Maßgabe des Klageantrags.

Der Kläger beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über

  1. inländische und ausländische Bankverbindung
  2. Steuernummer

    des von ihr betriebenen Unternehmens;

II. die Beklagte weiter zu verurteilen, ihm hinsichtlich jedes einzelnen gewerblichen Arbeitnehmers, den sie seit 01.01.1997 in der Bundesrepublik Deutschland entsandt hat, auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular folgende Auskünfte zu erteilen:

  1. Name, Vorname, Geburtsdatum und Heimatadresse,
  2. inländische und ausländische Bankverbindung,
  3. Ort der Baustelle, auf der er eingesetzt wird/wurde,
  4. Art der Tätigkeit,
  5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland,
  6. Einzugsstellen und deren Adressen, an welche die lohnbezogenen Beiträge zu den System der sozialen Sicherheit abgeführt werden,
  7. Nummer, unter denen der Arbeitnehmer bei den unter Ziff. 6 genannten Stellen geführt wird,
  8. Finanzamt und dessen Adresse, an welches die Lohnsteuer abgeführt wird,
  9. Steuernummer;

III. die Beklagte weiter zu verurteilen, ihm auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular Auskunft zu erteilen über

  1. Name, Vorname und Geburtsdatum,
  2. Höhe des monatlichen Bruttolohnes in deutscher Währung jedes einzelnen von ihr in den Monaten

    Januar, Februar, März, April, Mai, Juni, Juli und August 1997

    in die Bundesrepublik Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmers sowie über die Höhe des in den Monaten

    Januar, Februar, März, April, Mai, Juni, Juli und August 1997

    jeweils fällig gewordenen Urlaubskassenbeitrages;

IV. die Beklagte weiter zu verurteilen, für den Fall, daß sie diese Auskunftspflichten innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, ihm eine Entschädigung in Höhe von 89.880,– zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, das erkennende Gericht sei international unzuständig. Sie vertritt weiter die Auffassung, keine Auskünfte und entsprechende Beiträge nach den oben genannten Vorschriften zu schulden, da sie bereits in Norwegen zu vergleichbaren Beitragsleistungen herangezogen werde. Dies stelle auch eine unzulässige Beeinträchtigung im Sinne der Artikel 36 und 37 des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum vom 02.05.1992 (BGBl. 93 II 266) dar. Außerdem rügt sie, daß die an den Kläger zu entrichtenden Monatsbeiträge stets auf der Grundlage des vollen Bruttomonatslohnes berechnet werden, unabhängig davon, wieviele Tage der entsandte Arbeitnehmer in dem jeweiligen Monat tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt gewesen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die in der mündlichen Verhandlung vom 15. April 1998 vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das erkennende Gericht international und örtlich zuständig.

Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus dem Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.09.1988 (LugÜ; BGBl 1995 II 221) in Verbindung mit Absatz 1 des Protokolls Nr. 3 über die Anwendung von Artikel 57 LugÜ (BGBl 1994 II 2699) und der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie; ABl. Nr. L 18 vom 21.01.1997, Seite 1 ff.).

Das Lugano-Übereinkommen ist auf den vorliegenden Fall anwendbar.

Sachlich anwendbar ist das Abkommen nach Artikel 1 in „Zivil- und Handelssachen, ohne daß es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt.” Für die Einordnung als Zivil- und Handelssache sind materiellrechtliche Kriterien maßgebend. Das Lugano-Übereinkommen beschränkt sich daher nicht auf Klagen vor den (ordentlichen) Zivilgerichten. Es gilt auch für Verfahren vor sonstigen Gerichten, etwa Arbeits-, Straf- oder Verwaltungsgeri...

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