FamFG § 242 ; FamGKG § 51 Abs. 1 S. 1 RVG § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11; ZPO § 769

Leitsatz

  1. Bei dem Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel handelt es sich um ein Begehren nach § 242 FamFG i.V.m. § 769 ZPO. Dieses Verfahren stellt gebührenrechtlich keine besondere Angelegenheit dar. Ein Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts kann insoweit nur entstehen, wenn über den Antrag eine abgesonderte mündliche Verhandlung stattfindet.
  2. Deckt sich der Zeitraum möglicher Unterhaltsnachforderungen oder -rückzahlungsansprüche mit dem bei der Bemessung des Verfahrenswerts nach § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG bereits berücksichtigten Zeiten, ist insoweit kein besonderer Streitwert anzusetzen.
  3. Haben sich die Beteiligten dem Grunde nach auf ein Fortbestehen des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt verständigt, führt dies ebenfalls nicht zu einer Erhöhung des Verfahrenswerts.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.2.2012 – 18 WF 169/11

1 Sachverhalt

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Höhe des Verfahrenswertes für ein Unterhaltsabänderungsverfahren sowie des Wertes des darin geschlossenen Vergleichs.

Der Antragsteller hatte sich in einem gerichtlich protokollierten Vergleich gegenüber der Antragsgegnerin, seiner volljährigen Tochter, verpflichtet, Ausbildungsunterhalt i.H.v. 105 % des Mindestunterhalts abzüglich des vollen Kindergeldes, mithin monatlich 329,00 EUR zu zahlen.

Mit seinem am 13.5.2011 beim FamG eingegangenen Antrag begehrte er die Abänderung des Unterhaltstitels dahingehend, dass ab 1.2.2011 kein Unterhalt mehr an die Antragsgegnerin zu zahlen sei. Gleichzeitig beantragte er "im Wege der einstweiligen Anordnung" ohne mündliche Verhandlung "die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens" einzustellen. Die Antragsgegnerin habe Ende Januar ihre Schulausbildung beendet und erziele Erwerbseinkünfte. Es bleibe vorbehalten, die Zahlungen bis einschließlich März 2011 zurückzuverlangen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 haben die Beteiligten sich in einem gerichtlich protokollierten Vergleich darauf verständigt, dass bis 30.8.2011 kein laufender Kindesunterhalt geschuldet ist und bis zu diesem Zeitpunkt weder rückständige Unterhaltsforderungen noch Forderungen aus überbezahltem Unterhalt bestehen. In § 2 des Vergleichs wurde festgehalten, dass die Beteiligten sich darüber einig sind, dass dem Grunde nach ab 1.9.2011 für den Fall, dass die Antragsgegnerin einen Berufsausbildungsplatz nachweise, Ausbildungsunterhalt geschuldet sei. Eigener Verdienst der Antragsgegnerin sei nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen anzurechnen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.

Das FamG hat den Verfahrenswert auf 3.948,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen richten sich die namens der Antragsgegnerin und vom Antragsgegnervertreter in eigenem Namen eingelegten Beschwerden. Der gestellte einstweilige Anordnungsantrag habe einen eigenen Verfahrenswert von 1.974,00 EUR (6 x 329,00 EUR). Neben dem laufenden Unterhalt (3.948,00 EUR) sei der rückständige Unterhalt für den Zeitraum von Februar bis einschließlich Mai 2011 bei der Bemessung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen. Die behauptete Rückzahlungsverpflichtung wirke sich mit einem Betrag von 1.645,00 EUR ebenfalls werterhöhend aus. Zudem sei eine Rückzahlungsverpflichtung dem Grunde nach ab 1.9.2011 mit einem Gesamtbetrag von 1.210,00 EUR in die Berechnung einzustellen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass in § 2 des Vergleichs die künftige Unterhaltsverpflichtung dem Grunde nach festgestellt worden sei, wodurch sich der Verfahrenswert um den Jahreswert von 3.948,00 EUR erhöhe. Insgesamt belaufe sich damit der Gegenstandswert der Vereinbarung auf 12.725,00 EUR.

Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

2 Aus den Gründen

1. Verfahren beim Beschwerdegericht

Mit der Vorlage der Akten ist das Verfahren beim Beschwerdegericht angefallen. Dies gilt unabhängig davon, dass der Nichtabhilfebeschluss des FamG nicht begründet wurde und auch nicht erkennen lässt, ob sich das FamG mit den in der Beschwerdeschrift vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt hat (vgl. allgemein zu Form und Inhalt des Vorlagebeschlusses Zöller/Hessler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 572 Rn 10). Ein mangelhafter Nichtabhilfebeschluss führt im Zweifel zur Zurückverweisung des Verfahrens. Allerdings hindert die nicht ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens den Senat nicht an einer eigenen Sachentscheidung (Zöller/Hessler, a.a.O, § 572 Rn 4). Vorliegend wird von einer Zurückverweisung abgesehen.

2. Beschwerde der Antragsgegnerin

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unzulässig. Es fehlt an der erforderlichen Beschwer der Antragsgegnerin.

Ziel der Beschwerde ist eine Heraufsetzung des Verfahrenswerts. Die angestrebte Erhöhung des Verfahrenswerts ist für die Antragsgegnerin jedoch ausschließlich nachteilig. Wird der Verfahrenswert aufgrund der Beschwerde heraufgesetzt, muss die Antragsgegnerin damit rechnen, aus dem dann erhöhten Verfahrenswert auf...

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