Leitsatz (amtlich)
1. Für die Entscheidung, ob es sich um eine deliktische Forderung gem. § 302 Nr. 1 InsO handelt, können nur die in der Forderungsanmeldung aufgeführten Tatsachen berücksichtigt werden.
2. Ein privatschriftliches Schuldanerkenntnis ist in der Regel nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen.
Tenor
1.) Das Versäumnisurteil vom 25.05.2011 bleibt aufrechterhalten.
2.) Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch geltend auf Feststellung der Deliktseigenschaft zur Insolvenztabelle.
Über das Vermögen des Beklagten wurde am 18.01.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Göttingen 74 IK 8/10), inzwischen ist es aufgehoben und dem Schuldner mit Beschluss vom 14.06.2010 gem. § 291 InsO die Restschuldbefreiung angekündigt worden. Der Schuldner erhielt von der Klägerin im Zeitraum 17.12.2008 bis 28.05.2009 Materiallieferungen (Rechnungen Bl. 76 ff. d. A.). Unter dem 01.07.2009 (Bl. 74 f d. A.) listete die Klägerin ihre Forderungen auf, der Gesamtsaldo beträgt 1.709,55 €. Mit Schreiben vom 24.07.2009 wandte sich der Inkassobesuchsdienst an den Beklagten (Bl. 34 d. A.). Am 28.08.2009 unterzeichnete der Beklagte anlässlich eines Besuches des Inkasso-Besuchsdienstes mehrere Dokumente. Es handelt sich um ein Schuldanerkenntnis und eine Teilzahlungsvereinbarung über eine Gesamtforderung von 2.349,43 € zzgl. Zinsen (Bl. 5 d. A.), ein Schuldanerkenntnis über die Deliktseigenschaft der anerkannten Forderung (Bl. 18 d. A.) und eine Widerrufsbelehrung (Bl. 73 d. A.).
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ließ die Klägerin die Forderung am 04.02.2010 anmelden (Bl. 6 d. A.). Auszugsweise heißt es: "Wir melden die Forderung, als Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung an. Wir verweisen auf das beigefügte Schuldanerkenntnis in dem der Schuldner anerkannt hat, dass die in der Schuldurkunde ausgewiesene Forderung gleichzeitig eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung darstellt". Die Forderung wurde zur Insolvenztabelle festgestellt, der Beklagte widersprach der Deliktseigenschaft.
Bereits zuvor hat die jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 14. Januar 2011 gegenüber der Klägerin den Widerruf des Anerkenntnisses, das es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt, erklärt (Bl. 37 ff. d. A.). Zugleich erklärte sie gegenüber dem Inkassobesuchsdienst den Widerruf des Schuldanerkenntnisses (Bl. 35 f d. A.).
Gegen die im Termin vom 25.05.2011 nicht vertretene Klägerin ist klagabweisendes Versäumnisurteil ergangen. Dagegen hat sie rechtzeitig Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beruft sich im Schriftsatz vom 20.06.2011 darauf, die Eigenschaft der Forderung als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung ergebe sich aus dem Schuldanerkenntnis sowie daraus, dass der Beklagte bei Bestellung und Entgegennahme der von ihm gekauften Waren weder zahlungsfähig noch zahlungswillig gewesen sei. Soweit der Beklagte sich auf einen plötzlichen Einbruch der Auftragslage berufe, sei dieser Vortrag unsubstantiiert.
Die Klägerin beantragt, wie folgt zu erkennen:
1. Das Urteil des AG Göttingen vom 25.05.2011 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beklagten gegen die Klassifizierung der zur Insolvenztabelle laufenden Nummer 4 im Insolvenzverfahren vor dem AG Göttingen 74 IK 8/10 als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung unbeachtlich ist.
Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
Er tritt der Klage entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Versäumnisurteil ist aufrechtzuerhalten, da die Klage unbegründet ist. Für die Entscheidung, ob es sich um eine deliktische Forderung handelt, können nur die in der Forderungsanmeldung aufgeführten Tatsachen berücksichtigt werden (1.). Das Schuldanerkenntnis ist nicht geeignet, den Nachweis zu führen (2.). Auf den übrigen Vortrag des Beklagten kommt es daher nicht an (3.).
1. Für die Entscheidung, ob es sich um eine deliktische Forderung handelt, können nur die in der Forderungsanmeldung aufgeführten Tatsachen berücksichtigt werden. Gemäß § 174 Abs. 2 InsO hat ein Insolvenzgläubiger bei Anmeldung einer Forderung ggf. auch die Tatsachen anzugeben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt. Welche Anforderungen an den Tatsachenvortrag eines Insolvenzgläubigers zu stellen ist, ist im Einzelnen streitig, bedarf hier aber keiner Entscheidung. Die Klägerin hat in der Forderungsanmeldung vom 04....