Rz. 12
Das Verlöbnis kann wegen seiner rechtlichen Einordnung als Vertrag gemäß den allgemeinen Regeln nichtig sein. In Betracht kommen beispielsweise Nichtigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit (§ 105 BGB), Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB), weiterhin Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder erkanntem Vorbehalt (§ 116 BGB), Scheingeschäft (§ 117 BGB) oder Mangel der Ernstlichkeit (§ 118 BGB). Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass bei Nichtigkeit wegen Mangel an Ernstlichkeit ein Schadenersatzanspruch nach § 122 BGB entstehen kann. Ein geheimer Vorbehalt nach § 116 S. 1 BGB ist unbeachtlich, das Verlöbnis also auch dann wirksam, wenn sich einer der Verlobten geheim vorbehalten hat, nicht zu heiraten.
1. Geschäftsfähigkeit
Rz. 13
Voraussetzung für eine wirksame Willenserklärung und damit für ein Verlöbnis ist, dass der Erklärende zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verlöbnisses geschäftsfähig war. Fehlte es daran, kann kein wirksames Verlöbnis geschlossen werden. Denn die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist gemäß § 105 BGB nichtig.
Rz. 14
Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte selbst vollwirksam vorzunehmen. Gemäß § 104 BGB hat derjenige diese Fähigkeit nicht, der das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat oder wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Damit sind zunächst nur solche auf den Abschluss eines Verlöbnisses gerichtete Willenserklärungen nichtig, die entweder ein Kind unter sieben Jahren abgegeben hat oder aber jemand, der dauerhaft unter einer krankhaften Störung leidet, wie etwa bei fortschreitender Demenz. Doch auch die Erklärung desjenigen, der unter Drogeneinfluss oder volltrunken ein Verlöbnis eingeht, kann nichtig sein. Das ist der Fall, wenn § 105 Abs. 2 BGB einschlägig ist, also der Rauschzustand so stark ist, dass Bewusstlosigkeit oder eine vorübergehende krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt. Die Beweislast liegt bei demjenigen, der sich auf die Geschäftsunfähigkeit beruft.
Rz. 15
Kinder, die das siebente Lebensjahr vollendet haben, können sich durch ein Verlöbnis binden. Sie sind beschränkt geschäftsfähig im Sinne des § 106 BGB. Für das Wirksamwerden ihrer Willenserklärung bedarf es der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter, § 107 BGB, also entweder deren vorheriger Zustimmung oder nachträglichen Genehmigung. Eine Entlobung hingegen ist auch ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters möglich.
Rz. 16
Hinweis
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Ein Verlöbnis mit einem Geschäftsunfähigen ist nichtig. |
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Minderjährige, die das siebte Lebensjahr vollendet haben, können sich mit Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter verloben. |
2. Sittenwidrigkeit
Rz. 17
Ein Verlöbnis ist nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt, § 138 Abs. 1 BGB. Sittenwidrigkeit liegt vor bei einem Verstoß des Rechtsgeschäfts gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Widerspricht der objektive Inhalt eines Rechtsgeschäfts grundlegenden Wertvorstellungen, tritt die Sittenwidrigkeit ohne Rücksicht auf die Vorstellung der am Rechtsgeschäft Beteiligten ein. Deshalb ist ein Verlöbnis nichtig, da gegen die guten Sitten verstoßend, wenn einer der Partner verheiratet ist. Das gilt unabhängig davon, ob der andere von der bereits bestehenden Ehe wusste.
Rz. 18
Das gilt auch dann, wenn die Ehegatten seit langer Zeit voneinander getrennt leben und selbst, wenn ein Mandat zur Stellung eines Scheidungsantrages an einen Anwalt erteilt worden oder ein Ehescheidungsverfahren rechtshängig ist. In beiden Fällen also wäre ein Verlöbnis mit einem neuen Partner nichtig. Anders könnte diese Frage zu beurteilen sein, wenn bereits ein noch nicht rechtskräftiges Scheidungsurteil erster Instanz vorliegt.
Rz. 19
Hinweis
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Ein Verlöbnis ist nichtig, wenn einer der Partner noch mit einem anderen Partner verheiratet ist. |
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Allein die Trennung von dem Ehegatten reicht nicht aus, um ein Verlöbnis mit einem neuen Partner eingehen zu können. |