1. Die Selbstanfechtung durch den gebundenen Erblasser

 

Rz. 7

Der Selbstanfechtung testamentarisch bindend gewordener Verfügungen durch den Erblasser selbst kommt in der Praxis einige Bedeutung zu.

Das Gesetz hat für die Anfechtung bindend gewordener wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament keine besonderen Vorschriften vorgesehen. Deshalb finden die Vorschriften des Erbvertragsrechts über die Rechtsfolgen der Bindung analoge Anwendung.[8]

Der Überlebende kann seine eigenen bindend gewordenen Verfügungen selbst anfechten, wenn ein Anfechtungsgrund im Sinne der §§ 2078, 2079 BGB vorliegt. Dazu gehört bei Wiederverheiratung die Anfechtung wegen Hinzutretens eines weiteren Pflichtteilsberechtigten gem. §§ 2281, 2079 BGB.

[8] BGHZ 82, 274; BGH NJW 1982, 43; NJW 1976, 749.

2. Frist

 

Rz. 8

Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr nach Wiederverheiratung, § 2283 Abs. 1 BGB.

Irrt sich der nach Wiederverheiratung anfechtungsberechtigte überlebende Ehegatte über die Bindungswirkung, hindert das nicht den Beginn der Anfechtungsfrist.[9]

[9] OLG München, Beschl. v. 1.12.2011 – 31 Wx 249/10, FamRZ 2012, 581 = NJW-RR 2012, 338 = ZErb 2012, 14 = ZEV 2012, 153.

3. Rechtswirkungen der erklärten Anfechtung

 

Rz. 9

Nach der allgemeinen Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB wird die angefochtene Verfügung von Anfang an nichtig. Dies kann bei einem Berliner Testament zu dessen ganzer Unwirksamkeit führen, weil dort grundsätzlich sowohl die gegenseitige Alleinerbeneinsetzung als auch diese zu der Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich ist, vgl. § 2270 Abs. 1 BGB und die Vermutungen in § 2270 Abs. 2 BGB.

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