Rz. 570

Den Diensteanbieter trifft neben der Pflicht, bestmögliche Anstrengungen zu unternehmen (nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 UrhDaG), um vertragliche Nutzungsrechte zu erwerben (§ 4 UrhDaG), auch die Pflichten zur qualifizierten (§ 7 UrhDaG) oder zur einfachen Blockierung (§ 8 UrhDaG). Blockierung ist der Oberbegriff für Sperrung und Entfernung.

1. Qualifizierte Blockierung

 

Rz. 571

Nach § 7 Abs. 1 UrhDaG hat der Diensteanbieter durch Sperrung oder Entfernung sicherzustellen, dass ein Werk nicht öffentlich wiedergegeben wird und hierfür auch künftig nicht verfügbar ist, sobald der Rechtsinhaber dies verlangt und die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt (qualifizierte Blockierung).

 

Rz. 572

Die Möglichkeit der Sperrung ("stay down") der für einen Rechteinhaber geschützten Werke setzt Art. 17 Abs. 4 lit. b DSM-RL um. Der Rechteinhaber hat dies zu "verlangen" (Sperrverlangen)! Ihn trifft dabei eine Mitwirkungsobliegenheit in der Weise, dass er Informationen zur Verfügung stellt, die den Diensteanbieter in die Lage versetzen, seine Sperrpflicht zu erfüllen. Dabei hängt die Art der erforderlichen Information von den beim Diensteanbieter eingesetzten Technologien ab. Diese variieren je nach Werkart, etwa als Fingerprinting oder als Watermarking für audiovisuelle Inhalte. Voraussetzung ist weiterhin, dass §§ 911 UrhDaG nicht entgegenstehen. Zudem unterliegt die Pflicht zur qualifizierten Blockierung dem Verhältnismäßigkeitsgebot (§ 1 Abs. 2 UrhDaG).[769]

 

Rz. 573

§ 7 Abs. 2 S. 1 UrhDaG weist allerdings darauf hin, dass die Blockierung nicht die legale Benutzung der von Nutzern hochgeladenen Inhalte verhindern darf. Da nach dem Stand der Technik die qualifizierte Blockierung nur durch automatisierte Verfahren (Upload-Filter) umgesetzt werden kann,[770] verweist § 7 Abs. 2 S. 2 UrhDaG auf die Regelungen über die mutmaßlich erlaubten Nutzungen gem. §§ 911 UrhDaG.

 

Rz. 574

Der Dienstleister hat den Nutzer sofort über die Blockierung des von ihm hochgeladenen Inhalts zu informieren und ihn auf das Recht hinzuweisen, nach § 14 UrhDaG Beschwerde einzulegen (§ 7 Abs. 3 UrhDaG).

 

Rz. 575

Von einer Blockierung ausgenommen sind Startup-Diensteanbieter innerhalb der EU von bis zu 10 Millionen EUR jährlichem Umsatz, deren Dienste der Öffentlichkeit in der EU seit weniger als drei Jahren zur Verfügung stehen (§ 2 Abs. 2 UrhDaG, Art. 17 Abs. 6 DSM-RL, § 7 Abs. 2 UrhDaG).[771]

Zudem gilt die widerlegliche Vermutung, dass "kleine Dienste", also solche mit einem jährlichen Umsatz bis zu 1 Million EUR (§ 2 Abs. 3 UrhDaG, Art. 17 Abs. 5, § 7 Abs. 4 UrhDaG), von der Pflicht zur qualifizierten Blockierung ausgenommen sind.

[769] Ref.E, 160.
[770] Vgl. Metzger/Pravemann, ZUM 2021, 288, 292.
[771] Dies gilt jedoch nur, solange die durchschnittliche Anzahl unterschiedlicher Besucher der Internetseiten fünf Millionen nicht übersteigt.

2. Einfache Blockierung

 

Rz. 576

Die Pflicht des Diensteanbieters zur einfachen Blockierung (§ 8 Abs. 1 UrhDaG) entspricht dem bisher schon gängigen "Notice-and-Take-down-Verfahren" und folgt aus Art. 17 Abs. 4 lit. c DSM-RL, für deren Umsetzung es keiner Upload-Filter bedarf. Es gilt grundsätzlich das oben zur qualifizierten Blockierung ausgeführte, allerdings genügt hier neben dem Verlangen des Rechtsinhabers ein hinreichend begründeter Hinweis.

 

Rz. 577

Sollte der Rechtsinhaber aber die "hierfür erforderlichen Informationen"[772] zur Verfügung stellen, so ist der Diensteanbieter nach Maßgabe von § 7 UrhDaG zur qualifizierten Blockierung verpflichtet (§ 8 Abs. 3 UrhDaG). Es kann vom zeitlichen Ablauf her also zunächst eine einfache Blockierung geboten sein, die sich dann aber durch zusätzliche Informationen zu einer qualifizierten Blockierung entwickelt. Solche "qualifizierten" Informationen könnten etwa durch die Überlassung maschinenlesbarer Referenzdateien erfolgen, sodass danach Upload-Filter einzusetzen wären.[773]

 

Rz. 578

Fraglich ist, ob §§ 7 und 8 UrhDaG eigenständige Anspruchsgrundlagen der Rechtsinhaber sind oder lediglich über § 1004 BGB analog bzw. § 97 UrhG zur Anwendung gelangen.[774]

[772] Diese "erforderlichen Informationen" nach § 7 Abs. 1 UrhDaG sind nicht mit dem "hinreichend begründeten Hinweis" in § 8 Abs. 1 UrhDaG gleichzusetzen, da die Rechtsfolge der zuletzt genannten Norm nur darauf gerichtet ist, eine konkrete Wiedergabe zu beenden, nicht aber auch für die Zukunft zu verhindern; vgl. Hofmann, NJW 2021, 1905, 1908.
[773] Vgl. Hofmann, NJW 2021, 1905, 1908.
[774] So die Auffassung von Metzger/Pravemann, ZUM 2021, 288, 292.

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