Rz. 1

Abweichend von der für das eheliche Güterrecht primär vorzunehmenden Anknüpfung an den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt sieht Art. 26 Abs. 3 EuGüVO eine Ausweichklausel in Form einer gerichtlichen Entscheidungsbefugnis vor. Danach ist vorgesehen, dass ein Gericht (in Deutschland ein Familiengericht) in den Fällen, in denen die Anknüpfung des Güterrechtstatuts an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt wird (Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO), ausnahmsweise das Recht eines anderen Staates, der nicht notwendig Vertragsstaat sein muss, für anwendbar erklärt. Um die Rigidität der Leiteranknüpfung zu mildern, enthält Art. 26 Abs. 3 EuGüVO eine Ausweichklausel, mit deren Hilfe ein Ehegatte zu Lebzeiten beider erreichen kann, dass ausnahmsweise eine andere Rechtsordnung zur Anwendung gelangt.

 

Rz. 2

Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn die gemeinsame Staatsangehörigkeit (Art. 26 Abs. 1 lit. b EuGüVO) oder die gemeinsame engste Verbindung zu einem Staat (Art. 26 Abs. 1 lit. c EuGüVO) als Anknüpfungsmerkmal zum Tragen kommt.

 

"Artikel 26 Mangels Rechtswahl der Parteien anzuwendendes Recht

(3) Ausnahmsweise kann das Gericht, das für Fragen des ehelichen Güterstands zuständig ist, auf Antrag eines der Ehegatten entscheiden, dass das Recht eines anderen Staates als des Staates, dessen Recht nach Absatz 1 Buchstabe a anzuwenden ist, für den ehelichen Güterstand gilt, sofern der Antragsteller nachweist, dass a) die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem anderen Staat über einen erheblich längeren Zeitraum als in dem in Absatz 1 Buchstabe a bezeichneten Staat hatten und b) beide Ehegatten auf das Recht dieses anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen vertraut hatten."

Die Ausweichklausel des Art. 26 Abs. 3 EuGüVO kommt nur zur Anwendung, wenn der Tatbestand des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts maßgebend ist. Also nicht, wenn es auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit oder den engsten Bezug zu einem Staat ankommt.

Sachlich zuständig ist in Deutschland das Familiengericht, weil es sich um eine Güterrechtssache handelt, vgl. § 261 FamFG.

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