Kündigung: Strenge Schriftform bei der Elternzeit

Wer von seinem Arbeitgeber die Inanspruchnahme einer Elternzeit verlangt, muss dies schriftlich tun. Ein Telefax oder eine E-Mail genügen nicht. Nur ein mit Originalunterschrift versehenes Schriftstück erfüllt das gesetzliche Schriftformerfordernis.

Die Mitarbeiterin einer Rechtsanwaltskanzlei informierte ihren Arbeitgeber nach der Geburt ihrer Tochter im Juni 2013 per Telefax darüber, dass sie zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Kurz darauf kündigte der Arbeitgeber zur Überraschung der Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis fristgerecht.

Vorinstanzen beurteilten die Kündigung als rechtswidrig

Gegen die Kündigung wehrte die Rechtsanwaltsfachgehilfin sich mit einer Kündigungsschutzklage vor dem ArbG und bekam Recht. Das Arbeitsgericht verwies auf § 18 Abs.1 Satz 1 BEEG, wonach eine Kündigung gegenüber einer die Elternzeit in Anspruch nehmenden Arbeitnehmerin unzulässig ist und gab der Kündigungsschutzklage statt.

Auf die Berufung des Arbeitgebers hin bestätigte das LAG die Entscheidung der Vorinstanz mit der Begründung,

  • die Arbeitnehmerin habe rechtzeitig innerhalb der vorgesehenen Frist die Inanspruchnahme der Elternzeit verlangt und dies mit ihrem Telefax dem Arbeitgeber hinreichend deutlich gemacht.
  • Dem Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG habe das Telefax der Arbeitnehmerin genügt. Damit sei die Kündigung rechtswidrig gewesen.

BAG: Ein Telefax ist zu wenig

Zum Leidwesen der Rechtsanwaltsfachgehilfin bewertete das von dem Arbeitgeber angerufene BAG das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG völlig anders. Der Gesetzgeber hat dort nach Auffassung des BAG bewusst an das strenge Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB angeknüpft.

Nur bei Erhalt einer persönlich unterschriebenen, schriftlichen Erklärung habe der Arbeitgeber die notwendige Planungssicherheit, um die Ernsthaftigkeit des Elternzeitverlangens beurteilen zu können. Faxe und Mails könne jeder versenden, ohne dass der Empfänger eine hundertprozentige Sicherheit über die Authentizität der Mitteilung habe.

Nichtbeachtung der Form führt zur Nichtigkeit

Darüber hinaus handle es sich bei dem Elternzeitverlangen um eine rechtsgestaltende, empfangsbedürftige Willenserklärung. Diese Willenserklärung habe unmittelbare Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Durch diese Erklärung werde das Arbeitsverhältnis unmittelbar zum Ruhen gebracht, wenn keine anderweitige Vereinbarung über eine Teilzeitbeschäftigung vorliege. Diese rechtsgestaltende Wirkung sei von einer Zustimmung des Arbeitgebers ausdrücklich nicht abhängig. Auch deshalb müsse das Schriftformerfordernis streng beachtet werden, so dass eine nicht dem Formerfordernis entsprechende Erklärung gemäß § 125 Satz eins BGB nichtig sei.

Nicht immer kann der Arbeitgeber die Formnichtigkeit geltend machen

Das BAG wies allerdings darauf hin, dass in Ausnahmefällen die Berufung auf die Formnichtigkeit durch den Arbeitgeber treuwidrig sein kann. Dies setze allerdings besondere Umstände voraus, die die Geltendmachung der Formnichtigkeit durch den Arbeitgeber als schlechterdings untragbar erschienen ließen. Solche Umstände seien vorliegend nicht ersichtlich.

Harte Konsequenz: Die Kündigung ist wirksam

Diese Auffassung des BAG hat für die Arbeitnehmerin erhebliche Folgen. Da ein wirksames Elternzeitverlangen nicht vorlag, kam auch der nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG für diesen Fall gewährte Sonderkündigungsschutz nicht zur Anwendung. Da sonstige Gründe der Kündigung nicht entgegenstanden, war diese damit voll wirksam. Der Kündigungsschutzklage blieb daher in letzter Instanz der Erfolg versagt.

(BAG, Urteil v. 10.5.2016, 9 AZR 145/15).

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