Arbeitsunfall an der Türschwelle

Kommt ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen seines häuslichen Bereiches zu Fall, so hängt die Anerkennung als Arbeitsunfall von der exakten Ermittlung des Unfallortes ab.

Gegen 6:45 Uhr am Morgen des 03.06.2008 wollte der Arbeitnehmer das Haus verlassen, um sich auf den Weg zu seiner um 7:30 Uhr beginnenden Arbeit zu machen. Beim Überschreiten der Schwelle der Außentür des Hauses, in dem er wohnte, blieb er mit der linken Fußspitze an der Türschwelle hängen. Von innen schloss sich in diesem Augenblick die Automatiktür und fixierte den Fuß zwischen Türunterkante und Schwelle. Der Arbeitnehmer kam hierdurch zu Fall, wobei er das Knie infolge des fixierten Fußes stark verkantete. Bei der am Folgetag durchgeführten Operation stellte sich ein komplexer Schaden des Kniegelenks heraus, der nach Einschätzung der Ärzte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer dauernden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigender Höher führen würde.

Die Berufsgenossenschaft lehnt Anerkennung als Arbeitsunfall ab

Nach Auffassung der Berufsgenossenschaft befand sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens noch nicht auf dem Weg zur Arbeit. Dieser beginne erst in dem Augenblick, in dem der Arbeitnehmer den häuslichen Bereich verlassen habe. Hier sei das Unfallereignis noch im häuslichen Bereich zu verorten, da das Einklemmen des Fußes noch im Innenbereich des Hauses erfolgt sei. Das vom Unfallgeschädigten angerufene Sozialgericht bestätigte die Auffassung der Berufsgenossenschaft und wies die Klage des Arbeitnehmers ab.

LSG stellt Rechtsgrundlagen klar

Das LSG arbeitete die rechtlichen Grundlagen für die Beurteilung des Falles sorgfältig heraus. Die Qualifizierung als Arbeitsunfall richte sich nach § 8 SGB VII. Hiernach sei ein Ereignis dann als Arbeitsunfall zu qualifizieren, wenn es Folge der beruflichen Tätigkeit sei. Hierzu gehöre auch ein Unfallereignis auf dem Weg zur Arbeit. Für die Anerkennung als Arbeitsunfall sei der Eintritt länger andauernder Unfallfolgen nicht erforderlich, wohl aber für die Anerkennung einer Verletztenrente (BSG, Urteil v. 30.01.2007, B 2 U 23/05 R). Hierbei habe der Arbeitnehmer vollen Beweis zu erbringen für

·         die Ausübung der beruflichen Tätigkeit

·         den eingetretenen Arbeitsunfall

·         und den Eintritt der Gesundheitsbeschädigung.

Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen Elementen genüge dagegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil v. 02.05.2001, B 2 U 16/00).

Mit Durchschreiten der Außentür beginnt der Versicherungsschutz

Vor diesem rechtlichen Hintergrund verwies das LSG auf die ständige Rechtsprechung des BSG, wonach der versicherte Weg nicht nach, sondern mit Durchschreiten der Außentür beginnt (BSG, Urteil v. 12.12.2006, B 2 U 1/06 R). So hatte das BSG das Vorliegen eines Arbeitsunfalls in einem Fall anerkannt, in dem der Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit auf der Innentreppe des von ihm bewohnten Hauses stolperte, durch die gläserne Außentür nach außen fiel und sich im Außenbereich an den Glasscherben verletzte. Nicht anders ist nach Auffassung des LSG der vorliegende Fall zu beurteilen. Nicht entscheidend sei, dass die Ursache des Sturzes des Klägers der noch im Innenbereich des Hauses eingeklemmt Fuß sei. Entscheidend sei vielmehr, dass das Unfallereignis beim Durchschreiten der Türschwelle eingetreten sei und der Kläger durch den Sturz im Außenbereich des Hauses das fixierte Bein so verkantet habe, dass es zu den erheblichen Unfallfolgen gekommen sein. Nach dieser Entscheidung darf der Kläger mit den mit der Anerkennung eines Arbeitsunfalls verbundenen erheblichen Vorteilen, insbesondere auch mit der Zuerkennung einer Rentenanspruches rechnen.

(LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.09.2012, L 2 U 3/12)

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