Jubiläum der DGFP: Kritik und Lob zum 65-jährigen Bestehen

Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung feiert ihr 65jähriges Bestehen. Der aktuelle Vorstandsvorsitzende Gerhard Rübling und seine Geschäftsführerin Katharina Heuer haben einen großen Kurswechsel eingeleitet, dessen wirtschaftlicher Erfolg noch offen ist. Ein Blick in die Geschichte der DGFP.

Für Katharina Heuer, die seit 2013 die Geschäfte der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) leitet, sind die Zeiten zwar nicht leicht, doch sie geht die Aufgaben beherzt an: Seit zwei Jahren hat sie den größten Change zu managen, den die traditionsreiche Verbandsorganisation der Personalfachleute bislang zu bewältigen hatte. Sie hat der „alten Tante“ DGFP eine Frischzellenkur verordnet, um ihr biederes Image aufzubrechen und sie wieder attraktiver zu machen. Als sie im Mai 2015 zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Gerhard Rübling Millionenverluste vermelden musste, hat sie das Tempo verschärft und mit vielen Traditionen gebrochen. Das innerhalb von wenigen Monaten umgesetzte Reorganisationsprogramm beinhaltete die Schließung von fünf Regionalstellen, die Verlegung des Hauptsitzes von Düsseldorf nach Frankfurt, den Verkauf des repräsentativen „Hauses der Personalführung“ und die Reduzierung der Zahl der festangestellten Mitarbeiter von 70 auf 40, wobei nur zwanzig Mitarbeiter den Umzug nach Frankfurt mitgemacht haben. In diesen neuen Strukturen arbeitet die DGFP jetzt seit einem Jahr und Katharina Heuer zieht eine positive Zwischenbilanz: „Wir haben ein leistungsstarkes Team in Frankfurt aufgebaut und sind vor allem auch wieder näher dran an unseren Mitgliedern. Wir spüren derzeit viel Zuspruch bei unseren Erfahrungsaustauschgruppen, regionalen Netzwerktreffen und Akademieveranstaltungen. Insgesamt haben wir uns geöffnet, kooperieren stärker und sind intensiver im Austausch. So führen wir unter anderem Veranstaltungen gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Kooperationspartnern in ihren Räumlichkeiten vor Ort durch“, sagt sie und erläutert das neue Selbstverständnis. „Wir verstehen uns als das Kompetenz- und Karrierenetzwerk für HR-Begeisterte. Der persönliche Austausch- und Vernetzungsgedanke zusammen mit einer starken Inhaltlichkeit war und bleibt dabei die DNA der DGFP. Das heißt, das „Was“ der DGFP hat sich nicht geändert, sondern das „Wie“ - also die Art und Weise, wie wir Dinge angehen und umsetzen.“

Heftige Kritik am Management

Doch die Situation, in der die DGFP ihren 65. Geburtstag feiert, ist eine Umbruchsituation. Die neuen Strukturen müssen sich erst noch bewähren. Die Zahl der ordentlichen Firmenmitglieder ist weiter rückläufig. Auch 2016 wird die DGFP im operativen Ergebnis vermutlich nicht aus den roten Zahlen herauskommen. Sie strebt für 2017 aber ein ausgeglichenes operatives Ergebnis an. Der eingeschlagene Sanierungsweg, der den Bruch mit der Tradition und die Trennung von der Mehrzahl der Mitarbeiter mit sich brachte, hat Wunden aufgerissen, die bei manchen nicht verheilt sind.

Aus Sicht der Kritiker, die überwiegend anonym bleiben wollen, geht der eingeschlagene Weg in die falsche Richtung. Während Frau Heuer die neue Zentrale in Frankfurt als Ausdruck einer Start-up-Kultur sieht, bedauern die Kritiker den Verlust an repräsentativen Räumlichkeiten. Auch der Verzicht auf eigene Regionalstellen wird als Schwächung der Organisation gedeutet. Dr. Henning Keese, der die DGFP aus eigener Erfahrung kennt und heute als Unternehmensberater und Coach arbeitet, ist einer der wenigen, die zu ihrer Kritik auch öffentlich stehen: „Die wirtschaftliche Misere beruht auf schwerwiegenden Managementfehlern. Das Geschäft bricht nicht von alleine weg, zumal die DGFP durch ihre Mitgliederstrukturen über einen großartigen Marktzugang verfügt“, sagt Keese und drückt damit aus, was viele hinter vorgehaltener Hand beanstanden. Das Akademiegeschäft, das eine wirtschaftliche Säule der DGFP darstellt, wurde vernachlässigt. Im Fokus der Geschäftsführung stand vor allem die Veränderung des Images und die Etablierung von neuen Veranstaltungsformaten. „Eine Akademie mit direktem Zugang zu Tausenden von Personalentscheidern über Erfahrungsaustauschgruppen muss am Markt Erfolg haben, wenn professionell gearbeitet wird“, erläutert Keese und ergänzt: „Die Verantwortung für diesen wirtschaftlichen Niedergang müssen Vorstand und Geschäftsführung tragen, denn vor einigen Jahren war die DGFP noch kerngesund.“ Haben Fehlentscheidungen von Heuer und Rübling die Misere der DGFP herbeigeführt? Oder gibt es andere Faktoren, die die wirtschaftlichen Probleme der DGFP erklären können?

Blick zurück

Die Tradition der DGFP reicht weit zurück. Der Gründungsvater war der damalige FDP-Landtagsabgeordnete Walter Scheel. In der Nachkriegszeit suchte Scheel nach Ideen, wie der entstehende Kapitalismus gebändigt und sozial gestaltet werden konnte. Dazu gründete er am 7. Januar 1952 zusammen mit Unternehmern und Wissenschaftler den Verein „Der Neue Betrieb – Studienkreis für sozialwirtschaftliche Betriebsformen“, der sozialpolitische Ideen diskutierte und sich nach 1955 für Personalleiter öffnete. 1975 erfolgte die Umbenennung des Vereins in „Deutsche Gesellschaft für Personalführung“, die über die Akademie für Personalführung das Weiterbildungsgeschäft ausbaute. Die DGFP sah sich im Aufwind und baute 1981 und 1982 das Haus der Personalführung in Düsseldorf, das Sitz der Geschäftsführung und zu einer Heimat der DGFP werden sollte. Der Hausbau wurde durch Millionenzuschüsse der öffentlichen Hand möglich, führte aber wegen Überschreitung der geplanten Baukosten zur ersten Krise der DGFP. Der damalige Geschäftsführer Hans Friedrichs trat nach Fertigstellung des Hauses zurück. Sein Nachfolger Dr. Harry Wirth musste einen strikten Sparkurs einleiten.

Blütezeit der DGFP

In den 80er und 90er Jahre folgte die wirtschaftliche Blütezeit der DGFP, sodass beim 50jährigen Jubiläum im Jahr 2002 Dr. Hans Böhm, der 16 Jahre lang Geschäftsführer war, eine eindrucksvolle Erfolgsbilanz präsentieren konnte: Die DGFP verfügte über 1.600 Firmenmitglieder, 119 Erfa-Gruppen, sieben Regionalstellen, 65 festangestellte Mitarbeiter sowie den größten Personalleiterkongress mit über 1.000 Teilnehmern. Die Geschäfte liefen gut und Böhm konnte bis zum Ende seiner Amtszeit (2007) noch das HR-Qualifizierungsprogramm „Pro Pers“ im Markt verankern, mit dem ein Standard für die Qualifizierung unterschiedlicher HR-Berufe gesetzt werden sollte.

Frühwarnzeichen wurden übersehen

Die DGFP war mächtig und stark, aber es gab auch zunehmend Kritik und erste Abspaltungen waren zu beobachten. Werner Then, Thomas Sattelberger und Heinz Fischer gründeten 1999 die Selbst GmbH, die klein blieb und sich nicht auf das Geschäft der DGFP auswirkte. Doch es waren erste Anzeichen dafür, dass der Wunsch nach einer stärker demokratischen Beteiligungskultur und neuen innovativen Ansätzen im Personalmanagement von der DGFP nicht aufgefangen werden konnte. Die DGFP integrierte zwar Kritiker wie Heinz Fischer oder Professor Dr. Christian Scholz nach 2002 noch in den Vorstand, doch eine Öffnung des autoritären Verbandsmodells unterblieb.

Das Schicksalsjahr 2009

Zum Schicksalsjahr für die DGFP wurde 2009 unter dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Lauer und dem neuen Geschäftsführer Professor Gerald Frick, der 2008 auf Böhm folgte. Die Wirtschaftskrise führte zu dramatischen Rückgängen im Akademiegeschäft (Rückgang der Teilnehmerzahlen um knapp 50 Prozent), und – das war noch gravierender – Joachim Sauer gründete mit einigen Mitstreitern den Bundesverband der Personalmanager (BPM), nachdem seine Gespräche mit der DGFP ohne Ergebnisse geblieben waren. Vorstand und Geschäftsführung versuchten das Aufkommen des BPM zunächst durch E-Mail-Kampagnen und Beteiligungsverbote zu blockieren („Von unserer HR-Abteilung darf sich niemand im BPM beteiligen“), was sich aber als aussichtslos erwies und bald eingestellt wurde. Innerhalb von drei Jahren gelang es dem BPM, mehrere Tausend Mitglieder zu akquirieren und den BPM-Kongress mit über 1.000 Teilnehmern zum Leitkongress für Personalfachleute zu machen. Die DGFP war in der Defensive.

BPM löst Identitätskrise aus

Für die DGFP war das ein Schock, der eine Identitätskrise auslöste, wie ehemalige Mitarbeiter berichten. „Wir waren jahrelang ein Monolith in der Personalszene und mussten uns über unseren Alleinstellungsanspruch keine Gedanken machen. Die Gründung des BPM führte zu großer Verunsicherung“, berichtet etwa ein langjähriger Mitarbeiter, der diese Phase miterlebt hat. Geschäftsführer Frick und Vorstandsvorsitzender Lauer wagten erste Schritte zur Öffnung der DGFP für Kooperationen, modernisierten das Erscheinungsbild und gründeten das Young Professionell Network als Anlaufstelle für den Nachwuchs. Doch der Glanz des BPM war übermächtig und wirtschaftlich verschlechterte sich die Lage: Die Teilnehmerzahlen der Akademie blieben immer noch 30 Prozent unter dem Vorkrisenjahr 2008. Auch die Zahl der ordentlichen Firmenmitgliedschaften ging weiter zurück. Der DGFP-Kongress war auf einige Hundert Teilnehmer geschrumpft, die kongressbegleitende Messe wurde eingestellt. Dazu kam der überraschende Rücktritt von Frick im Jahr 2011, was zu einem Führungsvakuum führte.

Beherztes Krisenmanagement

Als Katharina Heuer im Jahr 2013 die Geschäftsführung und Gerhard Rübling den Vorstandsvorsitz übernahm, war die DGFP in einem schlechten Zustand. Attraktivität und Image der Organisation waren an einem Tiefpunkt, das Geschäft schwächelte und die Zahl der ordentlichen Firmenmitglieder war seit 2009 rückläufig. Das neue Führungsduo wagte die grundlegende Erneuerung, öffnete die DGFP als Netzwerk und etablierte neue Kongressformate. Aber – das stellte sich im Nachhinein heraus – vernachlässigte das traditionelle Akademiegeschäft, was sich wirtschaftlich negativ auswirkte. Katharina Heuer gesteht Versäumnisse durchaus ein, hat diese aber inzwischen auch korrigiert.

Unterstützung für den Modernisierungskurs

Die Modernisierung der DGFP wird positiv wahrgenommen. Die Zustimmung unter den Meinungsbildern ist groß. „Die DGFP ist thematisch aktuell, setzt politische Akzente und strahlt Innovationskraft aus“, sagt Kienbaum-Geschäftsführer Walter Jochmann. Auch Margret Suckale, Personalvorstand BASF, unterstützt den eingeschlagenen Kurs: „Die Arbeitswelt ändert sich rasant. Diese Entwicklung hat die DGFP in den vergangenen Jahren erfolgreich gestaltet, indem sie neue Impulse gesetzt und den Austausch von Ideen angestoßen und moderiert hat. Dabei hat sie sich selbst modernisiert und kann heute noch besser auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder reagieren.“

Das neue Konzept, Veranstaltungen auch bei Mitgliedsunternehmen zu organisieren, findet ebenfalls Unterstützung. „Das schafft Nähe zur Praxis, die gerade in der Fortbildung wichtig ist. Aus meiner Sicht ist das derzeit ein Alleinstellungsmerkmal der DGFP“, sagt Professor Gunther Olesch, Geschäftsführer bei Phoenix Contact und langjähriges DGFP-Mitglied. Auch Dr. Thomas Marquardt, Global Head Human Resources bei Infineon, findet lobende Worte: „Der Modernisierungskurs war für die DGFP dringend notwendig. Die neuen Veranstaltungsformate setzen nicht nur auf einen Marketingeffekt, sondern haben Substanz.“

Managementqualität

Die Managementqualität der Geschäftsführung wird positiv beurteilt. „Es werden Strategieprozesse gemacht, wie das in Konzernen üblich ist“, formuliert Kienbaum-Geschäftsführer Jochmann, der aber auch die Notwendigkeit sieht, neben Frau Heuer weitere Repräsentanten im Markt aufzubauen. Das könnten aktivere Vorstände sein oder auch eine zweite Managementebene. Die DGFP hat den ersten Schritt gemacht und ihr Team mit erfahrenen Managern erweitert: Jörg Schäfer kam als neuer Leiter der Akademie dazu, Markus Pauly als kaufmännischer Geschäftsführer.

Katharina Heuer versucht derzeit verstärkt auch Brücken zu denjenigen zu bauen, die sich abgehängt fühlen. Das wird in ihrem Statement zum Jubiläum deutlich. „Die DGFP vereint heute Tradition, Fortschritt und Innovation. Das ist bereits an vielen Stellen spürbar. Daher laden wir unsere Mitglieder derzeit ganz aktiv dazu ein, die DGFP neu zu entdecken.“

Gute Wünsche von unerwarteter Seite

An guten Zukunftswünschen zum Jubiläum mangelt es nicht, sie kommen auch von unerwarteter Seite. Thomas Sattelberger, langjähriger Kritiker der DGFP, begrüßt die kulturelle Erneuerung und Öffnung. „Die DGFP ist heute viel frischer und innovativer. Sie ist kooperationsfähig in der HR-Community, aber auch in der Gründerszene.“ Auch Dr. Elke Eller, Präsidentin des BPM, sieht das Verhältnis zur DGFP entspannt und findet lobende Worte: „Die DGFP hat für die Qualifizierung und Professionalisierung des HR-Bereichs wichtige Impulse gesetzt. Dafür gebührt der DGFP unsere Anerkennung“, sagt sie und ergänzt: „Für die Zukunft wünsche ich ihr viel Erfolg bei der Erreichung der von ihr gesetzten Ziele. Denn ich bin davon überzeugt, dass vitale und leistungsfähig Verbände als Interessenvertreter unserer Branche unabdingbar sind.“

Dr. Hans Böhm, unter dessen langjähriger Geschäftsführung die Regionalstellen und die Akademiegeschäfte blühten, unterstützt die jüngsten Entwicklungen, insbesondere das gerade erschienene Akademieprogramm. „Die DGFP ist wieder auf gutem Kurs. Ich wünsche mir, dass sich die HR-Kollegen aus den Betrieben wieder verstärkt in der DGFP engagieren.“

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