[1] Sofern ein Sozialversicherungsträger im Nachhinein (z.B. durch Datenabgleich bei der Minijob-Zentrale oder bei der Datenstelle der Träger der Rentenversicherung oder im Rahmen einer Betriebsprüfung) feststellt, dass mehrere kurzfristige Beschäftigungen oder mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen oder – abgesehen von einer geringfügig entlohnten Beschäftigung – eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung zusammenzurechnen sind und damit keine geringfügige Beschäftigung mehr vorliegt, tritt die Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV aufgrund der dann nicht geringfügigen Beschäftigung mit der Bekanntgabe dieser Feststellung durch die Einzugsstelle (vgl. E) oder durch einen Rentenversicherungsträger ein (vgl. Beispiel 53).
[2] Dass die vorgenannte Amnestieregelung nicht gilt, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären, hat der Gesetzgeber in § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV klargestellt. Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Beteiligten die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders grobem Maße verletzt haben, also einfachste, jedem einleuchtende Überlegungen nicht angestellt wurden. Von einem Vorsatz ist z.B. dann auszugeben, wenn der Arbeitgeber Hinweise des Beschäftigten oder anderer Personen, die zwangsläufig zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung hätten führen müssen, bewusst ignoriert hat. Vorsätzlich werden Sozialversicherungsbeiträge schon dann vorenthalten, wenn der Beitragsschuldner die Beitragspflicht für möglich hielt, die Nichtabführung des Beitrags aber billigend in Kauf nahm. Grobe Fahrlässigkeit liegt z.B. dann vor, wenn der Arbeitgeber nichts unternommen hat, um den Sachverhalt zu ermitteln.
[3] Zuständige Einzugsstelle (vgl. E) im oben genannten Sinne ist die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 8 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 28i Satz 5 SGB IV). Ein Rentenversicherungsträger ist zuständig, wenn eine unterbliebene Zusammenrechnung im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt wird. Die Minijob-Zentrale bzw. der zuständige Rentenversicherungsträger wird dem Arbeitgeber im Übrigen in dem Bescheid über die festgestellte Versicherungspflicht definitiv den Tag des Beginns der Versicherungspflicht mitteilen und den bzw. die Arbeitgeber auffordern, die entsprechenden Meldungen vorzunehmen. Dieser ist zu den Entgeltunterlagen zu nehmen (vgl. F).
[4] Die Ausführungen gelten sinngemäß auch bei der Prüfung der Berufsmäßigkeit unter der Voraussetzung, dass die Versicherungspflicht durch Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten ausgelöst wurde (vgl. 2.3.3.3). Liegen die Gründe für das Vorliegen von Berufsmäßigkeit im Status des Arbeitnehmers (z.B. weil er arbeitsuchend und beschäftigungslos ist), findet § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV keine Anwendung.