Wie Startups vom Know-how ihrer Investoren profitieren

So mancher Manager oder Unternehmensberater aus der HR-Szene investiert privates Kapital in Startups. Da es ihnen nicht nur um finanziellen Gewinn geht, sondern auch um die Weitergabe von Berufserfahrung und um die Öffnung ihrer Netzwerke für die Gründerinnen und Gründer, liegt es nahe, dass die Investoren sich HR-Startups für ihre Aktivitäten auswählen.

Manager sind im Idealfall kontinuierliche Innovatoren, dynamische Macher und kluge Sparringspartner. HR-Manager Stefan Ries, bis 2020 SAP-Personalvorstand, setzte für seine Profession noch einen drauf, als er sich für einen Auftritt in London 2017 "HR Punks" aufs T-Shirt drucken ließ. Er provozierte Personalerinnen und Personaler, damit diese aus dem Backoffice in die erste Reihe kommen, sich nicht verdrängen lassen, den Status quo hinterfragen, rebellisch sind und sich einmischen.

Vom "Punk" Ries, der die HR-Arbeit innovativ gestalten und disruptiv entwickeln will, ist auch in der Nach-SAP-Ära noch reichlich da. Der 54-Jährige baut in Konstanz ein Haus aus dem Jahr 1395 in ein Coworking Space um. Und er investiert in Monday Rocks. Das HR-Startup aus Düsseldorf verspricht seinen Kunden, digital ihre Teams zu optimieren und das Teampotenzial voll auszuschöpfen. Die Monday-Rocks-Plattform mit ihren offenen Schnittstellen für die Erhöhung der Organisationseffektivität passt genau zu den Ideen, die Ries bewegen: "HR wach zu rütteln und evidenzbasiert zu verändern, das bleibt mein Antrieb."

Beteiligung an Startups als Teil der Netzwerkarbeit

Gemeinsam mit dem Kölner HR-Pioneers-Gründer und -Geschäftsführer André Häusling stieg Ries 2021 bei Monday Rocks ein, als deren Gründer bei ihren alten und neuen Investoren eine siebenstellige Summe einsammelten – und jetzt auf Wachstumskurs gehen können. Häusling hat nicht zum ersten Mal in ein HR-Startup investiert. "Für mich sind solche Beteiligungen ein Teil unserer Netzwerkarbeit", sagt der Transformationsgestalter, der mit seiner Agile HR Conference jedes Jahr Innovationen präsentiert, die den Change in der Arbeitswelt voranbringen. "Wir ergänzen unser Profil, Wettbewerbskonflikte sind dabei bisher nicht entstanden." So versteht es sich von selbst, dass Häusling mehr als sein Geld investiert. Regelmäßige Meetings, in denen alle zusammen Probleme lösen, sind fester Bestandteil seines Engagements. "Kapital alleine wäre mir zu langweilig", betont er.

Als Investor nah am operativen Geschäft der HR-Startups

Genau da trifft er sich bei Monday Rocks mit Ries. Denn auch Personalprofi Ries will nicht nur sein Geld arbeiten lassen. Er wird nahe am Operativen sein und das Startup strategisch begleiten. "Da kann ich Gedanken einbringen und von den Gründern etwas lernen", begeistert sich der überzeugte Personaler, der sich gut vorstellen kann, in weitere HR-Tech-Startups zu investieren. "KI kann im Personal einiges bewegen", meint der 54-Jährige.

Ries wirbt für mehr Investoren aus der Personalszene. "Das würde unsere Profession nachhaltig verbessern." Und tatsächlich gibt es noch ein paar Beispiele für HR-Invests. Etwa Elke Eller, noch bis Ende Juni 2021 Personalvorständin der Tui. Sie trat Anfang 2021 als eine von fünf Wirtschaftsfrauen in die Öffentlichkeit, die bei Tandemploy investierten. Die frühere BPM-Chefin ist unter diesen Neu-Investorinnen die einzige mit HR-Hintergrund. Eller unterstützt das HR-Tech-Startup, das 2013 von zwei Frauen gegründet wurde, um Mitarbeitende über Softwaretools zu vernetzen, Kreativität zu fördern und für die Karriere Person und Position zu matchen. Über ihre Beweggründe, die Intensität und die künftige Form der Unterstützung mag Eller allerdings derzeit nicht sprechen.

Den Machern vertrauen, das Geschäftsmodell verstehen

Ganz anders Michael H. Kramarsch, der schon 2017 bei der Matching-Plattform Tandemploy einstieg und sowohl auf seiner Berater-Homepage als auch in Interviews und Vorträgen für visionäre HR-Startups wirbt. Mit 40 selbst Gründer und heute noch Managing Partner der HKP Group, schaut sich der Unternehmensberater kontinuierlich und bewusst ausschließlich unter den Startups der HR-Szene um: "In Fintechs investiere ich nicht, obwohl sie lukrativ sind." Stattdessen hat er schon Geld und Rat eingebracht in den Personaleinsatzplaner Vote2Work, die Recruiter Taledo und Talentwunder, wobei diese Meta-Suchmaschine bereits 2020 an Gesellschafter verkauft wurde und der Berater raus war. Da hat Kramarsch zwar gut verdient, lieber aber sind ihm nachhaltige Investments. "Ich will Gründern aus dem Dunstkreis meines Berufslebens mit meinem Netzwerk und meiner Erfahrung zur Seite stehen", erklärt er. Dafür hat Kramarsch ein simples Investitionsraster: Er muss den Machern vertrauen, das Geschäftsmodell verstehen, will mit Rat dabei sein und nachhaltige Geschäftsmodelle fördern. Wenn alles gut läuft, steht er als Coach und Reflexionsfläche jedes Vierteljahr bereit. Gibt es Probleme mit Kunden, der Finanzierung oder im Management, nimmt die Frequenz der Gespräche zu.     

"Wenn ich Geld und Know-how investiere in ein Startup, dann kommt die Strahlkraft aus dem Gesamtpaket", sagt Mirko Schliemann, der in zwölf Jahren beim IT-Softwareanbieter Innowake als Geschäftsführer auch für Personal verantwortlich war und 2017 Aloha Talents gründete. Der IT-Recruiter übernimmt für Unternehmen das Bewerbermanagement und pflegt ein Partnernetzwerk für Talent-Empfehlungen, Jobinteressierte erhalten ein Karrieretraining.

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Schliemann hält nach HR-Startups Ausschau, für die er sein Netzwerk aktivieren und die er mit Feedback voranbringen kann: "Denn wenn ich nur Geld anlegen will, kann ich in Aktien investieren." Allerdings ist der 47-Jährige bisher nicht fündig geworden. "Weil ich selbst im Personal unterwegs bin, bin ich natürlich besonders anspruchsvoll", räumt Schliemann ein. "Die Investments sollen mir schließlich auch Impulse für meine eigene Arbeit geben." KI-Technologien sind so ein Thema, das ihn anspricht, oder die Digitalisierung von Vereinsmanagement. Schliemann gibt den Gründerinnen und Gründern detailliertes Feedback – auch wenn er sein Geld nicht bei ihnen anlegt. Einen Überblick über potenzielle Partner verschafft sich der 47-Jährige über Companisto, die Investmentplattform für Startups aller Branchen.

Investment in HR-Startups: eine Kopf- und Bauchentscheidung

Über Companisto sucht auch Andreas Schmitz junge Unternehmen, in denen er Kapital und Expertise unterbringen kann. Der Geschäftsführer Personal der Roche Diagnostics in Mannheim versteht sich als Unterstützer, der Informationen benötigt, aber auch den Bauch mitreden lässt, bevor er sich für ein Investment entscheidet. Schmitz betont im Interview mit dem Companisto Angel Club, dass er auch das Verhalten von Gründerinnen und Gründern sowie Investorinnen und Investoren studiert, was für ihn als Personaler ebenso spannend sei wie die finanzielle Seite des Geschehens.

Das Modell des Business Angels, in dem erfahrene Manager Kapital und Know-how in erfolgversprechende Gründerunternehmen tragen, hat auch bei Personalprofis Fuß gefasst. Das Business-Angels-Netzwerk Deutschland BAND, schon 1998 gegründet, listet den beruflichen Hintergrund ihrer 1.400 Mitgliederinnen und Mitglieder nicht auf. Wie viele HR-Manager ihren Rat an Gründerinnen und Gründer weitergeben, bleibt also offen. Ohnehin sind nicht alle bei BAND organisiert, die als Business Angels unterwegs sind. Das ZEW Mannheim schätzte die Zahl 2014 auf etwa 7.500 Akteure, die jährlich 650 Millionen Euro investieren. Die Stichworte der HR-Investoren sind immer wieder Expertise, Netzwerk, Erfahrung sowie Impulse für die eigene Arbeit. Nur über eines spricht keiner der Kapitalgeber: die Summe, die sie in den einzelnen Startups anlegen.


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