Personalstrategie erstellen: So geht's
Ein Praxisbeispiel: Der Konzernvorstand gibt vor, die Organisation müsse schneller, innovativer und agiler werden. Dazu will er eine neue Einheit parallel zum Mutterkonzern aufbauen. 200 Talente der Softwareentwicklung müssen bis zum Jahresende an Bord sein, als Standort wird Polen gewählt, wo die Personalkosten günstig scheinen. Bei dieser strategischen Entscheidung saß kein Personaler mit am Tisch, der darauf hätte hinweisen können, dass die Talente aufgrund der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt kaum in dem Zeitraum, in Festanstellung und mit den erforderlichen Qualifikationen rekrutiert werden können.
Das Beispiel zeigt eindrücklich: Falls die Personalabteilung den Rekrutierungsauftrag erst erhält, wenn alles bereits beschlossene Sache ist, gerät sie, wie auch der Auftraggeber, in eine schwierige Lage. Denn die vereinbarte Strategie kann unter Umständen gar nicht umgesetzt werden. Verfügte das Unternehmen über eine gelebte Praxis, bei der HR bei wichtigen Unternehmensentscheidungen mit am Tisch sitzt, würden diese brenzlige Lage für alle Beteiligten und – noch gravierender – die potenzielle Gefährdung der Unternehmensstrategie erst gar nicht entstehen.
Definition: Personalstrategie
Personaler und Geschäftsführung haben oft kein einheitliches Bild, wenn sie von HR-Strategie, strategischem Personalmanagement oder People-Strategie sprechen. Das führt im Ergebnis oft zu Enttäuschungen und Missverständnissen. Der erste Schritt im Strategieprozess besteht deshalb immer darin, sich über den Begriff und die Zielrichtung der Strategie zu verständigen.
Wir unterscheiden zwei grundsätzlich verschiedene, aber miteinander verbundene Strategien: die Personalstrategie und die Personalfunktionsstrategie.
Die Personalstrategie beschreibt vor allem,
- welche Menschen für die Umsetzung der Unternehmensstrategie benötigt werden (wie viele Mitarbeiter, mit welchen Qualifikationen, zu welchen Zeiten und an welchen Orten benötigt werden),
- wie die Zusammenarbeit aussehen soll und
- welche Maßnahmen ein Unternehmen ergreift, um die benötigten Menschen zu gewinnen und zu halten, sowie
- welche Bedingungen es braucht, damit die Zusammenarbeit bestmöglich gelingen kann.
Eine Personalfunktionsstrategie beantwortet hingegen die Frage, wie sich die Personalabteilung aufstellen muss, um die Personalstrategie umzusetzen. Sie beschreibt also die Strategie für den Bereich Personal und es stehen Fragen nach den bereichsbezogenen Erfolgsmaßstäben, Bereichszielen und den Strukturen des Personalbereichs im Vordergrund.
Die Personalstrategie ist die übergreifende Strategie, die mit der Unternehmensstrategie verzahnt werden muss.
Wer für eine Personalstrategie einzubeziehen ist
Akteure für die Personalstrategie sind neben HR die Geschäftsführung und die Führungskräfte, die Personalprozesse verantworten oder an ihnen beteiligt sind. Für HR ist das Thema Personalstrategie auch ein Mittel, um Einfluss zu gewinnen und den eigenen Auftrag sowie Ziele und Erfolgsgrößen mit der Geschäftsführung zu vereinbaren, die dann auch in schwierigen Phasen richtungsweisend sind.
Erstellung der Personalstrategie im Co-Creation-Prozess
Insbesondere die Digitalisierung hat zu einer Dynamik geführt, die Unternehmen zwingt, auf Sicht zu fahren und sich ständig an Marktveränderungen anzupassen. Macht das Ausarbeiten einer Personalstrategie dann überhaupt noch Sinn? Wir glauben ja, da viele Unternehmen gerade in dieser sich rasant verändernden Umwelt nicht im gewohnten Schema weiter agieren und die Vergangenheit auf die Zukunft projizieren können. Gerade jetzt ist mutiges strategisches Planen und Handeln mit Weitblick essenziell.
Aber es verändert sich die Art und Weise, wie eine Personalstrategie erarbeitet wird, nämlich nicht mehr linear, im stillen Kämmerlein und ohne echte Beteiligung der internen Kunden von HR. Diese Kunden – wie zum Beispiel Geschäftsführung, Führungskräfte und Mitarbeiter – sollte HR sinnvollerweise durch einen Co-Creation-Ansatz oder im Rahmen eines iterativen Vorgehens mittels Feedback-Schleifen in den Strategieentwicklungsprozess einbeziehen.
Personalstrategie muss flexibel bleiben
Gleichzeitig gilt es, Flexibilität zu bewahren. HR muss in der Lage sein, die Personalstrategie schnell anzupassen, beispielsweise weil sich die Unternehmensstrategie geändert hat, die Situation auf dem Arbeitsmarkt eine völlig andere ist oder die Bedürfnisse im Business sich verschoben haben.
Heute kann eine Personalstrategie auch unterschiedliche Stoßrichtungen für verschiedene Bereiche beinhalten. Personaler müssen sich auf eine gewisse Beidhändigkeit oder Ambidextrie verstehen. Das kann zum Beispiel heißen, zum einen das Kerngeschäft effizient zu managen und zum anderen Innovation voranzutreiben. Auch Personalaufbau in einem Geschäftsfeld und -abbau in einem anderen – und das zur gleichen Zeit – ist für viele Organisationen ein Phänomen, das häufiger vorkommen wird.
Sechs Schritte zur Personalstrategie
Die Erstellung der Personalstrategie verläuft zwar nicht linear, dennoch lassen sich durchaus unterschiedliche Schritte ausmachen, die ein sinnvolles Vorgehen beinhalten sollte. Die einzelnen Schritten sind:
- Analyse durchführen
- Veränderungsbedarf ermitteln
- Handlungsoptionen entwickeln und bewerten
- Maßnahmen ableiten
- Strategie kommunizieren
- Maßnahmen integrieren und umsetzen
Die Infografik enthält weitere Details zu den einzelnen Schritten.
Da es bei strategischen Maßnahmen immer öfter auch um Veränderung auf der Ebene der Haltung und Kultur geht, ist am Ende die Kommunikation der Personalstrategie ein zentrales Thema und bereits ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Nur was bekannt und verstanden ist und zudem als sinnvoll erachtet wird, wird von der Belegschaft auch angenommen und vorangetrieben. Vor allem auch das Warum muss vermittelt werden: Das Warum beschreibt, welches Problem gelöst werden soll, aus welchem Grund das nötig ist und welchen Sinn es hat.
Personalstrategie in "Road Show" kommunizieren
Gute Erfahrungen haben wir unter anderem mit Road Shows gemacht, bei denen Führungskräfte und Personaler vor Ort zum Diskurs bereit stehen. Auch Storytelling ist ein gutes Instrument, Strategiethemen plastisch und verständlich zu machen. Der entscheidende Erfolgsfaktor ist und bleibt jedoch der Dialog – und die Bereitschaft von HR zur Zusammenarbeit von Anfang an.
Über die Autoren:
Kerstin Prothmann ist Principal Consultant bei HR Pepper Management Consultants.
Jan C. Weilbacher ist Senior Consultant bei HR Pepper Management Consultants und Autor.
Hinweis: Der vollständige Artikel ist im Personalmagazin, Ausgabe 6-2018, erschienen. Sie können ihn in der P
ersonalmagazin-App abrufen.
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