Projekt "Speckweg": Verschlankung administrativer Prozesse

"Speckweg" heißt es bei Netcologne. Ziel des Projekts ist es, administrative Prozesse zu verschlanken oder sogar abzuschaffen. Das Projekt startete im HR-Bereich und wurde nun auf alle Bereiche ausgeweitet. Dafür erhielt das Unternehmen 2021 den Personalmanagement Award in der Kategorie "Kleine und mittlere Unternehmen".

Christoph Görlich, Bereichsleiter Human Resources bei Netcologne, hatte die Idee: Im Unternehmen gibt es zu viele administrative Prozesse, die den Arbeitsalltag erschweren. Manche gehen auf die Zeit der Firmengründung 1994 zurück und wurden seitdem nicht mehr hinterfragt, ob sie in der heutigen Zeit noch benötigt werden – oder ob sie vielleicht anders und damit schneller und besser ablaufen könnten. Deshalb startete der Bereich Human Resources bei Netcologne 2018 das Projekt "Speckweg".

"Speckweg": Die eigenen Prozesse auf den Prüfstand stellen

Ziel des Projekts ist es, nach und nach die bereichseigenen Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und zu überlegen, wie diese besser ablaufen könnten. "Wer kennt die HR-Prozesse besser als wir selbst?", sagt Julia Hose, Projektleiterin von "Speckweg" und HR Business Partnerin bei Netcologne. "Deshalb haben wir uns aus den unterschiedlichen Disziplinen wie Talentmanagement, Gehaltsabrechnung und -reporting sowie HR Business Partnering zusammengesetzt und unsere Abläufe im Detail angeschaut, um sie zu verschlanken – um sozusagen den überflüssigen Speck wegzuschaffen."

Dabei geht es nicht in erster Linie darum, einen Prozess zu digitalisieren, sondern um wirkliche Ballast-Reduzierung. "Wir sagen, dass ein administrativer Prozess nicht weniger administrativ wird, nur weil er digital durchgeführt wird", so Julia Hose.

Heute findet "Speckweg" in allen Bereichen statt

Sicherlich hat der eingängige Name "Speckweg" mit dazu beigetragen, dass sich die Idee der administrativen Verschlankung im Unternehmen so schnell verbreitete. Als erstes haben sich die Kolleginnen und Kollegen aus dem Geschäftskundenbereich davon inspirieren lassen, die Idee im eigenen Bereich zu adaptieren.

Seit 2020 ist das Projekt unternehmensweit ausgerollt und wird von einem Projektteam gesteuert, das mit Personen aus verschiedenen Unternehmensbereichen besetzt ist. Das Projektteam hat für die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bereichen einen Erklärfilm zur Methodik drehen lassen sowie Workshops zur Wissensvermittlung veranstaltet. Es unterstützt auch bei Bedarf beim Brainstorming und erinnert daran, wenn es an der Zeit ist, die Ideen der Führungskraft vorzustellen oder den Staffelstab an ein neues "Speckweg"-Team weiterzugeben.

Selbstorganisiert Ideen suchen und finden

Die "Speckweg"-Teams in den jeweiligen Bereichen sind selbstorganisiert. Drei bis fünf Kolleginnen und Kollegen finden sich zusammen, sammeln Prozessbeispiele und stellen sich diese gegenseitig vor. Wenn sie einen Prozess mit Optimierungsbedarf gefunden haben, an dem sie aber nicht selbst beteiligt sind oder zu wenig darüber wissen, können sie sich Informationen von den Prozessverantwortlichen einholen. Danach geht es darum, gemeinsam Ideen zu finden, wie dieser Prozess verschlankt oder eliminiert werden kann. Diese Ideen werden zunächst mit der Bereichsleitung besprochen, die wiederum neue Impulse zum Optimierungsvorschlag einbringen kann. Jede "Speckweg"-Runde endet mit einer Vorstellung und Diskussion der Ideen im jeweiligen Bereich.

"Wir bei Human Resources sind ein kleines Team. Deshalb kommt bei uns der gesamte Bereich zusammen, wenn die Ideen präsentiert werden. Wir stimmen ab: Ist es sinnvoll, diese Prozessoptimierung aufzunehmen? Gibt es Nachteile, die berücksichtigt werden müssen?", erläutert Julia Hose. Ist die Änderung bereichsintern beschlossen, geht es an die Umsetzung. Dabei ist es wichtig, dass diejenige Person, die die Optimierung vorgeschlagen hat, nicht zwangsläufig auch die Umsetzung übernimmt, sondern das weitere Vorgehen wird gemeinsam entschieden. Dazu Julia Hose: "Wir fragen uns: Wer verantwortet den Prozess oder hat den größten Bezug zum Prozess und kann die Veränderung somit schnell und unkompliziert umsetzen? Das 'Speckweg'-Team ist Ideengeber und Lösungsfinder, aber nicht zwingend Umsetzer."

Kontinuierlich abspecken

Ein "Speckweg"-Team trifft sich über etwa sechs Monate, dann finden sich neue Kolleginnen und Kollegen zum nächsten "Speckweg"-Team des Bereichs zusammen. Dadurch soll ein Zyklus entstehen, der dazu beiträgt, dass die Prozesse kontinuierlich verschlankt werden. Der Vorteil an diesem Konzept ist auch: Neue Teammitglieder haben andere Prozesse mehr im Blick und bringen daher immer wieder neue und weitere Ideen ein.

Die Teilnahme am "Speckweg"-Projekt findet zusätzlich zum Tagesgeschäft statt. "Deshalb muss auch darauf geachtet werden, dass ein Team nicht zu viele Prozesse auf einmal betrachtet. Das 'Speckweg'-Team soll keinen großen Zusatzaufwand haben, sondern kleine Impulse geben, wie die eigenen Prozesse verschlankt werden können", so Julia Hose. Damit spricht sie eine weitere Regel des Projekts an: Auf den Prüfstand gestellt werden keine Unternehmensprozesse, sondern nur die Prozesse im eigenen Bereich.

Die ersten Beispiele für schlankere Prozesse

Der Bereich Human Resources hat seit 2018 schon einige Erfahrungen mit verschlankten Prozessen gesammelt. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Verschlankung ist das Einreichen einer Krankmeldung. Früher musste die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung immer im Original abgegeben werden. Sie wurde per Post in die Team-Offices gesandt und von dort an HR übermittelt. Heute können die Beschäftigten ihre Krankmeldung einfach mit dem Smartphone abfotografieren und per E-Mail einsenden. Das spart einen Prozessschritt und einen Poststempel.

Ein weiteres Beispiel für eine "Speckweg"-Optimierung betrifft die Lohn- und Gehaltsabrechnung: Alle Netcologne-Beschäftigten können die Cents hinter dem Komma ihres Gehalts für einen guten Zweck spenden. Der Arbeitgeber verdoppelt die Summe, die dadurch zusammenkommt, und weist sie einem guten Zweck zu, den alle Mitarbeitenden mit wählen können. Früher konnten sich die Beschäftigten für die Spenden-Teilnahme über ein Formular anmelden. "Das gab es anfangs nur in gedruckter Form. Sie mussten es abholen, unterschreiben und wieder bei HR abgeben", berichtet Julia Hose. "Heute verschicken wir einfach einen Link. Wenn man den aufruft, ist automatisch die Personalnummer hinterlegt. Die Mitarbeitenden müssen nur noch zur Validierung das Geburtsdatum eintragen und einen Klick machen – und sie sind angemeldet. Das läuft jetzt ausschließlich digital und damit unkompliziert und sehr schnell."


Info: Personalmanagement Award 2021

Der Bundesverband der Personalmanager (BPM) zeichnet herausragende Leistungen im HR-Management mit dem "Personalmanagement Award" aus. 2021 stand die Ausschreibung unter dem Motto "Wir. Gemeinsam. Jetzt." Als Preisträger wurden bekannt gegeben:

Kategorie Großunternehmen: DEVK Challenge Days
Die DEVK Versicherungen haben das Auswahlverfahren für Azubis und Studierende neu aufgestellt und unter anderem mit Gamification, Buddys, echter Wertschätzung und Authentizität versehen.

Kategorie KMU: Projekt "Speckweg"
Die Netcologne GmbH hat eine partizipative Ideenwerkstatt zur Reduktion von administrativen Tätigkeiten geschaffen, mit dem Ziel nicht relevante Prozessschritte zu verschlanken oder abzuschaffen.

Kategorie NPO: Projekt "Jetz ma ehrlich"
Das Klinikum Dortmund etablierte als interne Kommunikations-Maßnahme eine ungewöhnliche Aufklärungskampagne für Corona-Impfungen und erreichte damit schnell eine hohe Impfquote.


Den Nachbericht zum Personalmanagementkongress 2021 finden Sie hier.


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Schlagworte zum Thema:  Prozessmanagement, Award