Demokratie in Unternehmen: unter HR-Experten umstritten
Werden demokratische Unternehmen künftig Vorbild sein für einen Großteil der Unternehmen? Oder handelt es sich hier nur um einen Hype unter Start-Ups, die kurzfristig für die benötigten Fachkräfte Aufmerksamkeit erhaschen wollen? Einige HR-Experten haben zu diesen Fragen gegenüber dem Personalmagazin in Ausgabe 1/2015 Stellung bezogen.
So sieht Dr. Alexander Böhne, Referent für betriebliche Personalpolitik bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die Zukunft von demokratischen Unternehmen sehr kritisch. "Dass Unternehmen nicht basisdemokratisch funktionieren können, ist einleuchtend: Wie wollen Sie innerhalb einer großen Belegschaft bei allen Entscheidungen einen Konsens herbeiführen und gleichzeitig betriebswirtschaftlich sinnvoll handeln? Grundsätzliche Fragen muss die Geschäftsführung entscheiden können", erläutert der BDA-Referent.
Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft
Dem widerspricht Dr. Andreas Boes, Vorstandsmitglied des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung e.V. München (ISF), und betont die Bedeutung des Themas Demokratische Unternehmen: "Es ist ein sehr realistisches Thema. Denn der Wunsch nach mehr Beteiligung und Einflussnahme wird insgesamt relevanter – in der Gesellschaft wie auch in der Wirtschaft", erklärt der Wissenschaftler.
Boes, der als Mitinitiator die Konferenz "Das demokratische Unternehmen" am 12. Februar in München unterstützt, ist zudem davon überzeugt, dass vor allem für die jüngere Generation die Möglichkeit zur Mitgestaltung ein zentrales Kriterium bei der Wahl ihres Arbeitgebers sei.
Demokratie ist keine Generationenfrage
Dass das Thema vor allem von der Generation Y getrieben wird, bestreitet jedoch ein weiterer Mitinitiator der Konferenz zum demokratischen Unternehmen: Thomas Sattelberger, ehemaliger Personalvorstand der Deutschen Telekom AG. Er meint, dass der derzeitige Wertewandel "schräg durch die Generationen" gehe. In allen Generationen gebe es den Wunsch nach mehr Mitentscheidung zu Führung, Teilhabe an Strategie und Souveränität – Grundelemente einer demokratischen Verfasstheit.
Genauso wenig sei die Demokratisierung der Unternehmen ein Thema, das einen Wettbewerb zwischen kleinen und großen Unternehmen fördere. "Es geht hier um einen Wettbewerb zwischen traditionellen Unternehmen, die den Menschen als Produktionsfaktor ansehen, und agilen menschenorientierten", betont Sattelberger. Auch in börsennotierten Großkonzernen sei zumindest eine teilweise Demokratisierung möglich.
Betriebsverfassung ist schon demokratisch angelegt
Dr. Rupert Felder, Personalleiter der Heidelberger Druckmaschinen AG, spricht sich auch für die Demokratie in Unternehmen aus – aber in einem anderen Sinn als Sattelberger. Felder setzt sich für die konsequente Umsetzung des Betriebsverfassungsgesetzes ein: "Die Betriebsverfassung gibt den Akteuren aus Betriebsrat und Unternehmensleitung den Gestaltungsspielraum, verbindliche Regelungen zu treffen", so Felder. "Wer diese Macht hat, braucht dafür eine demokratische Legitimation. Die sieht die Betriebsverfassung mit der Wahl der Betriebsräte vor."
Ein im klassischen Prozess gewählter Betriebsrat werde es nicht zulassen, "dass neben seinem Vertretungsanspruch und -recht weitere Felder einer unmittelbaren Beteiligung der Mitarbeiter entstehen. Dann würde seine Machtbasis bröckeln", erklärt Felder im Personalmagazin.
Hinweis: Weitere Stellungnahmen zum Thema können Sie im Personalmagazin 01/2015 nachlesen. Die parallel erschienene Personalmagazin-App bietet darüber hinaus Add-Ons für die Tablet-Leser wie Videos, Bildergalerien, Downloads und Umfragen. Einen ersten Einblick bietet das Video in dieser News, das exklusiv für die
Personalamgazin-App produziert wurde. Blogger Sascha Lobo, Partake-CEO Hans Jürgen Erbeldinger, Umantis-Gründer Hermann Arnold und Professor Wolfgang Jäger stellen darin ihre Meinung zum Thema "Demokratische Unternehmen" dar.
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Kai Engler
Thu Jan 15 16:54:10 CET 2015 Thu Jan 15 16:54:10 CET 2015
Spannende Überlegung, ich sehe allerdings in der Praxis weitere Grenzen in zu großen Gruppen, in denen sich zu viele Interessenkonflikte ergeben. Ich stelle mir gerade vor, wie ein internationaler Konzern mit zig oder hunderten von Standorten gesteuert werden soll, die jeweils bei Reallokation von Ressourcen klar gegenläufige Interessen haben. Das über ein Votingsystem zu lösen, halte ich für schwierig.
Das das bei jungen u./o. kleinen Beratungsunternehmen funktioniert - geschenkt.
Ausserdem: Welcher Unternehmer gibt denn freiwillig Entscheidungsmacht ab? Vielleicht in operativen Prozessdetails, kaum in den hochrelevanten Themen: Investitionen, Personalentscheidungen, Geschäftsstrategie.
Es hilft eine grundsätzliche Überlegung: Welche Rolle spielt in der Wertschöpfung des Unternehmens a) Investitionskapital und b) Engagement und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Wenn Kapital (das nicht von den Ma. eingebracht wird) eine bedeutende Rolle spielt, wird Demokratie jenseits des BVG nur sehr eingeschränkt möglich sein. Wer die Musik bestellt, bestimmt, was gespielt wird.