New Work: Selbstorganisation erleichtert die Führung

Alnatura versteht sich als sozialorganisches Unternehmen. Über die Führungskultur sprach Personalmagazin-Herausgeber Reiner Straub mit Joachim Schledt, Personalleiter der Alnatura GmbH.

Haufe Online-Redaktion: Alnatura orientiert sich an den Prinzipien kollegiale Führung und Selbstorganisation. Warum ist das für das Unternehmen so wichtig?

Joachim Schledt: Dafür gibt es drei Gründe. Erstens beobachten wir, dass die Welt komplexer wird und sich mit herkömmlichen Führungsstrukturen nicht mehr steuern lässt. Arbeiten und entscheiden lässt sich nicht mehr trennen, vielmehr müssen die Mitarbeiter vor Ort entscheiden, wo  Entscheidungsbedarf besteht. Zweitens müssen wir in den Unternehmen in Zukunft so führen, wie wir heute unsere Kinder erziehen. Weil die jungen Menschen eine Erziehung auf Augenhöhe erleben, müssen sie auch später im Berufsleben so geführt werden. Drittens zeichnet sich für die nächsten fünf Jahren ab, dass sich unser Gründer und Gesellschafter aus dem operativen Geschäft zurückzieht. Wenn sich eine prägende Führungspersönlichkeit zurückzieht, müssen die Kräfte der Selbstorganisation und Selbstverantwortung gestärkt werden.

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Haufe Online-Redaktion: Partizipative Führungs- und Abstimmungsprozesse schaffen eine Kultur des Miteinanders. Werden die Führungsprozesse damit einfacher oder zeitaufwendiger?

Schledt: In der Umstellungsphase entstehen sicherlich zusätzliche Aufwände, weil wir unsere Ziele und Grundsätze den Mitarbeitern erklären müssen. Doch auf lange Sicht erleichtert die Selbstorganisation die Führung. Wenn das nicht so wäre, wäre die Selbstorganisation der falsche Weg. Das Ziel ist, dass alles einfacher, effizienter und schneller wird.

Haufe Online-Redaktion: Unternehmen wie Haufe-Umantis streben ebenfalls eine kollegiale Führungskultur an. Dort werden Führungskräfte gewählt und abgewählt. Wäre das auch für Alnatura ein Weg?

Schledt: Grundsätzlich muss jedes Unternehmen selber entscheiden, was der richtige Weg ist. Bei Haufe-Umantis scheinen Führungskräftewahlen zur Kultur zu passen, bei uns sehe ich das nicht. In der Geschäftsleitung lesen wir das Buch von Frederic Laloux mit dem Titel "Reinventing Organizations" und diskutieren die unterschiedlichen Modelle. Ich kann Ihnen noch nicht sagen, wo wir in fünf Jahren stehen.

Haufe Online-Redaktion: Werden die Führungsmodelle im Management erarbeitet oder kommen da auch Impulse aus Ihren Filialen?

Schledt: Derzeit kommen die Impulse aus dem Management, wir erwarten aber, dass sich die Filialen stärker beteiligen. Das zu ermöglichen und zu fördern, ist unser Ziel.

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Haufe Online-Redaktion: Viele Unternehmen machen bei neuen Führungsmodellen die Erfahrung, dass nicht alle Mitarbeiter Lust haben, sich stärker einzubringen und sich an Entscheidungen zu beteiligen. Haben Sie eine Vorstellung was eine gute Beteiligungsquote ist?

Schledt: Wir haben kein Zielbild und auch keine Erfahrung, wie groß die kritische Masse sein muss, damit Partizipation gelingt. Die Organisationsstruktur muss sicher von der übergroßen Mehrheit mitgetragen werden. Wenn 30 Prozent der Mitarbeiter aktiv mitgestalten und unsere Organisation nach vorne bringen, dann wären wir sicherlich erfolgreich. Das ist aber nur ein Bauchgefühl, mehr nicht.

Haufe Online-Redaktion: Im Unternehmen betreiben Sie das Desk-Sharing, niemand hat mehr einen eigenen Schreibtisch oder ein eigenes Büro. Wie kommen Sie damit zurecht?

Schledt: Wenn Sie mit anderen Mitarbeitern den Schreibtisch teilen, wird die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt gestärkt. Ich selbst habe übrigens auch kein eigenes Büro mehr und komme damit gut zurecht. Im vergangenen Jahr ist es mir zweimal passiert, dass ich spät ins Büro kam und kein Schreibtisch mehr frei war. Dann musste ich zurück ins Home Office fahren.

Schlagworte zum Thema:  Mitarbeiterführung