Langzeitkonten: Neue Wege in Sachen Resturlaub?

Resturlaub auf einem Konto für später ansammeln statt wie üblich sofort abzubauen? Über Langzeitkonten wird dies in einigen Unternehmen umgesetzt. Doch es gibt auch eine Kehrseite, weshalb die meisten Betriebe darauf verzichten, dass Mitarbeiter ihre Urlaubstage auf ein Langzeitkonto übertragen können.

Wenige Wochen bis zum Jahreswechsel und der Resturlaub ist noch nicht genommen? Schnell noch ein paar Tage abbauen- auch wenn es gerade gar nicht passt- heißt da überwiegend die Devise. Denn in den meisten großen deutschen Unternehmen muss der komplette Resturlaub noch vor dem Jahresende genommen werden, wie eine dpa-Umfrage ergab. In Ausnahmefällen ist auch noch bis Ende März oder länger Zeit.

Nur wenige Unternehmen nutzen dagegen die Möglichkeiten, andere Wege beim Thema Resturlaub einzuschlagen - und Urlaubstage auf Langzeitkonten der Mitarbeiter zu übertragen. Ein Beispiel ist der Sportartikelhersteller Adidas, der für seine Mitarbeiter "MyTime"-Konten eingerichtet hat. 

Urlaubstage auf Langzeitkonto übertragen

Bereits im Jahr 2011 hat der fränkische Sportartikelhersteller für seine Mitarbeiter sogenannte „MyTime“-Konten eingerichtet. Auf diese Langzeitkonten können bis zu acht Urlaubstage pro Jahr übertragen werden, wie eine Sprecherin des Unternehmens mit Hauptsitz Herzogenaurach erklärt.

Die angesparte Zeit werde in Geld umgewandelt und könne für langfristige Freistellungen genutzt werden - etwa für eine Auszeit mit der Familie, Weiterbildung, Pflege von Angehörigen oder wenn man mit einem Sabbatical mal aussetzen will. Die Regelung gilt nur für die rund 7.700 Adidas-Mitarbeiter in Deutschland.

Langzeitkonto soll Flexibilität für Mitarbeiter bringen

Der Grund für das Angebot? „Karrieren verlaufen heute nicht mehr linear, sondern werden von unterschiedlichen Lebenssituationen und Prioritäten beeinflusst“, sagt Adidas-Personalvorstand Karen Parkin. Das Ziel von „MyTime“ sei, Mitarbeiter in den verschiedenen Lebensphasen zu unterstützen. Ihnen die Möglichkeit zu geben, Verantwortung für Arbeit und Privatleben zu übernehmen. Falls die Mitarbeiter die Firma vorher verlassen, könne das „MyTime“-Geld entsprechend mitgenommen werden.

Resturlaub, Überstunden, Boni: Alles sammelt sich auf dem Langzeitkonto

Nicht nur der Sportartikelhersteller ist von der Idee eines Langzeitkontos überzeugt, auch die FDP plädiert dafür. Auf dem Konto solle man in einer arbeitsintensiven Phase nicht nur Resturlaub, sondern auch Überstunden und Boni ansammeln können - und es unabhängig vom Arbeitgeber in andere Betriebe mitnehmen können.

Eine gesetzliche Grundlage gibt es mit dem sogenannten Flexi-II-Gesetz dafür schon. Genutzt wird die Möglichkeit einem Forschungsbericht für den Bundestag aus dem Jahr 2016 zufolge aber von nur wenigen Unternehmen in Deutschland. Die meisten Betriebe sehen dabei vor allem organisatorische Schwierigkeiten.

Die Kehrseite: Rückstellungen schrecken Unternehmen ab

Aber auch die Rückstellungen für nicht genommene Urlaubstage schrecken demnach ab. Diese sind nötig, um Arbeitnehmer etwa im Fall einer Kündigung die Tage ausbezahlen zu können. Für Unternehmen ist dies jedoch Geld, das erstmal brach liegt und nicht für andere Dinge genutzt werden kann. Auch Adidas muss Rückstellungen für „MyTime“ bilden - zumindest für ein Jahr, wie die Sprecherin erklärt. Erst im Folgejahr könne dann der entsprechende Betrag in das „MyTime“-Wertkonto übertragen werden.

Aber auch ein Kernanliegen von Urlaub – die Erholung von der Arbeit – könnte dagegen sprechen, Urlaubstage auf einem Langzeitkonto anzusammeln. Auch deshalb regelt das Bundesurlaubsgesetz, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden soll. "Regelmäßiger Erholungsurlaub ist unerlässlich für Gesundheit der Beschäftigten und dient dazu, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten", erklärt Annelie Buntenbach aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Das "Ansparen" von Urlaubszeiten über Jahre sei dagegen nicht sinnvoll und der Gesundheit nicht dienlich.

Prinzipiell beträgt der Mindesturlaub in Deutschland vier Wochen im Jahr. Den meisten Beschäftigten stehen aber mehr Urlaubstage zur Verfügung. Wie mit diesen umgegangen wird, ist nicht gesetzlich festgeschrieben. Das können Unternehmen beziehungsweise die Arbeitnehmer entscheiden. 

dpa
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