Eingeschränkte Haftung bei Lohnabrechnung durch Dritte

In bestimmten Fällen gehen die lohnsteuerlichen Abzugspflichten auf Dritte über. Der Bundesfinanzhof hat sich erstmals mit Haftungsfragen beim Lohnsteuerabzug durch Dritte auseinandergesetzt.

Einnahmen eines Arbeitnehmers, die ihren Leistungsgrund im Dienstverhältnis zum eigenen Arbeitgeber haben, jedoch von einem Dritten gezahlt werden, gehören als Lohnzahlung durch Dritte zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug trifft hierbei grundsätzlich den Arbeitgeber. Dies führt jedoch bei folgenden Fallgruppen zu Problemen:

  • Teile des Arbeitslohns werden zum Beispiel aufgrund tarifvertraglicher Regelungen nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten gezahlt (Sozialkassen des Baugewerbes);
  • Arbeitnehmer mit mehreren aufeinander folgenden kurzfristigen Dienstverhältnissen (studentische Arbeitsvermittlungen);
  • Mehrfacharbeitsverhältnisse, die insbesondere bei Versicherungsunternehmen wegen der Spartentrennung auftreten;
  • ein Dritter übernimmt die Arbeitgeberpflichten einschließlich der Lohnzahlung, zum Beispiel für die Auszahlung von Betriebsrenten.

Die Übertragung lohnsteuerlicher Pflichten

Um auch in diesen Fällen die Lohnsteuererhebung sicherzustellen bzw. zu erleichtern, wurde vor einigen Jahren eine gesetzliche Regelung zur Übertragung lohnsteuerlicher Pflichten auf Dritte eingeführt (§ 38 Abs. 3a EStG):

  • Ein Dritter, der unmittelbar gegen sich gerichtete tarifvertragliche Arbeitslohnan­sprüche erfüllt, ist zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, wenn es sich um Geldleistungen handelt (§ 38 Abs. 3a Satz 1 EStG). 
  • Zudem besteht die Möglichkeit die Lohnsteuerabzugsverpflichtung zu übertragen (§ 38 Abs. 3a Sätze 2 ff. EStG), wenn
    • der Dritte sich hierzu gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet hat,
    • er den Lohn auszahlt oder er die Arbeitgeberpflichten für von ihm vermittelte Arbeitnehmer übernimmt und
    • die Steuererhebung nicht beeinträchtigt wird;
    • Voraussetzung ist die Zustimmung des Betriebsstättenfinanzamts.

BFH-Urteil: Arbeitgeber haftet trotz Pflicht des Dritten

In einem aktuellen Urteilsfall ging es um die Lohnsteuerhaftung. Normalerweise haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Mitarbeiters einzubehalten und abzuführen hat. Im Urteilsfall waren jedoch Urlaubsgelder im Baugewerbe betroffen. Zur Auszahlung und damit auch nach obigen Vorschriften zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) haftet der Arbeitgeber aber auch dann, wenn ein Dritter nach seine lohnsteuerlichen Pflichten trägt. In diesen Fällen haftet der Dritte neben dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber, der Dritte und der Arbeitnehmer sind Gesamt­schuldner der Lohnsteuer.

Ausnahme: Vorschriftswidrige Lohnsteuer-Abführung

Trotzdem wurde der betroffene Arbeitgeber letztlich nicht herangezogen. Nach der Entscheidung des BFH kommt eine Haftung des Arbeitgebers in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn der Dritte (im Streitfall die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft) die Lohnsteuer für den Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat.

An einer vorschriftswidrigen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer fehlt es jedoch, wenn

  • der lohnsteuerliche Arbeitgeberpflichten wahrnehmende Dritte beim Lohnsteuerabzug nach einer Lohnsteueranrufungsauskunft des Finanzamts verfährt oder
  • den Lohnsteuerabzug nach den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes vornimmt.

In diesen Fällen ist es nicht gerechtfertigt, den Arbeitgeber oder den lohnsteuerliche Pflichten erfüllenden Dritten für einen unterbliebenen Lohnsteuerabzug in Anspruch zu nehmen.

Vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. März 2014, Aktenzeichen VI R 43/13