Betriebsrente: Fragen und Antworten zu Nahles bAV-Reform

Die Koalition will die betriebliche Altersversorgung (bAV) stärken. Ob das mit dem nun von Andrea Nahles vorgelegten Gesetzentwurf für eine bAV-Reform gelingt, ist allerdings fraglich. Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Zukunft der Betriebsrente.

Die Betriebsrente gilt als zweite Säule der Altersversorgung. Doch nicht jeder Beschäftigte profitiert davon. Das, so hatte die Bundesregierung schon im Koalitionsvertrag versprochen, soll geändert werden. Mit einer grundlegenden Reform wollte sie die bAV stärken. Dazu hat sie nun einen Referentenentwurf "Betriebsrentenstärkungsgesetz" vorgelegt. Aus Sicht von Experten ist allerdings nicht sicher, ob das Gesetz tatsächlich den erwünschten Durchbruch bringt. Das sind die Kernpunkte des Reformvorschlags:

Warum soll die betriebliche Altersversorgung gestärkt werden?

Weniger als 60 Prozent der Beschäftigten haben eine betriebliche Altersvorsorge. Vor allem Geringverdiener und Mitarbeiter kleinerer Unternehmen stehen häufiger ohne Betriebsrente da.

Was ist der Kern der Reform?

Unternehmen sollen die Höhe der Betriebsrente nicht mehr garantieren müssen. Sie sollen lediglich zusagen, die Beiträge der Beschäftigten an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Versicherungen abzuführen. 15 Prozent des umgewandelten Entgelts müssen Arbeitgeber als Zuschuss an die Pensionseinrichtung zahlen. Die Höhe des Zusatzplus' im Alter hängt von der Vermögensentwicklung der Einrichtungen ab. Auch sie sollen keine festen Zusagen machen. Voraussetzung ist, dass sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in Tarifverträgen auf das vorgeschlagene Sozialpartnermodell einigen.

Was bedeutet der Vorschlag für die Beschäftigten?

Sie wissen nicht, wie hoch das Zusatzplus im Alter ausfällt. Für die eingezahlten Beiträge und deren Verzinsung gibt es keine Garantie. Weder ihr Unternehmen noch die Pensionseinrichtungen sollen die Höhe der Betriebsrente bei dem Modell fest zusagen. Die Enthaftung der Arbeitgeber dürfe "nicht zu Lasten der Beschäftigten und auf deren Risiko alleine erfolgen", fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Was heißt das für Unternehmen?

"Die Einführung einer reinen Beitragszusage ohne Garantieleistungen im Rahmen von Tarifverträgen führt zu Kostensicherheit und zum Wegfall der Haftung für Arbeitgeber", argumentiert der Betriebsrentenexperte Uwe Buchem vom Beratungsunternehmen Mercer.
"Ob das Modell ein Erfolg wird, hängt letztlich von den Tarifpartnern ab." Für einzelne Gewerkschaften könnte es durchaus interessant sein, entsprechende Versorgungseinrichtungen mitzugestalten - auch um damit um neue Mitglieder zu werben.

Der Arbeitgeberverband BDA sieht zwar Chancen, mehr Unternehmen mit ins Boot zu holen. Er warnt aber davor, die Möglichkeit durch zu viele Voraussetzungen zu verspielen. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen seien oft nicht tarifgebunden. Sie würden daher nicht von dem Modell profitieren.

Wieso sind feste Zusagen ein Problem?

Die hohen Zusagen der Vergangenheit lassen sich angesichts der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt kaum noch erwirtschaften. Darunter leiden Versicherer, Pensionskassen und Co aber auch die Unternehmen selbst. Kürzt beispielsweise eine Pensionskasse die Verzinsung künftiger Beiträge, dann muss der Arbeitgeber einspringen, der seinen Beschäftigten die betriebliche Altersversorgung anbietet.

Wie beurteilen Versicherer die Pläne?

Die Branche stößt sich vor allem daran, dass auch Pensionskassen, -fonds und Versicherer keine Garantien mehr geben dürfen. Damit wäre die Zusage einer Mindestrente im Alter nicht mehr möglich, argumentiert der Branchenverband GDV. "Eine reine Beitragszusage verknüpft mit einem Garantieverbot würde Arbeitnehmer selbst in der Rentenphase den Schwankungen der Kapitalmärkte aussetzen, ohne dass sie sich dagegen absichern können." Auch Versicherungsmathematiker der einflussreichen Deutschen Aktuarvereinigung halten das Verbot von Garantiezusagen "weder für erforderlich, noch hilfreich für die verstärkte Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge". Das Sicherheitsbedürfnis der Arbeitnehmer dürfe nicht außer Acht gelassen werden.

Was ist noch geplant?

Für Betriebsrenten von Geringverdienern mit monatlich bis zu 2000 Euro brutto soll es eine neue Förderung geben. Zudem sollen insgesamt höhere Beiträge steuerfrei in Pensionseinrichtungen gezahlt werden können. Das nutze jedoch nichts, wenn die Betriebsrente bei der Auszahlung hoch besteuert werde, argumentiert der Bund der
Steuerzahler: "Aus unserer Sicht gehört die Rentenbesteuerung insgesamt auf den Prüfstand." Der BDA kritisiert, dass Arbeitgeber, die weiterhin feste Zusagen für die Altersversorgung machen, keinen Vorteil aus den geplanten gesetzlichen Änderungen haben sollen.

dpa