Eingruppierung einer Verwaltungskraft in einem Pflegeheim
Die Beklagte betreibt ein Pflegeheim mit über 120 Plätzen, in welchem neben der Langzeitpflege auch eine vorübergehende Pflege angeboten wird. Die Klägerin, welche eine Ausbildung zur Bürokauffrau für Organisation in einem Handwerksbetrieb absolviert hat, ist dort seit dem Jahr 2001 in der Verwaltung tätig. Im Jahr 2002 wurde ein Änderungsvertrag geschlossen, wonach die Klägerin "Verwaltungsarbeit integriert mit sozialtherapeutischer Tätigkeit" zu leisten hat.
Aufgrund eines im Jahr 2015 geschlossenen Haustarifvertrages mit Verdi findet seitdem der TVöD-VKA auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Klägerin erhält Entgelt nach der EG 5 TVöD-VKA.
Die Klägerin machte nun eine Höhergruppierung in die EG 7 TVöD-VKA geltend. Sie begründete dies damit, dass ihre Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordere, da sie für die Abrechnung der Leistungen Kenntnisse aus den SGB sowie der einschlägigen Verordnungen im Pflegebereich benötige. Da die Stelle der Heimleitung über längere Zeit nicht bzw. nicht vollwertig besetzt gewesen sei, habe sie einen Teil dieser Aufgaben übernehmen müssen.
Darüber hinaus habe sie zu mindestens einem Fünftel selbstständige Leistungen im Sinne des Tarifvertrages zu erbringen, denn sie verfüge über einen weitreichenden Entscheidungsspielraum bei der Aufnahme neuer Bewohner/innen, da sie hierbei eine Vorauswahl treffe, ohne dass der Letztentscheider hiervon noch Kenntnis erhalte.
Eingruppierungsmerkmal „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ erfüllt
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Klägerin nach der Entgeltgruppe (EG) 6 zu vergüten sei.
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern führte zunächst aus, dass die Tätigkeiten einer Verwaltungskraft in einem Pflegeheim wie die der Klägerin, der die mit der Bewohneraufnahme und -betreuung zusammenhängenden Verwaltungsaufgaben und insbesondere die Abrechnung der erbrachten Leistungen übertragen sind, einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden können.
Diese zu erbringenden Tätigkeiten können zudem gründliche und vielseitige Fachkenntnisse im Sinne des Tarifvertrags erfordern. In der EG 6 seien u. a. Beschäftigte eingruppiert, deren Tätigkeiten – aufbauend auf der EG 5 Fallgruppe 2 – vielseitige Fachkenntnisse erforderten; hierbei bräuchten sich die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse nicht auf das gesamte Gebiet des Betriebes, bei dem die Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis der Beschäftigten müsse jedoch so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Das Eingruppierungsmerkmal "vielseitige Fachkenntnisse" fordere hierbei im Vergleich zu den "gründlichen Fachkenntnissen" eine Erweiterung des Fachwissens dem Umfang nach. Dies könne sich z. B. aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich auf einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben. Ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung reiche somit nicht aus. Ein erweitertes Fachwissen könne durch Fortbildungen, aber auch durch eigenständiges Lernen und langjährige Erfahrungen auf einem Fachgebiet erworben werden.
Für den vorliegenden Fall entschied das Gericht, dass die der Klägerin übertragene Verwaltungstätigkeit nicht nur gründliche Fachkenntnisse kaufmännischer und leistungsrechtlicher Art, sondern angesichts der Vielschichtigkeit der übertragenen Aufgaben auch vielseitige Fachkenntnisse erfordere, da sie nicht nur Rechtskenntnisse aus dem Sozialrecht benötige, um sämtliche verwaltungstechnischen Aufgaben zu erfüllen, die mit dem Heimaufenthalt der Bewohner verbunden seien. Erforderlich seien z. B. auch Fachkenntnisse aus dem BGB, insb. wenn es um Fragen zu Vollmachten mit den Bewohnern bzw. deren Angehörigen gehe.
(LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 6.8.2024, 5 SLa 2/24)
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