Aufstockung in Holztafelbauweise: Gewicht, Statik und Gestaltung

In Kronberg/Taunus sind differenzierte Bauteillösungen für tragende wie nicht tragende vorgefertigte Wandelemente in Holzbauweise entwickelt und im Vorfeld der Bauausführung exakt für ein Wohnensemble aus den 1960er Jahren abgestimmt worden. Dabei galt es unterschiedlichste Anforderungen im Bereich Statik, Brandschutz und Schallschutz möglichst effektiv und wirtschaftlich zu lösen.

Der bundesweite Trend „Zurück in die Stadt“ ist ungebrochen. Gerade Klein- und Mittelstädte in Metropolregionen gelten als besonders attraktiv. Die DeWAG Gruppe hat die Attraktivität der Stadt Kronberg erkannt und im September 2006 ein Immobilien-Ensemble aus den 1960ern erworben, das unmittelbar am Viktoriapark und dem Schloss Friedrichshof liegt.
Die Wohnanlage hatte alle Voraussetzungen für eine hochwertige und nachhaltige Weiterentwicklung. Das Ensemble, das aus drei Gebäuden inmitten großzügigen Grüns besteht, liegt nur wenige Gehminuten von der Innenstadt entfernt. Es entstanden zusätzlich zu den 28 Wohnungen mit 75 bis 140 m2 Wohnfläche neun großzügige Penthaus-Wohnungen – von 85 m2 auf einer Ebene bis zu 215 m2 teilweise als Maisonette über zwei Ebenen. Geplant hat die Aufstockung der ortsansässige Architekt Wolfgang Ott.

Detaillierte Planung und Know-how
„Wir hatten mehrere harte Nüsse zu knacken“, erinnert sich Ott an den Planungsstart. Zum einen galt es die Forderungen des Baurechts zu erfüllen, zum anderen zwang die Statik der Bausubstanz dem Architekten, einen konstruktiven Lösungsansatz für die Penthaus-Etagen zu finden, der auch eine individuelle Gestaltung zulässt. Die feuerpolizeilichen Vorgaben sowie der Nachweis zusätzlicher Stellplätze und eines Spielplatzes sind durch die Neustrukturierung des Grundstücks mit neuen Zufahrten für die Feuerwehr und Standflächen für Löschfahrzeuge im Gelände erreicht. Zudem fanden insgesamt 32 Stellplätze in einer neu angelegten Tiefgarage mit Parkdeck Platz. Im Bestand wurden Aufzüge ergänzt, die auch die neu aufgesetzten Etagen erschließen.

Statisches Konzept: Trägerrost aus Holz und Stahl
„Gewicht sparen, möglichst wenige statische Ertüchtigungen am Bestand und höchstmögliche Unabhängigkeit vom Bestand lautete unser Ansatz“, erklärt der Architekt seine Entscheidung für die Holztafelbauweise. Konstruktiv sind die neuen Geschosse auf einem Trägerrost aus Holz und Stahl aufgebaut, der über dem bestehenden Dachaufbau der einzelnen Gebäude gelegt ist. Die Lastabtragung erfolgt über Abfangträger, die auf Stahlstützen aufliegen. Diese wiederum sind in der Rohdecke verankert. „Die bestehende Dachabdichtung wurde belassen und lediglich im Bereich der Stahlstützen aufgeschnitten. Nach Setzen der Stützen ist die Abdichtung wieder ergänzt worden“, gibt Ott den Arbeitsablauf kurz wieder. Der Trägerrost bringt seiner Überzeugung nach mehrere Vorteile, da:
• statische Ertüchtigungen am Bestand kaum nötig wurden,
• die Leitungsführung der gesamten Haustechnik in der Ebene des Trägerrostes erfolgen kann,
• die Entwässerung der Terrassen gut und problemlos zu lösen war und
• vorhandene Lüftungsleitungen nach Bedarf verzogen werden konnten.
„Vom architektonischen Ansatz her haben wir auf den Bestand neun Einfamilienhäuser aufgesetzt, was wir auch in der Fassadengestaltung sichtbar gemacht haben“, erläutert Ott. Insgesamt sind in Kronberg fünf eingeschossige Aufstockungen und vier zweigeschossige Aufstockungen in Holzbauweise realisiert worden. Die Geschossaussteifung ist gemäß Vorgabe durch den Statiker über Wand- und Deckenscheiben in Holzrahmenbau sichergestellt.

Standardisierte Details erleichtern individuelle Planung im Holzbau
Den Konstruktionsaufbau und die jeweiligen statischen und bauphysikalischen Anforderungen der unterschiedlichen Bauteile hat das Architekturbüro Ott bereits im Vorfeld der Ausschreibung in Zusammenarbeit mit dem Baustoffhersteller standardisiert. „Wir sind bei unserer Planung sehr strukturiert vorgegangen und hatten stets im Fokus, welche Konsequenz der Bestand auf die Neuplanung nimmt“, gibt der Architekt Einblick in seine Arbeitsweise. Für die unterschiedlichen Wand- und Deckenelemente, wie Außenwand, tragende bzw. nicht tragende Innenwand und Decke wie Dachebene sind Qualitäten im Hinblick auf Brandschutz, Schallschutz, U-Wert und Flächengewicht genau beschrieben, wie z. B. für eine:
• Wohnungstrennwand: Brandschutz F90-BA bei gleichzeitiger Erfüllung eines Schallschutzprofils von R’w,R ≥ 70 dB, Flächengewicht ca. 230 kg/m2,
• tragende Holztafelwand: Brandschutz F90-BA, Flächengewicht ca. 70 kg/m2,
• Außenwand mit vorgehängter hinterlüfteter Fassade:F90-AB, U-Wert ≤ 0,23 W/m2K, Flächengewicht 125 kg/m2.

Eine Herausforderung: der Brandschutz
Die Außenwände sind als Holz-Riegel-Konstruktion mit Wandhölzern 200 x 120 mm (B/T) ausgeführt mit Vollwärmedämmung. Zum Einsatz kam die speziell zur Wärme- und Schalldämmung im Holzrahmenbau entwickelte, nichtbrennbare Glaswolle-Dämmrolle Naturoll 35 (WLG035) mit einem formaldehydfreien Bindemittel. Auf der Außenseite ist die Konstruktion zweifach mit 15 mm dicken Hartgipsplatten (GKFI) beplankt, zur Innenseite ist die Dampfbremse aufgebracht, dann folgt wiederum eine zweifache Beplankung mit der 15-mm-Hartgipsplatte.
Der Brandschutz gilt im Holzbau als eine Herausforderung an Planung und Ausführung. „Eigentlich ist für einen Holztafelbau wie in Kronberg, der in der Gebäudehöhe von bis zu 18,50 m ausgeführt wird, generell die Brandschutzanforderung F90 A vorgeschrieben. In enger Abstimmung mit dem Brandschutzgutachter Arribert Herrmann (öbuv SV. VfdB)
konnten wir jedoch ein Brandschutzkonzept erarbeiten, das eine brandschutztechnische Qualität von F90-BA für den Holztafelbau zulässt, da eine Kompensation über Rauchmelder stattfindet. Die Detailplanung haben wir dann mit dem Baustoffhersteller umgesetzt“, erklärt der ausführende Architekt Ott.
In Kronberg wurden Lösungen erreicht, die dem Brandschutz wie auch der geforderten hohen Schallschutzqualität entsprechen. Die verwendete Hartgipsplatte ist für den Einsatz im Holzbau ideal geeignet. Zum einen ist sie als aussteifende Platte nach DIN 1052:2004-08 zugelassen, zum anderen ist sie mit F90 auch im Brandschutz überzeugend und bietet durch ihre hohe biegeweiche Flächenmasse die Basis für effektiven Schallschutz. Zudem ist die nach DIN 18180 imprägnierten Platte mechanisch hoch beanspruchbar. Für eine sichere und frei planbare Installationsführung in den entstandenen Penthäusern ist durch die Anordnung einer Installationsebene an der Innenseite der Außenwandkonstruktion gesorgt. „Diese zusätzliche Ebene ist bauphysikalisch wie brandschutztechnisch ein wichtiges Detail, das zudem individuellen Innenausbau erheblich erleichtert. Elektrische Verkabelung, Anordnung von Steckdosen oder Lichtschaltern können so problemlos erfolgen“, erläutert der Architekt.

Fazit
Unter dem Label „ParksAvenue“ ist die Symbiose aus konventionellem Gebäudebestand und reduzierter Gegenwartsarchitektur gelungen. Die Aufstockung durch ein- bzw. zweigeschossige Wohnungen in Holzbauweise setzt dabei nicht nur architektonische Akzente, sondern erfüllt auch die Qualitäts- und Gestaltungsansprüche der Eigentümer.

Knut Anthes

Knauf Gips KG/Trockenbau, Iphofen