Verwaltungsseitige Konkretisierung der Umsatzsteuerbefreiung von Investmentfonds

Ausgeräumte unionsrechtliche Zweifelsfragen
Die nationale Steuerbefreiung von Verwaltungsleistungen für Investmentfonds stand bereits in der Fassung des AIFM-StAnpG im Verdacht, gegen sekundäres Unionsrecht in Form des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL zu verstoßen, da die nationale Befreiungsnorm wesentliche Konkretisierungen dieser Norm durch den EuGH (Urteil vom 28.6.2007, C-363/05 (JP Morgan) zu geschlossenen Investmentvermögen) nicht nachvollzog. Diese unionsrechtlichen Zweifel wurden in Abschn. 4.8.13 Abs. 9 Satz 2 UStAE n.F. ausgeräumt.
Fortbestehende unionsrechtliche Zweifelsfragen
Auch die Neufassung des § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG durch das InvStRefG sah sich bereits während des Gesetzgebungsverfahrens vor dem Hintergrund der ebenfalls nachzuholenden Umsetzung des EuGH-Urteils vom 9.12.2015, C-595/13 (Fiscale Eenheid X), unionsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt, sofern der insoweit offen formulierte Wortlaut, dessen Konkretisierung in der Gesetzesbegründung offenbar bewusst derart unbestimmt blieb, dass es zur einer hinreichend rechtssicheren Bestimmung der Reichweite der Norm zwingend einer verwaltungsseitigen Konkretisierung bedurfte, eine restriktive Auslegung erfahren würde. Da es zur Umsetzung des vorstehenden EuGH-Urteils die bislang im Vergleich zu den stärksten europäischen Wettbewerbern – die nationalen Befreiungsnormen von Luxemburg und Irland sehen eine vollständige Befreiung für AIF vor – wesentlich restriktivere nationale Umsetzung zu korrigieren galt, verband die deutsche Investmentbranche mit der Neufassung des § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG vergeblich die Hoffnung einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG 2018 befreit die Verwaltung von OGAW und mit diesen vergleichbaren AIF (Art. 4 Abs. 1 lit. a AIFM-RL 2011/61/EU). Basierend auf einer divergierenden Interpretation des EuGH-Urteils vom 9.12.2015 ist umstritten, wann eine hinreichende Vergleichbarkeit vorliegt.
Entgegen den Angaben der Gesetzesbegründung soll nach Abschn. 4.8.13 Abs. 8 UStAE n.F. die Befreiung für AIF nur dann greifen, wenn die Kriterien nach Satz 4 Nr. 1–7, die der EuGH-Rechtsprechung ungewichtet entnommen wurden, kumulativ vorliegen. Dieses Erfordernis findet in der Rechtsprechung, ebenso wie die Eingrenzung auf Kleinanleger in Nr. 2 und die Differenzierung zwischen Spezial-AIF i.S.d. § 282 und i.S.d. § 284 KAGB in Abs. 9, keinen Rückhalt. Sie sind daher aufzuheben. Ferner ist der nicht ohne Weiteres im Bedeutungsgehalt erschließbare Klammerzusatz in Nr. 3 („vergleichbare Pflichten und Kontrollen“) entweder weiter zu konkretisieren oder zu streichen.
Vielmehr ist u.E. zwischen AIF i.S.d. AIFM-RL und AIF außerhalb des insbesondere zeitlichen Anwendungsbereichs der AIFM-RL mit der Konsequenz zu differenzieren, dass Erstere grundsätzlich (Ausnahmen: bspw. gemäß § 4 Abs.4–5 KAGB oder Prüfung ausländischer AIF-Zulassungen) mit OGAW hinreichend vergleichbar sind. Die einzelnen Prüfkriterien des Abschn. 4.8.13 Abs. 8 UStAE n.F. sind u.E. folglich unter Berücksichtigung der vorliegend geforderten Korrekturen ausschließlich auf Letztere anzuwenden.
Fazit
Aufgrund der zahlreichen durch Abschn. 4.8.13 Abs. 9 Satz 2 UStAE n.F. aufgeworfenen Zweifelsfragen und der u.E. nicht zutreffenden Interpretation des EuGH-Urteils vom 9.12.2015 bleibt die nationale Umsetzung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL weiterhin unionsrechtlich bedenklich.
Praxis-Hinweis
Die Verwaltungsgrundsätze finden auf nach dem 31.12.2017 ausgeführte Umsätze Anwendung. Für Umsätze, die vor dem 1.1.2018 für Investmentfonds erbracht wurden, aber von der Neuregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG bzw. der verwaltungsseitigen Konkretisierung in Abschn. 4.8.13 Abs. 8 und 9 UStAE n.F. erfasst worden wären, kann sich der Unternehmer für die Steuerfreiheit seiner Leistungen auf das EuGH-Urteil vom 9.12.2015 – Rs. C-595/13 (Fiscale Eenheid X) und Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sowie insoweit klarstellend auf die Grundsätze des BMF-Schreibens stützen.
Eine bislang für betroffene Verwaltungsleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer stellt einen unrichtigen Steuerausweis dar. Der zunächst entrichtete Mehrbetrag gilt nach § 14c Abs. 1 UStG als vom leistenden Unternehmer geschuldet. Die gegenüber der dem Leistungsempfänger ausgestellten Rechnungen sind um den Mehrbetrag zu berichtigen. Die Berichtigung des Mehrbetrags seitens des leistenden Unternehmers (Kapitalverwaltungsgesellschaft) gegenüber der Finanzverwaltung setzt dabei grundsätzlich die Rückzahlung des Mehrbetrags an den Leistungsempfänger voraus.
Vgl. weiterführend Kußmaul/Kloster, Verwaltungsseitige Konkretisierung des § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG in der Fassung des Investmentsteuerreformgesetzes – Kritische Anmerkungen zur Änderung des UStAE durch das BMF-Schreiben vom 13.12.2017 –, Ubg 4/2018 im Erscheinen.
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