Kindergeld: Was geschieht bei Planänderung bei der  Ausbildung

Setzt ein Kind seine Ausbildung anders als ursprünglich geplant fort, können zwei Ausbildungsabschnitte trotzdem zu einer Erstausbildung zusammengefasst werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

Mehrstufige Ausbildung – der ursprüngliche Plan ändert sich

Pläne ändern sich. Gar nicht so selten geschieht dies im Verlauf von Studium oder Ausbildung. Manchmal haben die Studierenden oder Auszubildenden die Anforderungen falsch eingeschätzt. Sie haben sich unter dem später auszuübenden Beruf etwas anderes vorgestellt. Oder der Grund liegt sogar außerhalb des eigenen Einflussbereichs und ursprünglich angekündigte Ausbildungswege kommen nicht zustande. Gerade bei einer geplanten mehrstufigen Ausbildung stellt sich dann oft die Frage nach dem Anspruch auf Kindergeld. Ein solcher Fall lag dem Bundesfinanzhof (BFH) aktuell zur Entscheidung (BFH, Urteil vom 23.10.2019, III R 14/18) vor.

BWL-Studium statt Bankkolleg

Nachdem sein Sohn ein BWL-Studium aufgenommen hatte, beantragte der Vater erneut Kindergeld für ihn. Dies lehnte die zuständige Familienkasse jedoch ab. Denn nach ihrer Einschätzung bildeten die zuvor von dem jungen Mann abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann und das begonnene Studium keine einheitliche Ausbildung. Die Ausrichtung des Faches Betriebswirtschaftslehre war dafür ihrer Meinung nach zu breit angelegt. Anders wäre dies gewesen, wenn der Sohn – wie ursprünglich geplant – im Anschluss das Bankkolleg besucht und dort als Bankfachwirt abgeschlossen hätte.

Auf die Einstufung des BWL-Studiums als zweiten Ausbildungsschritt im Rahmen der Erstausbildung kam es jedoch an, da der Sohn im Anschluss an seine Ausbildung in Vollzeit bei der Bank beschäftigt war und sein Studium als Online-Studiengang bei einer Hochschule verfolgte.

Anspruch auf Kindergeld besteht zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr aber nur dann,

  • wenn ein Kind während einer zweiten Ausbildung weniger als 20 Wochenstunden arbeitet oder
  • zum ersten Mal ein Studium oder eine Berufsausbildung absolviert.

Deshalb klagte der Vater gegen den ablehnenden Bescheid der Familienkasse. Das Finanzgericht Niedersachsen bewertete das Studium des Sohnes allerdings ebenfalls als getrennten Ausbildungsabschnitt und wies die Klage daher ab.

BFH: Auslegung von Erstausbildung und Zweitausbildung

Nach Einschätzung des BFH ist der Begriff der Erstausbildung eng auszulegen. Dies soll verhindern, dass jede Form von Kurs bereits als erste Ausbildung eingestuft werden kann. Einzelne Abschnitte können daher zusammengefasst werden, wenn sie zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind. Dabei kommt es auf einen objektiven Beweis an, dass die Ausbildung nach Erreichen eines ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll. Als wichtiger Hinweis gilt zum Beispiel, wenn sich das Berufsziel erst durch den weiteren Abschluss erreichen lässt.  

Im aktuellen Fall wertete der BFH den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Beginn des BWL-Studiums grundsätzlich als Zeichen für die Fortsetzung der Ausbildung. Das gilt umso mehr, da der junge Mann sich bereits vor Ende seiner Lehre über das Studium informiert hatte. Außerdem erkannten die Richter eine enge sachliche Verbindung zwischen der abgeschlossenen Banklehre und den Studieninhalten. Die erfolgte Umorientierung gegenüber den ursprünglichen Plänen sahen sie daher nicht zwingend als schädlich an. Zur genauen Prüfung des Sachverhalts verwies der BFH den Fall zurück an das Niedersächsische Finanzgericht.

Praxistipp: Wann ein Kindergeldanspruch trotz Vollzeitarbeitsverhältnis besteht

Trotz einer Erwerbstätigkeit in Vollzeit kann weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld bestehen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Berufstätigkeit des Kindes dabei in den Hintergrund tritt. Ein Indiz dafür ist, dass keine über 26 Wochen hinausgehende Bindung an einen Arbeitgeber besteht. Auch eine Anpassung der Arbeitszeit an den Ausbildungsplan dient als Hinweis darauf, dass die weitere Ausbildung im Vordergrund steht. Nimmt sie dagegen eher eine Nebenrolle gegenüber dem Beruf ein, spricht dies dafür, dass es sich um eine Zweitausbildung oder Weiterbildung handelt. Ein Kindergeldanspruch besteht in diesem Fall nicht mehr.

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