BFH: Steuererstattung für Verdienstausfallschaden

Wer Ersatz für Verdienstausfall und die darauf entfallende Einkommensteuer bekommt, muss die gesamten Leistungen als Einkommen versteuern.

Berufsunfähigkeit – die meisten Menschen kennen dieses Thema nur aus Beratungsgesprächen, wenn es um eine geeignete Absicherung der möglichen finanziellen Folgen geht. Wer aber tatsächlich seine Arbeitskraft verliert, steht in der Regel vor großen Herausforderungen. Für die Betroffenen kommt es dann häufig auf jeden Cent an. Umso schlimmer ist es, wenn das Finanzamt seinen Anteil von den erhaltenen Entschädigungszahlungen beansprucht. Welche Leistungen bei Erstattungen einer Versicherung der Einkommensteuer unterliegen, hatte zuletzt der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 15.10.2024, IX R 5/23) entschieden.

Entschädigung für Berufsunfähigkeit durch medizinischen Behandlungsfehler

Aufgrund einer nicht fachgerechten medizinischen Behandlung wurde eine Frau erwerbsunfähig. Im Anschluss folgte eine längere Auseinandersetzung mit dem zuständigen Versicherer des Verursachers, in der es um dessen Schadensersatzpflicht und die Höhe der Entschädigung ging. Schließlich einigten sich die Parteien darauf, dass der Ausgleich des erlittenen Schadens „nach der modifizierten Nettolohntheorie“ erfolgen sollte. Dabei erhielt die Geschädigte zunächst Zahlungen in Höhe des entgangenen Nettolohns. Zu einem späteren Zeitpunkt erstattete die Versicherung die tatsächlich angefallene Einkommensteuer.

In den Jahren 2017 und 2018 erzielte die Frau durch das gewählte Entschädigungsverfahren schließlich hohe Einnahmen. Neben dem Nettoersatz ihres Verdienstausfalls in Höhe von jeweils 21.395,28 EUR flossen ihr rückwirkend die Zahlungen der Steuerlast über die gesamten Jahre zu. So zahlte die Versicherung im Jahr 2017 70.716,59 EUR. Diese Leistung umfasste den gutachterlich ermittelten Steuerbetrag sowie ein fiktives 13. Monatsgehalt für die Zeit von 1997 bis 2017. Im Jahr 2018 erhielt die Frau nochmals eine Zahlung von 38.511,16 EUR, mit der die Steuerlast aus dem Vorjahr abgegolten wurde.

Besteuerung von Erstattungsleistungen

Das zuständige Finanzamt erfasste sämtliche Zahlungen in den Einkommensteuerbescheiden der jeweiligen Jahre als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Nach erfolglosem Einspruch wehrte sich die Frau dagegen vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Die dortigen Richter schlossen sich jedoch der Auffassung der Behörde an. In der anschließenden Revision vor dem Bundesfinanzhof bemängelte sie schließlich die Auslegung des Einkommensteuergesetzes durch das Gericht. Dabei wies sie darauf hin, dass die von der Versicherung erhaltenen Steuererstattungen keine Einnahmen ersetzten. Stattdessen habe es sich um Ausgaben in Form eines Steuerschadens gehandelt.

Die Richter am Bundesfinanzhof bestätigten in ihrer Entscheidung jedoch die Vorinstanz und wiesen die Revision als unbegründet zurück. Dies ergibt sich daraus, dass der Ersatz des Verdienstausfalls und die Steuerlast in engem Bezug zueinanderstehen. Somit sind sie nicht getrennt zu beurteilen, sondern bilden zusammen eine steuerbare Entschädigung.

Abgelehnt wurde vom Bundesfinanzhof auch die hilfsweise beantragte ermäßigte Besteuerung. Grundsätzlich können Entschädigungen zwar außerordentliche Einkünfte darstellen. Entscheidend für die Ermäßigung des Steuertarifs ist allerdings, dass der Versicherer die Leistung vollständig in einem Veranlagungszeitraum erbringt. Denn nur dann käme es zu einer Zusammenballung von Einkünften. Anders ist der Fall, wenn sich die Zahlung über zwei oder mehr Veranlagungsjahre erstreckt. Selbst wenn sich die Entschädigung zusammen mit den laufenden Einkünften durch die Steuerprogression nachteilig auswirkt, ist dies nicht als Zusammenballung zu werten.

Praxis-Tipp: Ermäßigte Besteuerung bei Zusammenballung von Einkünften

Zu einer Zusammenballung von Einkünften kommt es immer dann, wenn zu regelmäßigen Einkünften wie Arbeitslohn Vergütungen für mehrere Jahre hinzukommen. Neben Erstattungen, die wie im Fall der Klägerin durch langjährige Verhandlungen aufgelaufen sind, führen oft auch Abfindungen oder Jubiläumszuwendungen zu untypisch hohen Einkünften in einem Jahr. Zur Ermittlung der Steuer wird dann die sogenannte Fünftelregelung angewandt. Die Einnahme wird dabei so behandelt, als ob der Empfänger sie gleichmäßig über die folgenden 5 Jahre verteilt bekommen würde.

Anders als bisher ist die Fünftelregelung jedoch nicht mehr vom Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren anzuwenden. Stattdessen kommt sie nun erst bei der Einkommensteuer-Veranlagung des Arbeitnehmers zum Tragen. Keine Auswirkungen hat die Regelung allerdings bei denjenigen, die bereits den Spitzensteuersatz erreicht haben.


Schlagworte zum Thema:  Entschädigung, Einkommensteuer, Schadensersatz