Tz. 111

IFRS 15 enthält detaillierte Vorgaben für die Erfassung von Entgelten aus Lizenzen für die Überlassung geistigen Eigentums. Hierunter fallen Lizenzen für Software, Technologien, Filme, Musik und sonstiges Entertainment, Franchising sowie Patente, Marken, Verlags- und sonstige Urheberrechte (IFRS 15.B52).

Zunächst ist hierbei zu unterscheiden, ob neben der Lizenz noch weitere Vermögenswerte oder Dienstleistungen übertragen werden, was explizit vertraglich fixiert oder implizit durch die gewöhnlichen Geschäftspraktiken des Unternehmens gegeben sein kann. Ist dies der Fall, enthält der Vertrag entsprechend mehrere abgrenzbare Leistungsverpflichtungen, die separat zu würdigen sind (IFRS 15.B53, vgl. Tz. 100 ff.).

Abgrenzbare Leistungsverpflichtungen liegen nicht vor, wenn die Lizenz integraler Bestandteil des Vermögens­werts ist oder die Lizenz dem Kunden nur in Verbindung mit der verbundenen Leistung einen Nutzen stiftet (IFRS 15.B54, .BC406). In diesen Fällen sind die bereits dargelegten Kriterien für die Einordnung in zeitraum- und zeitpunktbezogene Leistungsverpflichtungen heranzuziehen (IFRS 15.31 ff., .B55, vgl. Tz. 86 ff.).

Folgendes Beispiel in Anlehnung an IFRS 15.IE281 ff. dient zur Verdeutlichung:

 

BEISPIEL

Ein Pharmaunternehmen veräußert die Patentrechte an einem zugelassenen Medikament für zehn Jahre an einen Kunden. Das Medikament wird durch das Pharmaunternehmen nicht mehr weiterentwickelt, aber das Pharmaunternehmen übernimmt die Herstellung des Medikaments für den Kunden. Sofern das Medikament aufgrund eines speziellen Herstellungsprozesses nicht durch ein anderes Unternehmen hergestellt werden kann, stellen die Übertragung der Patentrechte und die Herstellung eine einzige Leistungsverpflichtung dar, da die Patentrechte faktisch nicht ohne die Herstellungsdienstleistung erworben werden können.

Ein weiteres Beispiel hierfür ist der Lizenzvertrag für die Nutzung eines immateriellen Vermögenswerts für den Produktionsprozess und das Design eines Gutes in Verbindung mit Updates, welches bei der Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen dargelegt ist (IFRS 15.IE278 ff., vgl. Tz. 109).

 

Tz. 112

Sofern die Lizenzübertragung eine abgrenzbare Leistungsverpflichtung bildet, ist eigenständig zu beurteilen, ob sie über einen Zeitraum oder zu einem Zeitpunkt auf den Kunden übertragen wird, hierbei ist entscheidend, ob dem Kunden

  • ein Zugriffsrecht auf das geistige Eigentum des Unternehmens, wie es über die Lizenzlaufzeit existiert (zeitraumbezogene Leistungserfüllung) oder
  • ein Nutzungsrecht für das geistige Eigentum des Unternehmens, wie es zum Zeitpunkt der Lizenzübertragung existiert (zeitpunktbezogene Leistungserfüllung)

übertragen wurde (IFRS 15.B56, .B60 f.).

 

Tz. 113

Wenn das umsatzgenerierende Unternehmen über die Lizenzlaufzeit das geistige Eigentum verändert bzw. weiterentwickelt liegt der erste Fall vor. Dies ist gegeben, wenn die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (IFRS 15.B58 f.):

  • es ist vertraglich fixiert oder der Kunde kann beispielsweise aufgrund der gewöhnlichen Geschäftspraktiken oder bestimmter Aussagen des Unternehmens berechtigterweise erwarten, dass das Unternehmen Aktivitäten durchführt, die sich wesentlich auf das geistige Eigentum auswirken, auf das der Kunde ein Zugriffsrecht hat,
  • die Aktivitäten des Unternehmens setzen den Kunden direkt den jeweiligen positiven oder negativen Effekten auf das geistige Eigentum aus und
  • die Aktivitäten des Unternehmens führen nicht zur Übertragung von Vermögenswerten oder Dienstleistungen auf den Kunden.
 

Tz. 114

Die Aktivitäten des Unternehmens wirken sich wesentlich auf das geistige Eigentum aus, auf das der Kunde ein Zugriffsrecht hat. Dies ist der Fall, wenn sich

  • entweder die Form (z. B. das Design) oder die Funktionalität des geistigen Eigentums durch die Aktivitäten ändern oder
  • der Nutzen des Kunden aus dem geistigen Eigentum von den Aktivitäten des bilanzierenden Unternehmens abhängt (z. B. Marketingmaßnahmen für eine Marke) (IFRS 15.B59 A).
 

Tz. 115

Verändert sich das geistige Eigentum über die Lizenzlaufzeit hingegen nicht, liegt eine zeitpunktbezogene Leistungserfüllung vor und der Umsatz ist mit Übertragung der Lizenz zu erfassen, jedoch nicht bevor der Kunde sein Nutzungsrecht aktiv ausüben kann (IFRS 15.B61). Bei der Softwarelizenz aus dem Beispiel (vgl. Tz. 108) ist dies der Fall und der gesamte Umsatz ist mit Übertragung der Lizenz zu erfassen (IFRS 15.IE277), wäre die Software allerdings erst nach Freischaltung über einen Code funktionsfähig, wäre der Umsatz erst mit Bereitstellung des Freischaltcodes an den Kunden zu erfassen (IFRS 15.B61).

 

Tz. 116

Bei der Beurteilung, ob der Umsatz aus der Lizenzübertragung zeitraum- oder zeitpunktbezogen zu erfassen ist, spielen zeitliche und geografische Restriktionen oder Nutzungsrestriktionen keine Rolle, da diese Eigenschaften der übertragenen Lizenz darstellen, aber auf die Leistungserfüllung des Unternehmens keinen Einfluss haben. Ferner bilden Patentschutzgarantien seitens des Untern...

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