Tz. 39

Keinen Vermögensgegenstand im bilanzrechtlichen Sinne stellt der Geschäfts- oder Firmenwert dar, denn er ist nicht selbständig verwertbar. Gem. Abs. 1 Satz 4 gilt er jedoch als begrenzt abnutzbarer Vermögensgegenstand und ist daher ansatzpflichtig, wenn er entgeltlich erworben wurde (Vermögensgenstand kraft Fiktion).[74] Folglich ist er abzuschreiben (dazu sogleich). Der selbstgeschaffene Geschäfts- oder Firmenwert darf nicht aktiviert werden.

 

Tz. 40

Ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert liegt vor, wenn der Wert eines erworbenen, lebenden Unternehmens den Verkehrswert oder (Wahlrecht) aktuellen Buchwert aller Vermögensgegenstände abzüglich Schulden übersteigt.[75] Der Wert muss aber gerade dem Unternehmen anhaften. Nicht ausreichend soll daher sein, wenn ein höherer Kaufpreis gezahlt wird, um einen Konkurrenten auszuschalten[76] oder wenn er auf persönlichen Eigenschaften des Inhabers beruht.[77] Maßgeblicher Zeitpunkt der Berechnung ist die Übernahme des Unternehmens.[78] Im Falle des Beteiligungskaufs ist kein Geschäfts- oder Firmenwert, sondern der Anteil zu Anschaffungskosten anzusetzen.

 

Tz. 41

Der entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwert ist über die planmäßige Nutzungsdauer abzuschreiben (Nutzungsdauerbegrenzung; § 253 Abs. 3 Satz 1–3 HGB). Dies ist im Anhang zu erläutern (§ 285 Nr. 13 HGB). Lässt sich die tatsächliche Nutzungsdauer ausnahmsweise nicht ermitteln, sind die Abschreibungen auf zehn Jahre zu verteilen (§ 253 Abs. 3 Satz 4 und 5 HGB). Die steuerrechtlich unwiderlegbar vermutete Nutzungsdauer von 15 Jahren (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG) gilt handelsrechtlich nicht.[79] Zu den Faktoren für die Schätzung der Nutzungsdauer vgl. DRS 4.33. Diese können sein:

  • Die Art und voraussichtliche Betriebsdauer des Unternehmens unter Beachtung
  • der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen, die auf die Betriebsdauer einen Einfluss haben können
  • der zu erwartenden Entwicklung und Bestandsdauer der betreffenden Branche
  • der Entwicklung der Absatz- und Beschaffungsmärkte
  • der zu Erwartenden Erhaltungsaufwendungen, die erforderlich sein werden, um das Unternehmen rentabel am Markt zu positionieren
  • der Entwicklung der zu erwartenden Personalstruktur, insbes. im Hinblick auf wichtige und leitende Mitarbeiter

Nach außerplanmäßiger Abschreibung besteht gem. § 255 Abs. 5 Satz 2 HGB ein Wertaufholungsverbot.

[74] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 144; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 9; Schülke, DStR 2010, 992 (994).
[76] Hennrichs, Wahlrechte, 168; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 615d.
[78] Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 9.
[79] Kleindiek, in: GroßKo-HGB, § 246 HGB Rn. 84 ff.; Schubert/Andrejewsi/Roscher, in: BeckBilKo, § 253 HGB Rn. 673 ff.

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