aa) Begriff der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)
Tz. 26
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist für alle Kaufleute definiert als Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs (§ 242 Abs. 2 HGB). Aufwendungen sind Ausgaben, die nach den GoB dem Geschäftsjahr ihrer wirtschaftlichen oder rechtlichen Verursachung zugeordnet sind. Erträge sind Einnahmen, die nach den GoB dem Geschäftsjahr ihrer Realisation zugeordnet werden.[77] Ausgaben und Einnahmen sind tatsächlich geleistete oder tatsächlich erhaltene Zahlungen. Die GuV ist anders als die Bilanz nicht stichtags- sondern zeitraumbezogen. Sie stellt die Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum eines Geschäftsjahres gegenüber und bestimmt zum Ende dieses Zeitraums einen Gewinn oder Verlust als Saldogröße.
Die Funktion der GuV besteht im GoB-System der doppelten Buchführung einerseits, parallel zur Bilanz, in der Gewinnermittlung und Ausschüttungsbemessung[78] sowie andererseits, im Berichtssystem des Jahresabschlusses, in der Vermittlung eines zutreffenden Bildes der Ertragslage. Sie zeigt die Struktur der Aufwendungen und Erträge und informiert dabei über Entstehung des Unternehmensergebnisses (Informationsfunktion, Ergebnisermittlungsfunktion)[79].
bb) Grundprinzipien der GuV-Gliederung
bb1) Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit
Tz. 27
Die GuV muss wie die Bilanz nach § 243 Abs. 2 HGB klar und übersichtlich aufgestellt werden. Dafür gelten die allgemeinen Grundsätze für die Gliederung des Jahresabschlusses.
bb2) Kontoform und Staffelform
Tz. 28
Die GuV kann nach den GoB grundsätzlich in der Konto- oder der Staffelform aufgestellt werden. Bei der Kontoform stehen die Erträge und die Aufwendungen getrennt gruppiert neben- oder untereinander.
BEISPIEL 1
GuV in horizontaler Kontoform[80]
Aufwendungen | Erträge | ||||
Vorjahr | Geschäftsjahr | Vorjahr | Geschäftsjahr | ||
Material | 100 | 120 | Umsatzerlöse | 20 | 200 |
Personal | 10 | 200 | Bestandserhöhung | 0 | 120 |
Abschreibungen | 0 | 50 | a.o. Erträge | 0 | 20 |
Zinsaufwand | 0 | 50 | Zinsertrag | 0 | 0 |
Steueraufwand | 0 | 0 | |||
Verlust | 90 | 80 |
BEISPIEL 2
GuV in vertikaler Kontoform[81]
Erläuterung | Vorjahr | Geschäftsjahr | |
---|---|---|---|
Aufwendungen | |||
Material | 100 | 120 | |
Personal | 10 | 200 | |
Abschreibungen | 0 | 50 | |
Zinsaufwand | 0 | 50 | |
Steueraufwand | 0 | 0 | |
Summe | 110 | 420 | |
Erträge | |||
Umsatzerlöse | 20 | 200 | |
Bestandserhöhung | 0 | 120 | |
a.o. Erträge | 0 | 20 | |
Zinsertrag | 0 | 0 | |
Verlust | 90 | 80 | |
Summe | 110 | 420 |
Kennzeichnend für die Staffelform ist die Bildung von Zwischensalden und einem Endsaldo.[82]
BEISPIEL 3
GuV in Staffelform[83]
Vorjahr | Geschäftsjahr | |
Umsatzerlöse | 20 | 200 |
Bestandserhöhung | 0 | 120 |
Material | -100 | -120 |
Personal | -10 | -200 |
Planmäßige Abschreibungen | 0 | -50 |
Zinsaufwand | 0 | 50 |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | -90 | -100 |
a.o. Erträge | 0 | 20 |
Jahresfehlbertrag | 90 | 80 |
bb3) Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren
Tz. 29
Eine GuV kann nach dem Gesamtkosten- oder dem Umsatzkostenverfahren aufgestellt werden. Beim Gesamtkostenverfahren werden sämtliche Aufwendungen einer Periode berücksichtigt. Korrespondierend wird die Wertschöpfung bei den Erträgen erfasst, die sich noch nicht in Umsatzerlösen niedergeschlagen hat. Das bedeutet, dass auch Bestandserhöhungen als Ertrag erfasst werden. Beim Umsatzkostenverfahren werden nur in Umsatzerlösen realisierte Erträge ausgewiesen. Korrespondierend werden nur die Aufwendungen in einer Periode berücksichtigt, die diesen Umsatzerlösen zuzuordnen sind. Der Saldo zwischen Aufwand und Ertrag stimmt bei beiden Verfahren zumindest definitionsgemäß überein.[84]
bb4) Ursprungsorientierte oder funktionale Gliederung
Tz. 30
Die GuV kann wie die Buchhaltung nach dem Ursprung der Aufwendungen und Erträge oder abweichend davon nach den Funktionsbereichen des Unternehmens gegliedert werden. Die ursprüngliche Gliederung weist Material-, Personal-, Zins- und Steueraufwand unabhängig von der funktionalen Zuordnung im Unternehmen aus. Die ursprüngliche Gliederung ist typisch für eine GuV nach dem Gesamtkostenverfahren, aber nicht zwingend damit verbunden. Demgegenüber wird bei der funktionalen Gliederung nach der Verwendung der Aufwendungen gegliedert. Dann werden beispielsweise die Aufwendungen für die Herstellung, für den Vertrieb und für die Verwaltung zusammengefasst unter entsprechenden Positionen ausgewiesen. Die funktionale Gliederung ist für bestimmte Adressaten aussagekräftiger, geht aber mit Informationsverlusten bezogen auf die Kostenstruktur einher. Außerdem ist die funktionale Gliederung schwerer vergleichbar, weil die Zuordnungsentscheidungen große Ermessensspielräume enthalten.[85] Die funktionale Gliederung ist eine übliche Ausprägung des Umsatzkostenverfahrens. Sie ist aber nicht notwendig damit verbunden.
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