Tz. 274

Allgemeines

Für einige Bilanzierungssachverhalte sieht IFRS 1 ein Verbot der retrospektiven Anwendung vor. Die entsprechenden Vorschriften sind in IFRS 1.14–.17 sowie IFRS 1.Anhang B kodifiziert. Neben der im Folgenden dargestellten Vornahme von Schätzungen und der Ausbuchung von Finanzinstrumenten zählen hierzu etwa die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen und ausgewählte Aspekte bei der Darstellung von nicht kontrollierenden Anteilen im Konzernabschluss.

 

Tz. 275

Wert- bzw. Ansatzerhellung für Schätzungen

Üblicherweise liegt zwischen Erstellungsdatum der IFRS-Eröffnungsbilanz und Erstellung des erstmaligen IFRS-Abschlusses ein Zeitraum von zwei Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums ergeben sich i. d. R. bessere Erkenntnisse zu spezifischen, insbesondere zukunftsbezogenen Abschlussposten. Diese Erkenntnisse dürfen gemäß IFRS 1.14 f. jedoch keinen Eingang in die IFRS-Eröffnungsbilanz finden. Dies führt dazu, dass sich der IFRS-Erstanwender bei Aufstellung der IFRS-Eröffnungsbilanz ungeachtet seiner besseren Kenntnis im Zeitpunkt der Erstellung des erstmaligen IFRS-Abschlusses in einer Weise unwissend geben muss, die seinem Kenntnisstand am Ende des Werterhellungszeitraums nach den previous GAAP entspricht. Nicht erfasst von dieser Regelung sind jedoch Fälle, bei denen objektive Hinweise auf fehlerhafte Schätzungen vorliegen.[375]

 

Tz. 276

Sind Schätzungen nach IFRS bei der Aufstellung der IFRS-Eröffnungsbilanz vorzunehmen und waren ­diese nach den previous GAAP für diesen Abschluss nicht vorgeschrieben, so müssen diese gemäß IFRS 1.16 die Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS widerspiegeln. Der Erhellungszeitraum erstreckt sich in diesen Fällen bis zur Erstellung der IFRS-Eröffnungsbilanz.[376]

 

Tz. 277

Ausbuchung von Finanzinstrumenten

Für vor dem 01.01.2004 auf Basis der previous GAAP ausgebuchte nicht-derivative Finanzinstrumente enthält IFRS 1.B2 ein Verbot, die Ausbuchungen wieder rückgängig zu machen. Zurückzuführen ist diese Bestimmung vor allem auf Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung für zeitlich weit zurückliegende Transaktionen sowie auf die Kosten der Beschaffung der Informationen (IFRS 1.BC20).

Vor diesem Hintergrund wird IFRS-Erstanwendern durch IFRS 1.B3 die Möglichkeit gegeben, die Ausbuchungsregelungen des IAS 39 rückwirkend ab einem eigens und beliebig wählbaren Datum anzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass die erforderlichen Informationen zur Anwendung des IAS 39 auf infolge vergangener Transaktionen ausgebuchte nicht-derivative Finanzinstrumente zum Zeitpunkt der erstmaligen Bilanzierung dieser Transaktionen vorlagen.

Ausgenommen von der Einschränkung der retrospektiven Anwendung der Ausbuchungsregelungen sind derivative Finanzinstrumente. Diese sind zwingend im IFRS-Abschluss zu bilanzieren.[377]

[375] Lüdenbach/Christian, IFRS-Essentials, 2010, 420 f.
[376] Lüdenbach/Christian, IFRS-Essentials, 2010, 420 f.
[377] Völkner/Harr, in: Buschhüter/Striegel, IFRS, IFRS 1 Rn. 37.

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