Tz. 281

Zu den wenigen Fällen, in denen der deutsche Gesetzgeber die Regelungen der 8. EU-Richtlinie nicht in nationales Recht übernommen hat, gehört Art. 41 Abs. 6, welcher vorsieht, dass neben den beiden zuvor erläuterten, in nationales Recht gem. § 324 Abs. 1 Satz 2 HGB umgesetzten Ausnahmen, auch Tochterunternehmen in einem Konzern, welcher auf der Ebene der Konzernspitze einen Prüfungsausschuss besitzt, von der verpflichtenden Einrichtung eines Prüfungsausschusses befreit werden können. Die Befreiungsmöglichkeit für Tochterunternehmen wurde mit der Begründung des Gesetzgebers deswegen nicht übernommen, weil kapitalmarktorientierte operativ tätige Kapitalgesellschaften auch dann eine erhebliche Bedeutung für den Kapitalmarkt entfalten, wenn sie in einen Konzern eingebunden werden, sodass folglich für eine ausreichend tiefgehende Prüfung ein Prüfungsausschuss nötig ist.[596] Anderer Ansicht ist hingegen das Deutsche Aktieninstitut e. V., welches einen entsprechenden Befreiungstatbestand begrüßt hätte.[597]

 

Tz. 282

Am 03.04.2014 hat das Europäische Parlament die EU-Reform der Abschlussprüfung verabschiedet. Nach der anschließenden Zustimmung des Rats der EU und der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU sind am 17.06.2014 die geänderte Abschlussprüfungsrichtlinie[598] und die Verordnung über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse[599] in Kraft getreten. Aus dem Inhalt der Richtlinie und der Verordnung ergibt sich u. a. auch, dass die Bedeutung des Prüfungsausschusses in Zukunft weiter steigen wird.[600] Die Anforderungen der Richtlinie sind vom deutschen Gesetzgeber innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie und damit bis zum 17.06.2016 in nationales Recht umzusetzen. Die Vorschriften der Verordnung sind hingegen unmittelbar in jedem Mitgliedstaat zwei Jahre nach dem Inkrafttreten anzuwenden.

 

Tz. 283

Aus der neuen Abschlussprüfungsrichtlinie werden sich keine wesentlichen Änderungen bez. des § 324 HGB ergeben. Art. 39 beschäftigt sich mit dem Prüfungsausschuss und enthält im Vergleich zur 8. EU-Richtlinie u. a. konkretere Vorgaben hinsichtlich der Besetzung und den Aufgaben des Prüfungsausschusses. Mit der Umsetzung der 8. EU-Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber jedoch die neuen Vorgaben im Kern bereits im HGB und im AktG verankert. Über die Vorgaben aus den deutschen Gesetzestexten hinausgehend wird in der neuen Abschlussprüfungsrichtlinie in Art. 1 u. a. explizit gefordert, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses zusammen mit dem Sektor (Branche) des geprüften Unternehmens vertraut sein müssen.

[596] Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067 vom 30.07.2008, 93; Zustimmend: Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 324 HGB Rn. 12.
[597] Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts e. V. zum Referentenentwurf des BilMoG vom 21.12.2007, 2.
[598] Richtlinie 2014/56/EU vom 16. April 2014 ABl. 2014, L 158, 196–226.
[599] Verordnung 2014/537/EU vom 16.04.2014, ABl. 2014, L 158, 77–112.
[600] Dazu Merkt, ZHR 179 (2015), 601.

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